Werft eure Zuversicht nicht weg. Benno Elbs
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Название: Werft eure Zuversicht nicht weg

Автор: Benno Elbs

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783702238889

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СКАЧАТЬ entdeckt, sich sinnvoll und schöpferisch zu betätigen, selbst wenn es nur der kleine Garten war, den er auf seinem Balkon zusammen mit seiner Frau angelegt hat – das Gemüse, die Blumen, die Aussicht auf eine Ernte im Sommer.

      Hätte ich diesem vielseitig engagierten jungen Menschen noch vor einem Jahr vorgeschlagen, „lege doch auf dem Balkon einen Garten für dich an“, er hätte mich wahrscheinlich nur belächelt. Die veränderte Lebenssituation hat ihm eine ganz neue Sinnmöglichkeit aufgetan. Sie berührt die tiefsten Schichten des Menschseins, nämlich des Säens, des Schaffens, eben der schöpferischen Werte. Das bestätigt mir auch ein erfolgreicher Politiker. Seine Augen leuchten, wenn er von seinem Weinberg erzählt. Wer einen Garten anlegt, beteiligt sich am großen Schöpfungswerk Gottes. Mit einem Garten schafft man sich einen Ort des Wohlfühlens und auch der Sehnsucht. Gott hat den Menschen nicht in eine fremde Welt hineingesetzt, sondern in einen geschützten Raum. Wie wir auf den ersten Seiten der Heiligen Schrift lesen, war das erste Zuhause des Menschen ein Garten, also ein Ort, wo man Schutz und Geborgenheit genießen konnte, wo die Beziehung zur Natur harmonisch war und der Mensch in unmittelbarer Nähe zu Gott lebte. Jemand, der den Garten liebt, spürt vielleicht bewusst oder unbewusst diese Sehnsucht nach einer harmonischen Einheit mit Gott und der Umwelt.

      Die Heilige Schrift kennt einen anderen Aspekt des Gartens: Er ist auch der Ort der Liebe und des Lebens. Das Hohelied besingt den Garten als den Ort, an dem man das Leben feiert, wo man einfach Freude daran hat, dass es Leben auf dieser Erde gibt. Dieser Garten ist exotisch, wohlduftend, da wachsen seltene und kostbare Pflanzen, Kräuter und Früchte, die zur Erhaltung des Lebens und zur Heilung von Krankheiten unentbehrlich sind: „Ein Granatapfelhain mit köstlichen Früchten, Hennadolden samt Nardenblüten, Narde, Krokus, Gewürzrohr und Zimt, alle Weihrauchbäume, Myrrhe und Aloe, allerbester Balsam“ (Hld 4,13f) – all das kann man dort finden.

      Die Bibel nennt noch eine dritte Dimension des Gartens. Vor seinem Leiden ging Jesus in den Garten Getsemani auf den Ölberg, um dort zu beten und Kraft zu schöpfen. Der Garten ist auch ein Ort der Stille und des Gebetes. Die Seele in Bedrängnis findet dort ihre Ruhe, verwirrte Gedanken werden klar, Fragen bekommen eine Antwort. Die heilende Kraft des Gartens wird vielfach genützt. Aufenthalte in Klöstern wie Exerzitien sind oft verbunden mit Gartenarbeit. Die Therapie bei Erschöpfung und Burnout integriert auch oft Aktivitäten im Garten oder den Gang in die Natur.

      Der Garten ist ein wunderbares Bild für die Fülle des Lebens. Und ich glaube: Wer sich um einen Garten sorgt, liebt das Leben. Jede auch noch so kleine Pflanze braucht Zuwendung, Aufmerksamkeit, Pflege – und man könnte sagen: Liebe. Im Garten kann man viel für das eigene Leben lernen: das Warten auf das Wunder, bis der Keimling kommt; zartes und feinfühliges Umgehen mit den Setzlingen; Geduld, bis die Pflanze blüht und dann Früchte trägt; Pflege und Schutz, wenn Schädlinge oder Krankheiten die Pflanze bedrohen. Nicht zuletzt deshalb ist die Natur und das Betrachten von Wachstum und Blühen etwas, das uns im Tiefsten berührt. Wir sind berufen, um es theologisch zu sagen, an der Schöpfung mitzutun. Schöpferische Werte – künstlerisches Schaffen, kreative Umsetzung von Ideen – sind zentrale Wege zum Sinn und zur Zuversicht.

      Erlebnisse bereichern

      Wenn ich aus dem Fenster blicke, sehe ich in meiner Nachbarschaft oft spielende Kinder. Wenn wir das Leben von Kindern betrachten und uns die Frage stellen, was sie denn wirklich zum Leben brauchen, so sind es im Grunde ganz wenige Dinge, auf die es ankommt. Neben den natürlichen körperlichen Bedürfnissen wie Ernährung und Kleidung ist es vor allem die Zuwendung. Sie ist wohl das wichtigste „Lebensmittel“ für Kinder. Und es sind die Erlebnisse – das gemeinsame Spielen, das neugierige Entdecken von verschiedenen Räumen und Situationen: Wie leben Tiere? Wie funktioniert diese Maschine? Wenn man Kinder fragt, was sie gerade freut, dann sind es solche Erlebnisse, von denen sie erzählen. Und das ändert sich nicht bis ins hohe Alter. Viktor Frankl spricht deshalb von den Erlebniswerten, die so wichtig sind für den Grundwasserspiegel der Zuversicht in unserer Seele. Was er damit meint, kann das folgende Beispiel erläutern.

