Kleopatra. Alfred Schirokauer
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Название: Kleopatra

Автор: Alfred Schirokauer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783849635237

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СКАЧАТЬ Atrium. Betrachtet fahrig die Bildsäulen, die Kunstwerke, die Cäsar aus aller Welt zusammengetragen hat. Und sieht nichts. Wo bleiben die Boten?!

      Atemlos stürmt einer herein.

      »Cäsar ist auf dem Rückwege, kurz vor der Stadt.«

      »Was geschieht auf dem Forum?«

      »Ich habe es nicht gesehen, Herrin. Mein Weg hat mich nicht darüber geführt.«

      Im Speisezimmer wird gedeckt. Sie hört das leise Klirren der Gefäße. Jeden Nachmittag kommt Cäsar zu ihr zu einem kleinen Imbiß.

      Sie geht ins Ankleidezimmer. Läßt sich schmücken für ihn, schminken, pudern. Den schmalen Bogen der Brauen nachziehen. Dann ist sie wieder allein im Wohnzimmer. Wartet, wartet. Draußen auf dem Forum entscheidet sich das Geschick der Welt. Sie sitzt in einem tiefen, weichen Sessel, schlägt gewohnheitsmäßig die Beine übereinander. Und plötzlich rieselt eine Welle der Sinnlichkeit über ihre Glieder. Seit zwei Jahren, seit ihrer Ankunft in Rom, hat Cäsar sie nicht mehr berührt. Er ist sehr gealtert – sehr –, diese epileptischen Anfälle! Älter geworden in diesen letzten Jahren als seine Sechsundfünfzig bedingen. Ganz gleich – sie liebt ihn. Sie lächelt sphinxhaft. Kann sie lieben? Irgend etwas lieben außer sich – außer der Macht –?

      Ihre Gedanken schwimmen. Gut und wohlig war die erste Zeit – vor vier Jahren. Nach ihrer Erweckung als Weib. Der erste Mann, dem sie gehörte. Der erste Mann, der einzige, der ihr geistig ebenbürtig – hm –, vielleicht überlegen ist. Wie jung er damals noch war! Wie aus Stahl der Körper und Geist. Schmerzlich gealtert ist er.

      Sie seufzt aus der Tiefe der Brust. Ballt unwillkürlich die kleinen Hände zu willenseisernen Fäusten.

      Sie wird ihm neue Kraft und neue Jugend einatmen. Sie und die Herrschaft über die Erde und die Krone. Sie faltet die Hände und verrenkt die Finger. Sie ist jetzt nur Wille und Energie. Sie wird in ihm die Natur bezwingen. Sie wird ihm Jugend und Kraft in die alten Adern gießen! Sie wird! Sie wird! Sie wird die Glut ihrer Vierundzwanzig in seine Gefäße strömen lassen und in sein ermüdetes Hirn! Wenn sie erst sein Weib ist, öffentlich – die Königin des vereinigten Ost und West der Welt.

      Sie dehnt den kleinen, katzengelenken Körper, fühlt ihr heißes Blut in jedem Gliede, reckt die Arme über den Kopf hinaus – fühlt ihre Jugend und ihren Körper und sein Begehren – nein, nein, sie wirft sich nicht fort – irgendeinem jungen Gecken in die Arme. – Nein!

      Und doch hat sie Visionen. Jung – stark – reckenhaft ist das nebelhafte Gebilde ihres Verlangens. Sie schließt die grünen Augen – es ist, als würde die Welt dunkel, wenn das gläserne Feuer dieser Augen sich bedeckt – die langen schwarzen Wimpern reichen bis auf die ovalen Wangen herab – sie fühlt Arme um sich – eine Kraft, die sie an sich reißt und durchglüht – öffnet hastig die Lider – blinzelt in den fallenden Tag – nein – nicht sich an irgendeinen enghirnigen, hübschen Laffen vergeuden. Cäsar wird wieder stark werden, wenn er die Krone trägt. Eine magische Gewalt strömt von dem goldenen Reif aus – sie weiß das – sie kennt den Zauber des Diadems. Er ist nur übermüdet, überreizt von der Ungewißheit, zermürbt von den letzten Kriegen in Spanien und Afrika – trägt eine Welt auf den Schultern, schon jetzt, ohne den Herrentitel. –

