Название: Mami Staffel 10 – Familienroman
Автор: Lisa Simon
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Mami Staffel
isbn: 9783740951436
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Marion war zu schwach, um zu widersprechen. Sie umarmten sich und dann gingen sie schlafen. Wobei an Schlaf allerdings kaum zu denken war. Marion war von Angst besessen, Kristin gepackt von ihrem Entsetzen über das Gehörte.
*
Frau Schneider reagierte genauso, wie Kristin erwartet hatte. Sie war angesichts der Tragödie, die Johannes’ Mutter durchmachen mußte, natürlich entsetzt, aber sie freute sich sehr, daß sie sich um den Kleinen kümmern sollte.
Tatkräftig begann sie, das Büro umzugestalten, während Kristin Johannes bewachte, der durch die Regalreihen lief und immer wieder versuchte, Bücher herauszuziehen. Daß sie es ihm verbot, stachelte seinen Ehrgeiz nur an. Kristin war allerdings auch nicht streng genug, was er natürlich merkte.
Sie war noch immer bei Marion, die sie heute morgen in die Klinik gebracht hatte. Marion hatte eine Zusatzversicherung, so daß sie ein Einzelzimmer beziehen konnte. Es war hell und freundlich, auch die Schwestern schienen nett zu sein. Aber Krankenhaus war Krankenhaus, und um eine simple Blinddarmentzündung handelte es sich leider auch nicht.
»Ich komme heute abend wieder und bringe Johannes mit«, hatte sie Marion zum Abschied versprochen. »Wenn du etwas brauchst, ruf an.«
Es war so schrecklich. Auch daß Marion sich von Frederik getrennt hatte, war nicht weniger schlimm. Die beiden hatten doch an die große Liebe geglaubt! Sollte die das nicht aushalten? Andererseits wußte Kristin, daß sie genauso reagiert hätte. Die Angst, daß der Liebste sich verpflichtet fühlte, bei ihr zu bleiben, lag nach so kurzer Zeit eben doch nahe. Und dann würde er es nicht durchhalten, das war klar. Was nichts anderes hieße, daß er dann zu einem späteren Zeitpunkt gehen würde, wo man es vielleicht noch viel schwerer ertrug.
Weil Kristin das nachvollziehen konnte, versuchte sie auch nicht, Frederik anzurufen und ihm zu erzählen, warum Marion ihn weggeschickt hatte. Er mußte ja ganz schön durcheinander und irritiert sein, daß er hatte gehen müssen, nachdem er so schön auf Johannes aufgepaßt hatte… Aber es ging sie nichts an. Sie durfte Marion nicht in den Rücken fallen.
»So, Frau de Bruhs, ich bin dann soweit. Es ist zwar alles ein bißchen eng, aber so wird es Johannes gefallen. Ich nehme ihn jetzt.«
»Danke, Frau Schneider. Falls Sie ein bißchen mehr Geld haben möchten…«
»Ich bitte Sie! Es ist mir doch ein Vergnügen…«
Dann war das also auch geklärt. Kristin konnte sich wieder um die Kunden kümmern.
Der erste Kunde, der erschien, war Dr. Bachner. Kristin wußte, daß sie heute nicht gerade vorteilhaft aussah. Die Nacht ohne ausreichenden Schlaf und die traurige Pflicht, Marion ins Krankenhaus zu bringen, waren an ihr nicht spurlos vorübergegangen.
Aber bitte, es spielte eigentlich keine Rolle. Zum Flirten war ihr sowieso nicht zumute.
»Guten Morgen, Frau de Bruhs. Ich habe die Liste mitgebracht. Vielleicht können Sie Ihr Glück versuchen…«
Es kamen noch zwei Kunden herein, die sich suchend umschauten. Kristin würde keine Zeit haben, sich mit Dr. Bachner zu unterhalten. Dabei hätte es sicher Gelegenheit gegeben, mit ihm die Titel einzeln durchzugehen. Außerdem wäre sie gespannt gewesen, warum er welches Buch bestellte…
»Ich bin heute allein hier im Verkauf, leider…«
»Oh, ich sehe schon. Natürlich. Ich nehme an, daß Sie mit der Liste zurechtkommen? Sonst rufen Sie mich vielleicht an?«
»Ja, sicher, das mache ich gern. Sagen Sie mir Ihre Nummer?«
»Die steht auf der Liste.«
Er zog sie aus der Tasche, legte sie auf den Thresen und wandte sich zum Gehen.