      Wenn wir Krisen erleben, die uns von anderen Menschen und auch von vielen gewohnten Erfahrungen trennen, dann spüren wir mit der Zeit eine bestimmte Leere. Es scheint so zu sein, als ob die Seele, unser Innerstes an Farbe verliert. Die Farbtöne werden weniger intensiv und verblassen. Ein Mann erzählte mir davon, dass er das auch bei seiner Partnerin erlebt hat. Als sie während der Pandemie in Quarantäne waren, fehlte ihnen rein äußerlich während dieser Zeit nichts. Doch er bemerkte, dass seine Frau immer unruhiger wurde, weniger Humor hatte, weniger redete. Und er sagte sich, da muss ich etwas tun. Er machte den Vorschlag, einen kleinen Ausflug zu einem Ort zu machen, den sie oft gemeinsam besuchen, einer zauberhaften Kapelle, einem Kraftort und einem Juwel der Architektur. Es war das schlichte Erlebnis eines Ausflugs, eines Spaziergangs in der Natur, eines gemeinsamen Gebetes in der Kapelle, das Freude und Farbe in ihr Leben zurückgebracht hat.

      Dieses unspektakuläre Beispiel zeigt, dass Erlebnisse, auch wenn sie noch so klein und unscheinbar sind, Zuversicht und Freude zu schenken vermögen. Erlebniswerte sind für Viktor Frankl ein Königsweg zu einem sinnvollen Leben. Wenn wir darauf achten, dass es jeden Tag ein kleines Erlebnis gibt – ein Spaziergang in der Natur, eine gemeinsame Unternehmung, ein Spiel –, dann können wir auch in dürren und mühsamen Zeiten vom Grundwasser der Freude und der Zufriedenheit frische Kraft schöpfen.

      Wähle deine Einstellung

      Jede Situation in unserem Leben, ob sie angenehm und erfreulich ist, ob sie herausfordert oder Sorge bereitet, fordert uns dazu auf, Stellung zu beziehen. Wir können darüber klagen und jammern, uns selbst bemitleiden oder sie als eine Herausforderung und Aufgabe betrachten, der wir uns stellen möchten. Die innere Bewertung einer Situation ist grundlegend.

      Viele Gespräche in den Monaten der Corona-Krise haben mir gezeigt, dass besonders ältere Menschen unter der verordneten Einsamkeit litten und sich der Situation hilflos ausgeliefert fühlten. Etwa die bange Frage, ob die 24-Stunden-Betreuerin nach dem nächsten Schichtwechsel wohl wiederkommen werde. Oder ob ich wieder einmal unbeschwert einkaufen gehen kann. Oder wann ich meine Urenkel wieder umarmen darf.

      Auch für junge Menschen war es oft eine sehr belastende Zeit: schwelende Konflikte mit den Eltern, Streitereien, sogar Gewalt in der Familie, die Unmöglichkeit, Freunde zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen oder Sport zu treiben, wenn es daheim eng wurde. Bei der Suche nach einer Lehrstelle war nichts mehr möglich. Betroffen gemacht hat mich auch eine Begegnung mit einem Studenten. Das „Distance-learning“ machte ihm zu schaffen. Die Kolleginnen und Kollegen fehlten ihm so sehr, dass er seine Freude am Studium zu verlieren drohte und sich der Gedanke meldete: „Ich höre auf“.

      Eine ebenso simple wie kreative Lösung hat eine „Risikopatientin“ für sich entdeckt. Sie hatte schwerwiegende Vorerkrankungen und war durch die exzessive Medienberichterstattung sehr beunruhigt. Sie fand keinen Schlaf mehr und konnte sich kaum mehr schönen und leichten Gedanken zuwenden, bis sie schließlich eine Entscheidung für sich fällte: Sie hat entschieden, sich ganz bewusst dem Alltag zuzuwenden. „Der Alltag ist das, was mir Halt und Sinn gibt“, die Zuwendung zum Heute, zu den kleinen alltäglichen Verrichtungen, zum nächsten unscheinbaren Handgriff. Die Routine des Alltags – mit dem Frühstück, diesen und jenen Aufgaben, dem kleinen Garten, Telefonaten mit lieben Menschen, dem Lesen von Zeitschriften, dem Schreiben eines Briefes –, das hat wieder Freude und Zuversicht in ihr Leben gebracht.

      Diese Erfahrung begegnet mir in der Seelsorge häufig: Menschen stehen vor einem großen Problem, einer schwierigen Entscheidung oder einer wichtigen Lebensfrage. Da möchte man alles in den Blick nehmen, um ja nichts zu übersehen. Diese Haltung führt oft zu einer Überforderung und zu einer inneren Unbeweglichkeit, ja Blockade: Werde ich es schaffen? Habe ich die Kraft? Hier hilft der Blick auf das Jetzt. Wichtig ist die Entscheidung СКАЧАТЬ