Geschichten aus Nian. Paul M. Belt
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Название: Geschichten aus Nian

Автор: Paul M. Belt

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Nian Zyklus

isbn: 9783947086641

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      „Dann geh und sprich Ama an, bevor sie mit Kela und Lera auf das Plateau geht. Es sind praktisch noch alle da. Sie hat gerade die Prophezeiung verlesen.“

      „Na, das trifft sich ja prächtig“, knurrte Han, der die alten Worte aus dem Buch bereits am frühen Abend vernommen hatte. „Ungefähr um etwas Derartiges dürfte es sich handeln.“

      Während die kleine Gruppe zum Lager zurückkehrte, war Ama bereits dabei, sich mit ihren beiden Begleiterinnen auf den Weg zum Quellplateau zu machen. Sie wurde jedoch am Rande des Lagers von Sus aufgehalten. „Verehrte Schwester“, sagte diese, während sie ihre Freundin mit ihrem nachdenklichen Blick aus dunklen Augen ansah. „Etwas geschieht gerade. Ich spürte ein Beben des Lichtes wie das Flackern des Mondes, wenn eine Wolke vorbeizieht.“

      Ama umarmte Sus. Sie kannte sie lange genug, um das innere Schaudern ihrer engsten Vertrauten auch ohne äußere Anzeichen wahrzunehmen. „Ich habe es auch gespürt“, wisperte sie ihr ins Ohr. „Deshalb gehen wir drei ja gerade, um nach Klärung zu suchen.“

      „Die Klärung kommt dieses Mal von dort“, sagte Sus in geheimnisvollem Ton und zeigte auf die Gruppe mit den Fackeln, die soeben beim Feuer eingetroffen war und sich nun suchend umschaute.

      Sofort kehrte Ama zum Lager zurück. Kaum wurde sie von Han erspäht, unterbrach dieser die Stille der Nacht mit seiner halblauten Stimme: „Erste, wir bringen Kunde, die unser Leben und das vieler Menschen in Nian nachhaltig verändern könnte. Ich erbitte daher die Möglichkeit, unmittelbar zur gesamten Gemeinschaft zu sprechen.“

      Ama spürte ein Prickeln ihre Wirbelsäule emporklettern. Nicht nur Sus’ eindringliche Worte hatten sie aufmerken lassen – wenn nun auch Han, ein sehr ruhiger und besonnener Mann, auf diese förmliche Weise und in so dramatischem Ton zu ihr sprach, musste die Angelegenheit wirklich sehr ernst sein. Sie begab sich neben das Feuer, hob die Hände und rief: „Das Wort hat nun noch einmal Han. Bitte lauscht und spürt inwendig, wie es geschehen wird.“

      Fast schlagartig wurde es ruhig um das Feuer. Jegliches Gespräch verstummte, nur noch das Knacken der brennenden Scheite war zu vernehmen, als Han vortrat und zu sprechen anhob.

      „Verehrte Geschwister, liebe Gemeinschaft des Waldes. Wir kommen soeben von unserem Tauschbesuch beim Bauern. Dieses Mal bringen wir aber nicht nur Käse mit. Als wir dort eintrafen, war bereits Besuch dort. Wir wissen ja seit einiger Zeit, dass hier in der Nähe Menschen leben, die sich rasend schnell über Kräuterwiesen hinwegbewegen können. Einige von uns sind diesen sogenannten Federern bereits begegnet. Einer von ihnen namens Pal Gernok befand sich vorhin gerade im Haus des Bauern und machte den Eindruck, uns erwartet zu haben. Als wir gingen, verließ er ebenfalls das Haus und nahm uns ein paar Mittelmaße weiter beiseite, um uns einige wirklich bedeutende Dinge mitzuteilen.“ Gebannt lauschten alle Anwesenden, als er weitersprach. „Zuallererst soll ich uns allen, besonders aber unserer Ersten“, er nickte Ama zu, „im Namen seines Ersten herzliche Grüße ausrichten. Vor wenigen Tagen wurde im Mittelland nämlich der Klan der Federer neu gegründet. Ein Junge namens Kai hat dessen Führung inne.“

      In Amas Gesicht erschien ihr schönstes und breitestes Lächeln. „Es ist also wahr!“, rief sie halblaut. „Unser Freund und Vertrauter hat seine Bestimmung gefunden!“

