Chefarzt Dr. Norden Box 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Box 5 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 2

Название: Chefarzt Dr. Norden Box 5 – Arztroman

Автор: Patricia Vandenberg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Chefarzt Dr. Norden Box

isbn: 9783740970574

isbn:

СКАЧАТЬ

      Gerda Schramm reichte ihrer Patientin eine kühle Hand mit rauer Haut.

      Wie Baumrinde, wusste Fee, noch bevor sie sie nahm und drückte. Wenn sie sich doch auch an den Rest ihres Lebens so gut erinnern könnte!

      »Sie erinnern sich an mich! Das ist ein gutes Zeichen.«

      »Ich erinnere mich an alles nach dem Unfall. Aber was ist mit dem Davor?«

      Die Psychologin setzte sich und schlug ein Bein über das andere. Felicitas befürchtete, die Beine könnten bei dieser waghalsigen Bewegung abbrechen.

      »Dazu kann ich leider keine verlässlichen Angaben machen«, erwiderte sie. Ihr Fuß wippte wie ein Ast im Wind. »Es ist denkbar, dass der Zeitraum, an den Sie sich nicht erinnern, mit der Zeit kleiner wird. Es kann sein, dass auf der weißen Landkarte des Vergessens plötzlich farbige Flecken auftauchen. Wie entdecktes Land.« Der Vergleich schien ihr zu gefallen. Gerda Schramm lächelte. »Es wäre auch denkbar, dass Ihnen alles auf einen Schlag wieder einfällt. Oder auch nicht.« Sie zuckte mit den Schultern. »Das ist das Problem an der Sache: Ich kann es Ihnen nicht sagen.«

      Diese Worte stürzten Felicitas Norden in tiefe Verzweiflung. Als ihr Daniel von der Psychologin erzählt hatte, hatte sie so große Hoffnungen gehabt. Und nun?

      »Ich dachte, es gäbe Möglichkeiten, Erinnerungen wiederzufinden.«

      »Das gilt leider nur dann, wenn ein Mensch seine Erinnerung durch ein traumatisierendes Erlebnis verloren hat. Nicht aber bei einem körperlichen Auslöser.«

      Fee saß da wie ein Mädchen, das den Weg nach Hause nicht mehr fand.

      »Und was soll ich jetzt tun?«

      Die Psychologin setzte sich kerzengerade auf und nahm ihre Patientin ins Visier.

      »Trainieren Sie ihr Gedächtnis. Gebrauchen Sie Ihren Kopf. Spielen Sie Computerspiele. Lösen Sie Sudoku-Rätsel. Und vor allen Dingen: Arbeiten Sie so schnell wie möglich wieder.« Sie erhob sich. Mehr gab es in diesem Fall nicht zu tun. »Je mehr Sie Ihre grauen Zellen füttern, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Erinnerungen zurückommen.« Wieder spürte Felicitas die Baumrindenhand in ihrer. »Ich wünsche Ihnen alles Gute.«

      *

      Dr. Gruber saß am Schreibtisch und starrte auf den Computerbildschirm. Da war es wieder, dieses Flimmern in den Augen. Ein Teil des Bildschirms löste sich in irisierenden Regenbogenfarben auf.

      »So ein Mist!« Benjamin rückte näher an den Monitor heran. Mit Mühe konnte er das eben Geschriebene entziffern. Sein Herz trommelte in seiner Brust. »Reiß dich zusammen, Benni! Der Bericht ist wichtig, sonst bist du die Assistenzarztstelle schneller los, als dir lieb ist.« Er holte tief Luft und schrieb weiter. »Zugang Hautschnitt medio ventraler Tibiakopf. Zur Entnahme der Semitensubiazaawgbw …«

      Unbemerkt war Dr. Lekutat hinter ihn getreten.

      »Wenn ich mich recht erinnere, habe ich die Semitendinosussehne herausgeschnitten. Bei dieser Gelegenheit können Sie mir erklären, was das überhaupt ist.«

      Benjamin Gruber fuhr herum und starrte die Chirurgin an. Zugegeben, das Regenbogenmuster war schön. Aber nicht, wenn es in ihrem Gesicht flimmerte.