      Sie sinkt lässig im Schoße zusammen. Es ist der Frühling, der in ihrem Blute rumort. Weiter nichts. Die Müdigkeit des Lenzes und seine Sehnsucht. Es ist –

      Pferdegetrappel auf der Straße reißt sie aus der wollüstigen Versunkenheit. Die Kavalkade. Cäsars Kavalkade! Sie stürmt hinaus, nicht Königin, nicht Herrin der Welt, nur Weib, nur Geliebte, nur Sehnsucht und Hoffen auf das Größte, Letzte, Allerletzte.

      III.

      In der Halle trifft sie mit ihm zusammen. Er kommt allein. Das Gefolge blieb im Garten. Er ist sehr blaß, gelblichweiß hebt das Gesicht sich ab von dem Purpur des Triumphatorenmantels, den er trägt. Sterbensbleich ist er, wie die Imperatorenbinde um die hohe Stirn. Unmut dunkelt in jeder der vielen tiefen Falten und Runen, die das Grandseigneurgesicht durchkerben. Doch er hält seine Züge beherrscht wie immer.

      »Sei gegrüßt, Gajus.« Ihre Stimme, diese zauberhafte Stimme, die er so liebt, klirrt verräterisch.

      »Tag, Liebste.« Er küßt ihre Stirn. Ihren Mund hat er lange nicht mehr geküßt.

      »Was ist?!« Ihre Augen sind grüne, sprühende Fragezeichen.

      »Sie haben das Diadem von dem Standbild gerissen.«

      »Wer?«

      »Ein Volkstribun.«

      »Was hast du mit ihm gemacht?«

      »Ich werde ihn seines Amtes entsetzen lassen.«

      »Weiter nichts?!«

      Er schüttelt den Kopf.

      Sie faßt seine Hand. Sie stehen noch in der Halle. Er ist zweimal so groß wie sie.

      »Warum hast du ihn nicht sofort ans Kreuz hängen lassen?« Es scheint, als wachse sie zu ihm empor.

      Er lächelt müde. »Wir sind nicht in Alexandrien, mein Kind.«

      »Dann mach endlich Alexandrien aus diesem Misthaufen !«

      Er hebt kaum merklich abwehrend die Hand, geht voran in das Speisezimmer. Sie folgt hart hinter ihm.

      An den Tisch in der Mitte des Raumes setzt er sich, eckig, krank, marode. Sie sieht, wie gipsig das Gesicht ist. Wie eine Totenmaske. Alter Mann, denkt sie bös.

      Ein Sklave bringt eine große silberne Schüssel. Tücher. Er wäscht sich die großen Hände mit den langen nervösen Fingern, befeuchtet die Stirn. Sie blickt von unten her, zornig auf ihn. Er tut, als sähe er sie nicht. Doch er beobachtet aus den Augenwinkeln ihr Gesicht und freut sich wie ein Künstler an ihrem Mienenspiel.

      Schön ist sie, denkt er. Ist doch die schönste Frau, die mein gewesen ist. Es ist heut viel Resignation in seinem Fühlen und Sinnen. Aber schön waren auch andere. Er trocknet langsam, bedächtig, fast pedantisch die Zwischenräume der Finger, das Spiel ihres Zornes und ihrer Verachtung zu genießen. Doch etwas hat sie, was keine andere besitzt. Etwas Einziges, nie Gewesenes, vielleicht nie Wiederkehrendes. Das lebendigste Gesicht hat sie, das je eine Frau besessen hat, eine bebende Lebendigkeit um Mund und Nase und Schläfen, eine vibrierende Heftigkeit, eine Wandlungsfähigkeit ohnegleichen, oft ohne Übergang. Das ist das Lockende an ihr, diese ewige Gespanntheit, die spannt, diese atemlose Gegenwart, die aufpeitscht, diese zitternde Leidenschaft, die mitreißt. Das lebendigste Gesicht, das je ein Mensch dem Dasein geboten hat. Das Seltsamste sind die Augen. Weltwunder, wie der Leuchtturm ihrer Königsstadt – Pharus ihres Gemütes.

      So sinnt er und СКАЧАТЬ