Название: Im Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Im Sonnenwinkel Staffel
isbn: 9783740918064
isbn:
Es wurde ihm wohl nicht bewusst, dass er mit dieser Bemerkung dem Arzt einen bedeutungsvollen Hinweis gegeben hatte. Nicolas war zu erfahren, um darauf gleich einzugehen.
Ulrike hingegen, reagierte anders. »Mama wird schimpfen, wenn sie zahlen muss«, meinte sie, als sie sich in ihrem Zimmer umblickte. »Sie wird mich nicht hierlassen. Und Frau Frenzel wird erst schimpfen, wenn ich hier mit dem Thomas beisammen bin.«
»Darüber mach dir mal keine Sorgen«, äußerte Nicolas freundlich.
»Muss ich jetzt schlafen?«, fragte Ulrike.
»Nein, ihr könnt spielen«, erwiderte Nicolas. »Du wirst dich doch mit Thomas vertragen?«
»Frau Frenzel erlaubt nicht, dass er mit mir spielt«, sagte Ulrike.
»Ich erlaube es.«
Ulrike sah ihn von unten herauf an. »Da wirst du was zu hören kriegen!«, erklärte sie trotzig.
Ulrike war von einer Fürsorgerin gebracht worden. Thomas von seinem Vater, der Nicolas aber keine Gelegenheit zu einem Gespräch gegeben hatte.
»Versuchen Sie Ihr Glück. Ich bin gespannt, was diesmal dabei herauskommt«, hatte er gesagt. »Was es kostet, ist mir egal. Ich will endlich wieder Frieden in der Familie haben.«
Dann hatte er wichtige Geschäfte vorgeschützt. Das dringend notwendige Gespräch muss nachgeholt werden. Aber damit wollte Nicolas sich Zeit lassen. Er wusste schon jetzt mehr, als zu erwarten gewesen war.
*
Im Spielzimmer waren die Kinder sich selbst überlassen, und sie kamen sich völlig unbeobachtet vor.
Sie wussten nicht, dass hier eine Sprechanlage installiert war und ihre Unterhaltung von einem Tonband registriert wurde. Dennoch mussten sie unter dem Zwang eines unkindlichen Misstrauens stehen, denn sie unterhielten sich nur flüsternd.
»Nun haben wir es doch geschafft, dass wir wieder beisammen sind«, sagte Thomas. »Wir müssen bloß schlau sein, dass sie nicht dahinterkommen.«
»Mama kann das doch nicht bezahlen. Sie holt mich bestimmt wieder ab, wenn ich nicht richtig krank bin.« Das war Ulrike.
»Du bist aber krank! Du hast Kopfschmerzen und keinen Appetit. Der Bauch tut dir weh.«
»Jetzt habe ich aber Hunger. Und der Bauch tut mir nicht weh«, entgegnete Ulrike. »Hier gibt es bestimmt besseres Essen als im Krankenhaus.«
»Mir tut der Bauch weh und der Kopf und alles«, erklärte Thomas. »Und dir auch.«
Donner und Doria, dachte Nicolas, der alles hören konnte, das sind ja keine Neurotiker, das sind Simulanten.
Es klopfte an der Tür. Sabine trat ein. »Störe ich?«, fragte sie.
»Hör dir das mal an«, sagte er und ließ das Band noch einmal ablaufen. »Was soll denn das bedeuten?«, fragte sie.
»Dass zwei Knirpse recht erfolgreich ihre Eltern und mehrere Ärzte hinters Licht geführt haben. Aber nein«, unterbrach er sich, »so leicht sollte ich es mir doch nicht machen. Seelischer Kummer kann zu echten Neurosen führen. Es ist gut, wenn man sie im Keim erstickt.«
»Was willst du jetzt tun?«
»Die Ursache dieses gefährlichen Spiels beseitigen. Versuchen muss ich es zumindest.«
*
Michael hatte beschlossen, die Fahrten auf zwei Tage zu verteilen.
