Название: Comedy Queen
Автор: Jenny Jägerfeld
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9783825162085
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Das freut mich. Und ich hoffe, sie hat recht.
Dann klinke ich mich aus. Gucke den Baum vor dem Fenster an. Kahle, dünne Äste, von einer leichten Schneeschicht bedeckt. Ich habe wichtigere Dinge, über die ich nachdenken muss, als irgendwelche albernen Erdkrusten. Wenn ich funny bones entwickeln will, muss ich mich konzentrieren. Hart und gezielt arbeiten. Zum Beispiel – die Frage, was ist eigentlich komisch? Eine Möglichkeit, Witze zu erfinden, könnte sein, verschiedene komische Themen aufzuschreiben, über die man dann frei herumgrübeln kann.
Ich starre auf das Papier mit dem Erdquerschnitt. Drehe es um. Schreibe:
KOMISCHE/NERVENDE SACHEN:
Zum Beispiel hat Märta mich einmal gefragt, warum manche Typen sich diese riesigen Hamsterbärte wachsen lassen. Ich so: »Häh? Was?«, und dann hat sich herausgestellt, dass sie HIPSTER-Bärte meinte.
Wenn die Kopfhörer sich verheddern.
Leute, die beim Filmgucken ununterbrochen labern: »Wer ist der da? Was macht die? Wohin gehen die jetzt?« Ich dann: »Oh Mann! Konzentrier dich auf den Film, dann wirst du’s schon checken!«
Alles, was alle Menschen in allen sozialen Medien machen. Wenn sie zum Beispiel supergeile Bilder von sich selbst posten und dazu schreiben, wie unmöglich sie darauf aussehen, nur um Komplimente zu angeln (Tyra). Oder wenn sie #total#unlogische#Sachen#hashtaggen. Oder wenn sie als deep status schreiben: »Bin so traurig. Niemand würde es verstehen … das hier garantiert nicht.« Und man antwortet: »Shit, was ist denn los?« Und dann kommt: »Nein, es ist nichts. Ich will nicht darüber reden.« AHA! DANN LASS ES DOCH BITTE!
(Darum hab ich mich bei SÄMTLICHEN sozialen Medien abgemeldet. Das heißt, bis auf Youtube. Ich muss immerhin Stand-up-Clips checken.)
Wenn Papa ins Zimmer kommt und irgendwas verkündet und man sagt: »Okay, okay, alles klar«, und wenn er dann rausgeht, macht er die Tür nicht zu und ich muss hinter ihm herschreien: »Mach die Tür zu!«, und dann kommt er zurück und SCHIEBT die Tür nur zu, ohne sie zuzumachen, und man kann bloß noch stöhnen: »OOOOH, Mann! Was hab ich gerade gesagt?«
Wenn Mama sauer ist –
Ich höre mitten im Satz auf. Nehme den Stift vom Papier. Ich hatte nämlich vorgehabt zu schreiben; »Wenn Mama sauer ist und will, dass ich mit ihr Deutsch spreche, und mir keine Antwort gibt, wenn ich das nicht mache.«
Das wollte ich schreiben. Aber ich tu es nicht. Weil mich das nicht mehr zu nerven braucht. Wie sehr wünschte ich, dass sie mich wieder damit nerven könnte. Das wünsche ich so sehr, dass mir das Herz fast bricht. Ich würde von früh bis spät Deutsch sprechen. Obwohl ich darin so eine Niete bin. Ich würde nie etwas anderes tun, wenn ich sie dadurch wiederbekäme. Ich würde immer Deutsch sprechen.
Für kurze Momente vergesse ich, dass sie tot ist. So wie jetzt. Die paar Sekunden, die es gebraucht hat, um »Wenn Mama sauer ist« zu schreiben.
Klar ist es gut, dass ich nicht andauernd an sie denke. Aber wenn es mir dann einfällt, öffnet sich das Dunkel in meiner Brust. Das Dunkel, das wie ein Loch ohne Boden ist und sich endlos in alle Richtungen ausdehnt. Es ist, als würden Stücke meines Herzens in das Loch fallen. Sie fallen runter und verschwinden. Ich weiß nicht, ob ich sie jemals wiederfinden werde. Ob das Herz jemals wieder ganz werden kann. Ich radiere die Worte aus. Ich radiere »Wenn Mama sauer ist« aus. Radiere so fest, dass ein Loch im Papier entsteht.
DIE KUNST, EIN KANINCHEN ZU STREICHELN
Ich gehe durch den Aspudden-Park nach Hause. Sonst gehen Märta und ich immer zusammen, aber dienstags hat sie Banjo-Unterricht, believe it or not. Von allen Instrumenten im ganzen Universum wählt sie BANJO. Aber was weiß ich schon darüber? Einmal hat sie gesagt, sie liebt ihr Banjo mehr als ihren kleinen Bruder. Das glaube ich allerdings nicht so ganz. Das war nach dem BANJOTRAUMA, wie sie es nennt, als ihr Bruder das ganze Banjo mit Erdnussbutter vollgeschmiert hat. Ich könnte mir vorstellen, dass sie das ein bisschen beeinflusst hat. Seither nennt sie ihn nur noch den Banjoschänder.
