Der exzellente Butler Parker Staffel 1 – Kriminalroman. Günter Dönges
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      »Einen Denkzettel sollte ich ihm vielleicht doch verpassen«, entschied die ältere Dame, als der Butler seine Wahrnehmung nach hinten meldete. Inzwischen hatte man ein Stadtviertel erreicht, in dem Josuah Parker sich ebenso schlafwandlerisch auskannte wie in den unergründlichen Taschen seines schwarzen Zweireihers.

      Die verwinkelten Straßen zwangen den Mustangfahrer, noch dichter aufzuschließen, wollte er das hochbeinige Monstrum nicht aus den Augen verlieren. Gelassen hetzte Parker den Verfolger kreuz und quer durch das Viertel, verschärfte das Tempo und bog unvermittelt mal links, mal rechts ab.

      Der Fahrer am Steuer des amerikanischen Sportwagens wurde allmählich nervös. Er spürte, daß der Butler mit ihm spielte, aber jetzt wollte er sich erst recht nicht abhängen lassen. Dabei ließ er die gebotene Vorsicht außer acht, was ihm wenig später zum Verhängnis wurde.

      Der Butler wußte, daß die lange Gerade, in die er einbog, nach rund 500 Metern rechtwinklig in eine Querstraße mündete. Das war der Punkt, den er ausersehen hatte, um Myladys Wünsche in die Tat umzusetzen.

      Ein Beben lief durch die schwere Karosserie des hochbeinigen Monstrums, als das Zusatztriebwerk seine Kräfte spielen ließ und dem schwarzen Kasten das Temperament eines feurigen Araberhengstes verlieh. Zitternd kletterte die Tachonadel höher.

      Der Mustangfahrer, der offenbar an einen Ausbruchversuch glaubte, holte aus seinem spurtstarken Fahrzeug ebenfalls alles heraus, was sich herausholen ließ. Er hatte aufgeholt und lag dicht hinter Parker, als der Butler mit unbeweglicher Miene einen der zahlreichen Kipphebel am Armaturenbrett umlegte.

      Augenblicklich quoll eine schwarze, ölige Wolke aus dem Auspuff seines Fahrzeuges, das nicht ohne Grund den legendären Ruf als »Trickkiste auf Rädern« genoß. Im selben Moment hatte der Butler die Einmündung erreicht, trat scharf auf die Bremse und bog nach rechts ab.

      Der Mustangfahrer, der sich überraschend auf einem Blindflug ohne Instrumente wiederfand, tat das Einzige, was er tun konnte: Er trat auch auf die Bremse. Er hätte seinen Wagen vielleicht noch unbeschädigt zum Stehen gebracht, wäre da nicht ein wasserklarer Film auf dem Pflaster gewesen, der aus einer Düse am Heck des hochbeinigen Monstrums stammte. Dabei handelte es sich um Seifenlauge, die den Straßenbelag sekundenschnell in eine Rutschbahn verwandelte.

      Der Mann am Steuer konnte sich abmühen, wie er wollte. Sein Wagen reagierte weder auf die Bremsen noch auf die Lenkung, sondern schlitterte eigenwillig geradeaus – mitten in die schwarze Wolke hinein.

      Als die Schwaden vor der Windschutzscheibe sich wieder teilten, ließ Myladys Verfolger das Lenkrad los und schlug entsetzt die Hände vor die Augen. Der Anblick einer ganzen Batterie von Mülltonnen, die in beängstigendem Tempo auf ihn zurasten, war dem Mann unerträglich.

      Mindestens ebenso unerträglich war das Scheppern, mit dem der Mustang die blecherne Barrikade auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig durchbrach. Meterweit flogen die Mülltonnen auseinander, verstreuten ihren unappetitlichen Inhalt und rollten klappernd über die Straße.

      Im selben Moment hatten die blockierten Reifen wieder griffigen Boden unter dem Profil und ließen ein gräßliches Quietschen hören. Die wenigen Meter Gehweg, die vor der Auslage eines großen Spirituosengeschäftes lagen, reichten als Bremsweg allerdings nicht mehr aus.