      „Das ist aber leider nicht alles“, setzte Han fort und seine bisher entspannte Miene verdüsterte sich. „Gestern hat besagter Pal ein Teleskript seines Klans mit dem Auftrag erhalten, der Gemeinschaft der Kräutermütter und -väter nahe dem Elvon – damit können nur wir gemeint sein – zwei Botschaften auszurichten. Die eine ist recht angenehmer Natur: Offenbar gibt es weitere Geschwister im Land, die unsere Anwesenheit hier erspürt haben und zu uns aufgebrochen sind, um uns und auch ihre Erste hier zu treffen. Die andere jedoch hat es in sich: Anscheinend gibt es einen sich rasch im Lande ausbreitenden Streit zwischen verschiedenen Reiterklans, der nun offenbar nicht mehr nur mit Worten ausgefochten wird, sondern auch mit Taten. Eine zentrale Figur dabei soll der neue Erste des Klans der Lindenreiter sein. Laut einer Warnung, die der Erste Federer persönlich von einem Merkantusbaum erhalten hat, sei dieser neue Erste daran interessiert, tiefe Gräben durch die Gemeinschaft der Reiter zu ziehen und Unfrieden zu stiften, wo immer er nur könne. Zugleich schare er Getreue um sich und bereite sich auf einen Kampf vor. Wörtlich habe der Merkantus gesagt, den Reitern stehe eine dunkle Zeit bevor, und allen Menschen, die nicht auf das Licht in sich achten würden, drohe Gefahr.“

      Ein Raunen ging durch die versammelten Brukas. Hatten sie nicht gerade aus dem Munde ihrer Ersten einige Worte aus einem uralten Buch vernommen, die dem gerade Gehörten auf verblüffende Weise ähnelten?

      „Das ist aber immer noch nicht alles. Der Erste Federer lässt uns ausrichten, er vermute konkret, dass eine Art Herrschaftsübernahme durch den Ersten der Lindenreiter geplant sein könne, der sich übrigens seit kurzem ‚Ältester‘ nennen ließe. Und als Letztes teilt er uns noch den Namen desjenigen mit: Sid Lucius Albo. Kann irgendjemand von uns etwas damit anfangen?“

      Ama wiederholte den Namen gedankenverloren vor sich hinmurmelnd. Es war nicht unüblich, dass ein hochgestellter Amtsträger sich einen zweiten, klangvollen Vornamen gab. Lucius, das bedeutete „der Strahlende“ oder auch „Mensch des Lichts“. Auch die Bezeichnung „Ältester“ war nicht ungewöhnlich, um die besondere Stellung des Ersten des Klans der Lindenreiter zu betonen.

      Han führte nun seine Rede zu Ende. „Auch wenn dies alles keine direkte Bedrohung für uns zu bedeuten scheint, so dürfte es uns mittelbar betreffen, wenn bei den Reitern eine Art Bruderfehde vom Zaun gebrochen wird. – Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit, verehrte Geschwister.“

      Ama trat nun wieder vor und sagte laut: „Ich danke Han für diese eindringlichen Worte. Es ist wahr, Dinge geschehen derzeit in Nian, deren Auswirkungen wir noch nicht abzusehen vermögen. Falls jemandem in dieser Runde noch etwas zu diesem Thema einfallen sollte, bitte ich darum, es uns – oder gern auch mir allein – mitzuteilen. Ich möchte nun diese Runde schließen und die Gelegenheit nutzen, auch die soeben erhaltenen Neuigkeiten zusammen mit Kela und Lera oben an der Quelle mit in die Verbindung einzubringen. Habt herzlichen Dank für eure Zeit.“

      Damit war die Versammlung abermals beendet. Nachdenklich begaben sich Ama, Lera und Kela erneut auf den Weg zum Hügelplateau. Sie alle konnten sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nun Dinge von großer Tragweite dabei waren, ihren Lauf zu nehmen.

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      Reise ins Ungewisse

      „Hallo, da seid ihr ja wirklich!“ Mit einem strahlenden Lächeln öffnete Herk die Tür seiner Wohnung, durch die zwei ebenso fröhlich grinsende andere Federer eintraten.

      „Also, ich muss sagen, leicht gemacht hast du es uns nicht gerade, dich zu finden“, feixte Lutz gespielt vorwurfsvoll. „Einen so klangvollen Straßennamen wie ‚Neuer Weg‘, den es in Medriana ja auch nur lächerliche drei Male gibt – da braucht man ja gar nicht lange zu suchen.“

      „Schon klar, tut mir leid, ich vergesse immer, den nördlichen Bezirk anzugeben“, erwiderte Herk augenzwinkernd. „Und, Malu, bist du bei der Suche schon verhungert?“

      „Jetzt, wo du es erwähnst …“, sagte das Mädchen, schnupperte in die Luft und leckte sich über die Lippen, „… sind das etwa deine Kohlschnetzel mit Kümmel auf Nudeln mit Käse-Sahnesauce?“

      „Hab ich es doch geahnt, dass du wie immer einen Bärenhunger mitbringst! Klar, ich weiß doch, wie gern du dieses Gericht magst! – Also, dann legt mal eure Sachen ab und lasst uns erstmal СКАЧАТЬ