Название: Kinderjahre Kaiser Karls
Автор: Gabriele Praschl-Bichler
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783902862990
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In diesem Sinn ging es in den folgenden Tagen weiter. Erzherzog Carl Ludwig und der Arzt pendelten täglich zwischen Schloss Artstetten und Schloss Persenbeug, bis Mitte August die Geburt des Enkels näher rückte und alle nach Schloss Persenbeug übersiedelten. Eine bevorstehende Geburt stellte ein kritisches Ereignis dar, da im 19. Jahrhundert die Mütter- und die Säuglingssterblichkeit noch sehr hoch waren. An den Ahnentafeln kann man ablesen, wie viele Mütter und Säuglinge damals bei oder kurz nach der Geburt starben.
15.8.1887: »(Ich ging von meinem Zimmer in Schloss Persenbeug) zu Otto; saß bei ihm, als er sich den Körper wusch … Mitzi hatte plötzlich Wehen. Ich blieb mit Otto in MThs Salon; er war früher bei Mitzi. MTh, Otto u. ich waren dann bei Mitzi in ihrem Schlafzimmer, Otto spielte etwas Zither währenddem, dann gingen wir in den Garten … Mitzi saß meistens, Otto spielte viel mit den Hunden. Als es zu dunkeln begann, gingen wir wieder ins Schloß hinauf. Vor dem Segen (in der Kirche), der nach 8 Uhr war, sprach noch Braun (ein anderer Arzt, der die Schwangere betreute) mit Mitzi, u. gab ihr Rathschläge wegen der Nacht.«
16.8.1887 »Ich las Acten in meinem Zimmer, ich dann in das Schlafzimmer von Mitzi, wo auch MTh saß u. las. Mitzi hatte einen französischen Roman … aus der Bibliothek der Großmama heute zu lesen begonnen; ich setzte da fort, wo sie zu lesen aufhörte u. las ihr einige Zeit vor. Nach 8 Uhr soupirten wir noch zusammen, bald darauf Mitzi sich gelegt … zeitig zu Bett, ich auch, noch etwas gelesen. Mitzi hatte auch Abends Wehen, sie ist bewunderungswürdig geduldig. Ich wachte ein paar Male in der Nacht auf aufgrund der Erwartung … Nach ¾ 6 Uhr stand ich auf, zog mich an, wusch mich; Otto machte das auch, (ich) schlief dann weiter … Ich sprach mit Hofrath Braun zu wiederholten Malen, war bei MTh unten, sah sie vor dem Zimmer der Mitzi, schrieb dem Kaiser zum Geburtstag (für den 18. August), frühstückte vorher, sah den Verwalter, auch meinen Kutscher … Mitzi hat ruhig geschlafen; die Wehen haben etwas ausgesetzt, sie badete heute früh …«
Am 17.8.1887 setzten die Wehen morgens wieder ein. »Ich sah Otto, der … frühstückte, sprach mit ihm, dann wieder zu Mitzi … In dem Schreibzimmer des Kaisers Franz (seines Großvaters und Vorbesitzers von Schloss Persenbeug) las ich Acten u. im Buch Der Character. Nach ¾ 10 Uhr kam MTh hereingestürzt aus Mitzis Schlafzimmer. Es ist ein Bub! Sie selbst sehr emotionirt (gerührt), mit Thränen in den Augen. Ich war auch so sehr bewegt u. ging mit ihr gleich hinein zu Mitzi, es war dort schon Otto. Mitzi konnte ich nicht umarmen, weil Braun noch mit ihr beschäftigt war; Mitzi war sehr geröthet u. aufgedunsen von der Anstrengung. Es war eine schwere Geburt, zuletzt mit der Zange mußte das Kind genommen werden. Der Kopf vom kleinen Carl gab nicht nach, u. die Nabelschnur war auch schon um den Hals, so daß er fast erstickte … Mitzi war, wie ich dann hörte, so standhaft, kein Wehklagen, kein Seufzen u. kein Schrei, u. sie hat sehr viel gelitten. MTh soll ihr aber auch, wie Braun sagte, so gut beigestanden haben mit so viel Ausdauer u. Kraft. Die liebe Gute! Ich sah den so netten theuren Enkel an – ein hübsches kräftiges Kind! Nach einiger Zeit ging ich weg mit Otto, der auch sehr ergriffen war … Bei Regen vor dem Segen nach 8 Uhr fuhr ich mit Otto … durch den Ort bis zum Gasthaus J. … um die Beleuchtung anzusehen, die zur Niederkunft u. Geburt des Kleinen … war.« Einen Tag später: »Ich sah den Kleinen das erste Mal bei der Amme trinken …« Dass man für Carl eine Amme genommen hatte, war damals in oberen Gesellschaftsschichten üblich. Es gab aber auch Frauen wie Erzherzogin Sophie, die Mutter des Kaisers und Erzherzog Carl Ludwigs, die sich dieser Regel widersetzten und ihre Babys selbst stillten. Ungewöhnlich ist die Bemerkung allerdings aus einem anderen Grund. Erzherzog Carl Ludwig scheint zugesehen zu haben, als die Amme den einen Tag alten Enkel stillte. In einer Zeit, als Männer und Frauen ihren Alltag völlig nach Geschlechtern getrennt lebten, ist es verwunderlich, dass ein Mann das durfte.