»Es wird sonst zu anstrengend für das Kind und für Lisa«, erklärte er energisch und überstimmte André damit.
André hatte seinen Widerstand gegen das Vorhaben, Jill mitzunehmen, schnell aufgegeben, denn die Anhänglichkeit der Kleinen an Lisa rührte auch ihn.
Auch Dr. Valdere hatte seine Meinung geändert. Er stellte fest, dass Lisa einen Reifeprozess durchmachte. Ob daran nur Jill schuld war, die Mutterinstinkte in ihr geweckt hatte?
Sicher mochte es auch Michael zuzuschreiben sein. Aber vielleicht erwachten auch Erinnerungen an das eigene Kindheitserlebnis in ihr, das so einschneidend ihr Leben bestimmt hatte. Erinnerungen, die lange geschlummert hatten, die noch keine bildhaften Formen annahmen, die sie möglicherweise aber auch verdrängen wollte.
Alle medizinischen Erkenntnisse hatten bei ihr versagt. Nun erhofften sich die Ärzte von Michael und Jill Hilfe für Lisa.
Es lag ein frühlingshafter Morgen über der Cote d’Azur, als sie ihre Reise antraten.
Michael sagte Jill, dass in Deutschland noch Winter wäre.
»Das ist nicht schlimm«, erwiderte Jill. »Ich kenne den Winter in Deutschland.«
Sie war mit ihren fünf Jahren ein sehr ernsthaftes, nachdenkliches Kind, aber von früheren Erlebnissen erfuhr man nur nebenbei.
Sie sprach mehr Deutsch, als sie anfangs zugegeben hatte. Wie weit ihre Kenntnisse reichten, wollte Michael dadurch herausbekommen, dass er nun mit ihr nur deutsch sprach.
»Du warst schon in Deutschland?«, fragte er.
Sie saß mit Lisa auf dem Rücksitz. Er konnte sie im Spiegel sehen und merkte, dass sie bei dieser Frage überlegte. »Manchmal«, gab sie zögernd zu.
»Im Flachland oder im Gebirge?«
»Bei Leuten«, erwiderte sie ausweichend.
Er dachte, dass sie damit einen Ort meinte. Aber dann begriff er, dass sie von Personen sprach.
Sie kuschelte sich in Lisas Arm und erwiderte: »Ich möchte jetzt lieber mit Lisa reden.«
Diese Unterhaltung ging auch von ihrer Seite aus lautlos vonstatten. Jill war ein sehr sensibles Kind und malte sich wohl aus, dass es Lisa freuen würde, wenn sie sich mit ihr auf die gleiche Weise verständigen würde, die Lisa als einzige Möglichkeit blieb, und dies bereitete ihr keinerlei Schwierigkeiten mehr.
Michael und André blieben dabei jedoch ausgeschlossen und vernahmen nur ab und zu das leise Lachen des Kindes, das verriet, dass Lisa ihm etwas Heiteres mitgeteilt haben musste.
Am Abend erreichten sie den Genfer See, und nun war auch André froh, dass Michael auf einer nächtlichen Ruhepause bestanden hatte.
Jill war zu müde, um noch etwas zu essen, aber sie hatten mittags eine reichliche Mahlzeit zu sich genommen.
Lisa brachte sie zu Bett. Sie wollte bei ihr bleiben, bis sie fest schlief. Aber Jill sagte: »Geh lieber zu Michael, sonst ist er böse mit mir, dass ich nur mit dir rede.« Sie legte die Ärmchen um Lisas Hals. »Ich bin so froh, dass du mich mitgenommen hast. Danke, allerliebste Lisa.«
*
Nach dem Essen zog sich André gleich zurück. Michael hielt Lisa zurück.
»Wollen wir nicht noch ein wenig frische Luft schnappen?«, fragte er rau. »Ich möchte auch ein bisschen mit dir reden.«
Sie СКАЧАТЬ