»Ich melde mich auf jeden Fall, ob ich die Bücher alle bekomme«, rief sie ihm hinterher.
»Danke, das wäre nett.«
Und schon war er hinaus. Kristin fühlte sich, als hätte sie einen Verlust erlitten.
Sie hatte nicht einmal Zeit, die Liste anzuschauen. Der erste Kunde wollte ein Geschichtsbuch und mäkelte an den Preisen herum. Der zweite tat sich furchtbar wichtig mit seinen Computerkenntnissen, die er durch ein entsprechendes Fachbuch zu ergänzen suchte. Er kam Kristin gerade richtig. Schließlich hatte sie sich seine Angeberei lange genug angehört, zumal von hinten aus dem Büro Johannes’ Geschrei erklang.
»Tut mir leid, ich kann Ihnen offenbar nicht helfen. Entweder Sie schauen selbst oder versuchen es woanders.«
»Ich dachte, Sie sind eine Fachverkäuferin!«
»Ich bin die Inhaberin der Buchhandlung und habe Literatur studiert, nicht aber Informatik. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden.«
Er musterte sie so unverschämt, daß sie ihm am liebsten noch einen Schubs gegeben hätte. Manche Männer waren eine Heimsuchung. Und für Dr. Bachner hatte sie keine Zeit gehabt…
Johannes wollte unbedingt an ihrem Computer spielen, wie Frau Schneider ihr erklärte. Deshalb schrie er jetzt und warf sein Spielzeug, das Frau Schneider ihm immer wieder anbot, durch die Gegend. Schließlich verließ Kristin auch hier die Geduld. Wenn sie das vierzehn Tage ertragen sollte, mußte er begreifen, daß es so nicht ging!
»Hör mal zu, Johannes. Du wirst jetzt brav mit deinen Sachen spielen. Sonst ist Schluß, dann mußt du hier weg!«
Ihr Ton ließ keine Zweifel aufkommen, daß sie genau das meinte, was sie sagte. Zwar wußte Kristin nicht, wohin sie ihn bringen sollte, aber das wußte ja Johannes nicht.
Das Wunder geschah. Er sah sie groß an, in seinem Blick lag der ganze Weltschmerz einer gequälten Kinderseele, aber dann stellte er sein Schreien ein und ließ sich seine großen Legosteine in die Hand geben. Kristin drehte er den Rücken zu, aber Frau Schneider bekam ein Lächeln.
»Das hat aber gewirkt. Ich wußte gar nicht, daß Sie so gut mit Kindern umgehen können und wissen, wie man sie bändigt.«
»Das wußte ich auch nicht. So schnell lernt man«, erwiderte Kristin noch immer ein wenig verblüfft.
Am Abend fuhr sie mit einem müden Johannes ins Krankenhaus. Als er seine Mutter sah, strahlte er und streckte die Arme aus. Sie zog ihn an sich, und schaute über seinen Kopf hinweg Kristin an.
»Ich werde morgen schon operiert.«
»Gott sei Dank. Das ist doch besser, als noch ewig zu warten.«
»Es dauert aber eine Weile, bis sie ein genaues Ergebnis haben. Nur ob es bösartig ist oder nicht, können sie mir dann schon sagen.«
»Das ist doch, was du wissen mußt.«
»Ich mußte unterschreiben, daß ich auch mit einer Amputation einverstanden wäre…«
»Das ist doch nur Routine, Marion. Mach dich nicht verrückt. Ich habe ein bißchen nachgelesen. Paß auf, morgen abend lächelst du schon wieder.«
Sie glaubte selbst nicht so recht daran, und deshalb konnte sie auch Marion nicht überzeugen. Es blieb nichts СКАЧАТЬ