Am 19.8.1887, zwei Tage nach der Geburt des kleinen Carl, wurde die Mutter gefeiert. Es gehörte zu den Bräuchen der Zeit, dass man sich bei der Frau bedankte, die einem Kind das Leben geschenkt hatte und damit den Fortbestand der Familie sicherte. »Otto frühstückte bei mir oben, übergab der Mitzi einen Taufschmuck; zwey Perlenbraceletts mit Miniaturportraits meines Großvaters des Kaiser’s Franz u. des Erzherzog’s Carl, seines Bruders … MTh gab ihr einen sehr schönen Ring mit einem Rubin u. einem Diamant … Von Ludwig (seinem Bruder Erzherzog Ludwig Victor) erhielt Mitzi eine sehr schöne Diamanten broche (Brosche) …«
Am selben Vormittag trafen in Schloss Persenbeug Verwandte und Hofleute aus Wien ein, denn auch das Baby wurde an diesem Tag gefeiert und in die katholische Gemeinde aufgenommen. »Nach ¾ 12 Uhr waren wir alle zur Taufe versammelt; diese war im großen Saal. Bischof Binder von St. Pölten taufte. Ich, der Taufpathe, war rechts vom Altar, vor einem Bethschemel, MTh links von demselben, hinter mir die Kinder u. Ludwig, hinter MTh die Damen; die Herren, Gf Pejacevich war auch gekommen, rückwärts, auch die Dienerschaft. Der Kleine bekam die Namen Carl Franz Joseph Hubert Otto Ludwig Georg Maria. Er schrie, als das Taufwasser, Jordanwasser9, das ich mitbrachte …« über seinen Kopf gegossen wurde.
Nach der Taufe übersiedelte Erzherzog Carl Ludwig mit vier Kindern – Ferdinand10 (19 Jahre), Margarethe (17 Jahre), Miana (11 Jahre) und Elisabeth (9 Jahre) –, die mit Gefolgsleuten aus Wien angereist waren, in das nahe gelegene Schloss Artstetten. Seine Ehefrau blieb bei der Wöchnerin. Nur einen Tag später erreichte Carl Ludwig eine beunruhigende Nachricht. Marie Theresia »schrieb mir, daß Mitzi unwohl sei, wohl Kindbettfieber … sie wünschte, daß ich heute nach Persenbeug käme …« Der Zustand der jungen Mutter hatte sich plötzlich derart verschlechtert, dass man sogar die Familie Marie Josephas benachrichtigte. Kindbettfieber war sehr häufig und damals wie jede Infektionskrankheit lebensgefährlich, da es noch keine Heilmittel dagegen gab. Penicillin wurde erst vier Jahrzehnte später entdeckt.
Erzherzog Carl Ludwig war so bestürzt, dass er mit seinen Kindern gleich wieder von Artstetten nach Persenbeug zog. »Im Verlauf der heutigen Nacht haben sich bei MJosepha mehrere … Fraisen-Anfälle (wohl Schüttelfrost) eingestellt. Das übrige Befinden ist nicht unbefriedigend …« Die Krankheit nahm aber bald einen günstigen Verlauf und Erzherzog Carl Ludwig übersiedelte mit den vier Kindern wieder zurück nach Artstetten. Nur seine Ehefrau Marie Theresia blieb weiterhin bei der Wöchnerin. Der Zustand Marie Josephas blieb ab nun stabil. Somit konnte man sich ab Anfang September auf eine andere Persönlichkeit, das Baby Carl, konzentrieren. Erzherzog Carl Ludwig besuchte es häufig, auf Anraten der Ärzte aber nicht allzu oft, da man damals annahm, dass Besuche Kranke und Neugeborene aufregen und gesundheitlich gefährden konnten. Am 7.9.1887 »… fuhr ich mit Ferdinand nach Persenbeug. Dort sah ich MTh, Mitzi auch einige Zeit, war beim Kleinen; er übergibt sich noch immer einige Male, wenn es ihm auch im ganzen besser geht, u. er an Gewicht zunimmt …«
Zwei Tage später, der Zustand von Mutter und Baby war nun bei beiden stabil, reiste Erzherzog Carl Ludwig mit seinen vier jüngsten Kindern nach Wien. Die Mädchen erhielten – nach dem Familienfest – wieder Schulunterricht. Sohn Ferdinand fuhr mit seinem Vater zu den Kaiser-Manövern, die jedes Jahr in einer anderen Region der Donaumonarchie stattfanden. 1887 waren sie in Ungarn und dauerten von 10. bis zum 19. September. Einen Tag nach Beendigung der Manöver findet man Erzherzog Carl Ludwig wieder in Persenbeug. »MTh, Mitzi und den kleinen Carl gesehen, alle, Gott sei Dank, sehr wohl … Mitzi sieht vortrefflich aus, hat sehr guten Appetit, war schon im Garten … der Kleine hat sehr an Gewicht zugenommen, ich fand ihn auffallend stärker geworden seit meiner Abwesenheit … Wir speisten zusammen mit MTh, Mitzi noch auf ihrer chaise-longue im großen СКАЧАТЬ