Sie bewahrt ihr Banjo in einer glänzend schwarzen Hülle mit goldfarbenen Verschlüssen auf. Die Hülle ist innen mit grünem Samt gefüttert. Garantiert liegt nicht einmal die Krone des Königs in einer prächtigeren Hülle.
Die Luft ist kalt und klar, die Sonne steht so tief, dass die weißgelben Strahlen mich blenden. Vereinzelt liegen noch große Schneeflecken zwischen den kahlen Bäumen. Immer wenn ich Zeit habe, besuche ich die Kaninchen im Park und sage ihnen Hallo. Wenn ich Tiere streicheln und mit ihnen spielen kann, werde ich jedes Mal ganz froh und ruhig, und mein Herz wird irgendwie weich. Okay, nicht mit ALLEN Tieren. Wahrscheinlich würde ich weder froh noch ruhig werden, wenn ich einen Alligator oder einen Giftskorpion streicheln würde, aber ich denke, ihr checkt, was ich meine.
Die Kaninchen wohnen in vier kleinen Gehegen mit je vier Kaninchen. Eins der Kaninchen ist unglaublich niedlich und verschmust, ich nenne es Cookie Dough, obwohl es eigentlich Pistazie heißt. Pistazienkerne sind ja grün, also weiß ich nicht so recht, was man sich dabei gedacht hat. Cookie Dough ist nicht grün. Nein, sie sieht aus wie sahniges Vanille-Eis, mit vereinzelten braunen Teigstücken darin. Außerdem ist sie total süß, weil sie zur Hälfte ein Widderkaninchen ist und zur Hälfte was anderes, und darum hängt eines ihrer Ohren herunter, wie bei einem Widder, und das andere ragt kerzengerade in die Luft! Ich kann mich mit Cookie Dough identifizieren, weil ich auch zur Hälfte Widder bin, sozusagen. Ich bin am zwanzigsten März nachts um drei Minuten vor zwölf auf die Welt gekommen, genau an der Grenze zwischen den Sternzeichen Fisch und Widder. Aber zum Glück habe ich weder Hängeohren noch Ohren, die in die Luft ragen, sondern ziemlich normale Menschenohren, meiner Meinung nach.
Als ich jetzt beim Gehege ankomme, sehe ich Cookie Dough sofort. Sie hockt zusammengekauert da und mümmelt an einem Strohhalm herum. Ihre dicken weißen Kaninchenbacken bewegen sich heftig. Bestimmt hat sie keinen Papa, der sie ermahnt, immer SCHÖÖN LAANGSAAM zu essen, wie gewisse andere Personen. (Damit meine ich mich selbst.) »Hallo, Cookie Dough!«, sage ich, und da hört sie auf zu kauen und guckt zu mir hoch. Und vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber jedes Mal, wenn ich sie Cookie Dough nenne, scheint sie irgendwie dankbar auszusehen. Es ist, als wollte sie sagen: »Endlich! Endlich jemand, der kapiert, dass ich nicht GRÜN bin!«
Ich klettere über den Zaun und gehe ungefähr einen halben Meter von ihr entfernt in die Hocke. Die anderen Kaninchen hüpfen nervös davon, sie aber bleibt da und knabbert weiter an ihrem Halm. Zentimeter für Zentimeter verschwindet er in ihrem Mund. Dann rümpft sie ihr hellrosa Näschen, hebt es in die Luft und schnuppert. Ich ziehe einen Handschuh aus und halte ihr vorsichtig meine Hand hin. Cookie Dough riecht daran, als wäre sie ein Hund. Dann streiche ich ihr behutsam über das kuchenteigfleckige Fell. Sie ist unvorstellbar weich. Weicher als das Innere von Märtas Banjohülle. Viele Leute wissen nicht, wie man sich verhalten soll, wenn man Kaninchen streichelt. Meistens erschrecken die Kaninchen und hüpfen davon. Der Trick besteht darin, dass man keine hastigen Bewegungen macht, sondern die Hand sehr, sehr vorsichtig nähert. Obwohl die Kaninchen selbst sich total heftig bewegen, schätzen sie es nämlich überhaupt nicht, wenn andere das tun. Langsam strecke ich mich nach noch einem Halm aus und halte ihn dann Cookie Dough hin.
»Komm her, mein Häschen«, sage ich.
Mit zwei niedlichen kleinen Hopsern kommt sie angehüpft, dabei fährt das Wattebausch-Schwänzchen in die Luft. Dann hockt sie sich neben mein Bein. Ich stütze mich mit der Hand ab und setze mich ganz, ganz langsam in den Schneidersitz. Ich spüre СКАЧАТЬ