      »Der Musculus semitendinosus ist einer der Skelettmuskeln auf der hinteren Seite des Oberschenkels«, sagte er wie aus der Pistole Geschossen. »Er streckt das Hüftgelenk und dient häufig als Ersatz eines gerissenen vorderen Kreuzbandes im Knie.«

      »Sehr gut.« Christine nickte. »Und jetzt erklären Sie mir bitte, was mit Ihnen los ist. Das war ja nicht Ihr erster Ausfall im OP. Abgesehen von all den anderen Kleinigkeiten.«

      Benjamin Gruber schluckte.

      »Ich weiß gar nicht, was Sie meinen«, stammelte er und wandte sich wieder dem Monitor zu.

      Christine Lekutat verschränkte die gepolsterten Arme unter der Brust.

      »Meiner Ansicht nach leiden Sie an einer Sehstörung. Sie haben drei Mal neben das Skalpell gefasst, bis sie es endlich in der Hand hielten.

      Benjamin räusperte sich. Warum konnte er sich nicht genauso auflösen wie das Computerbild vor seinen Augen?

      »Ich … ich habe das seit ein paar Wochen. Aber nicht immer. Nur manchmal.«

      »Dann würde ich mir an Ihrer Stelle einen neuen Beruf suchen. Mit diesen Augen schneiden Sie einem Blinddarmpatienten am Ende noch ein Auge raus.« Sie lachte über ihren Witz.

      Dr. Gruber lief ein Schauer über den Rücken.

      »Dass die Augen ab und zu mal müde sind, ist doch ganz normal. Das kann viele Ursachen haben.«

      Die Schranktüren klapperten, Christine nahm zwei Tüten mit frisch sterilisierten Scheren heraus.

      »Interessant. Dann lassen Sie mal hören!«, verlangte sie. Die Tüten in ihren Händen raschelten.

      Benjamin starrte auf den Bildschirm.

      »Zum Beispiel Stress …«

      »Mir kommen die Tränen.«

      »Überanstrengung und Übermüdung.«

      »Wenn Sie glauben, mit diesen Ausreden meinen Patientenbriefen zu entkommen, haben Sie sich geirrt.« Sie lächelte. »Weiter!«

      Benjamin zog den Kopf ein.

      »Vitaminmangel. Eine drohende Migräne oder eine Schilddrüsenerkrankung …«

      »Fehlt noch Fernweh oder hormonelle Verwirrung«, spottete die Lekutat. »Oder Zuckermangel. Essen Sie ein Stück Schokolade. Wenn Ihre Probleme dann besser sind, haben Sie als Chirurg noch eine Chance. Eine kleine wenigstens.« Sie nickte seinem Rücken zu.

      Ihre Schritte entfernten sich, und Benjamin Gruber atmete auf. Er lehnte sich zurück und schloss eine Weile die Augen. Als er sie ein paar Minuten später wieder öffnete, war der Regenbogen verschwunden.

      »Na bitte«, stöhnte er erleichtert auf und machte sich wieder an die Arbeit. Höchste Zeit, den Bericht zu beenden!

      *

      »Und das hier ist die Klinik am Wald. Sie ist spezialisiert auf Rehabilitation nach Herzinfarkten.« Daniel Norden hatte eine bunte Palette an Prospekten vor seiner Frau ausgebreitet. Fee saß am Tisch. Schwer zu sagen, ob sie ihm überhaupt zugehört hatte. »Was meinst du? Welche gefällt dir am besten?«

      Endlich wendete sie ihm das Gesicht zu.

      »Keine. Ich werde nicht zur Reha gehen.«

      Viele Dinge hatten sich nach dem Unglück verändert. Der Blick seiner Frau zum Beispiel, mit dem sie ihn musterte. Keine Liebe lag mehr darin. Nur noch blankes Misstrauen. Oder ihre Unfähigkeit, sich lange auf etwas zu konzentrieren. Ihre Appetitlosigkeit. Eine Sache war allerdings gleich geblieben: Wenn ihre Stimme so klang, duldete sie keinen Widerspruch.

      Daniel stützte den Kopf in die Hände und seufzte. Die vergangenen Wochen hatten ihm alles abverlangt. Er fuhr sich mit der Hand über die Augen.

СКАЧАТЬ