      Splitternd zerbarst die Schaufensterscheibe, als der Mustang unsanft mit seiner Nase dagegenstieß. Unter ohrenbetäubendem Lärm stürzte die aufwendige Dekoration in sich zusammen, als der Wagen das Schaufenster zum Parkplatz umfunktionierte.

      Ganze Batterien von Flaschen gingen rund um das Fahrzeug in Scherben. Champagner spritzte, Sektkorken flogen.

      Parker, der sein hochbeiniges Monstrum hundert Schritte weiter am Straßenrand abgestellt hatte, verfolgte die Szene aufmerksam im Rückspiegel. Sein Pokergesicht blieb glatt und ausdruckslos.

      Auch Mylady nahm ausnahmsweise die Mühe auf sich, durch das Rückfenster nach ihrem Verfolger zu sehen.

      »Seinen Denkzettel hat der Bursche«, stellte sie befriedigt fest. »Aber Sie hätten wirklich ein anderes Geschäft nehmen sollen, Mister Parker. Wenn ich an alle die guten Tropfen denke, die jetzt in die Gosse rinnen ...«

      *

      »Gleich, wer es ist, Mister Parker. Ich bin nicht zu sprechen. Ich muß dringend eine Stunde der Meditation widmen«, sagte Lady Simpson zu ihrem Butler. Hocherhobenen Hauptes entschwebte die ältere Dame auf der geschwungenen Treppe ins Obergeschoß.

      »Wie Mylady wünschen«, entgegnete Parker und lenkte seine Schritte zum beharrlich läutenden Telefon.

      McWarden war am Apparat. Seine Stimme klang ungehalten.

      »Muß Mylady mir denn immer nur Ärger einbrocken?« fragte er.

      »Möglicherweise darf man daran erinnern, daß Mylady Ihnen gelegentlich auch wertvolle Hilfe bei Ermittlungen leistete, Sir«, gab der Butler zu bedenken.

      »Weiß ich ja, Mister Parker«, räumte der Chief-Superintendent widerwillig ein. »Aber was Ihre Herrin sich bei der Firma ›Hitec‹ geleistet hat, wird mit Sicherheit ein Nachspiel haben.«

      »Darf man um Auskunft darüber bitten, wie diese Äußerung zu verstehen ist, Sir?« tat Parker ahnungslos.

      »Mylady hat dem Firmenchef vorgespiegelt, ich hätte ihr die Ermittlungen übertragen«, empörte sich McWarden. »Das ist Amtsanmaßung, Mister Parker.«

      »Bedauerlicherweise kann meine Wenigkeit sich nicht entsinnen, entsprechende Worte aus Myladys Mund vernommen zu haben, Sir«, erwiderte der Butler.

      »Das glaube ich Ihnen nicht, Mister Parker«, verharrte der hohe Yard-Beamte klipp und klar auf seinem Standpunkt. »Außerdem habe ich mit Ihnen auch noch ein Hühnchen zu rupfen.«

      »Darf man die Vermutung äußern, daß Sie Probleme mit gewissen Handschellen hatten, Sir?«

      »Natürlich«, knurrte McWarden. »Jedesmal, wenn Sie Ihre verdammten Dinger einsetzen, muß ein Spezialunternehmen diesen speziell gehärteten Stahl knacken.«

      »Das ist eine Anforderung, die man gemeinhin an die Qualität von Handschellen stellen sollte, Sir«, merkte Parker gelassen an.

      »Schwamm drüber«, lenkte der Chief-Superintendent ein. »Als ich die am Panzerschrank angeketteten Ganoven sah, war mir natürlich sofort klar, daß kein anderer als Sie dahinterstecken. Das ist eindeutig Ihre Handschrift, Mister Parker.«

      »Meiner Wenigkeit liegt es fern, Ihrer Feststellung zu widersprechen, Sir«, pflichtete der Butler ihm bei.

      »Natürlich bin ich Ihnen dankbar, daß Sie das Trio dingfest gemacht haben, Mister Parker«, fuhr McWarden fort und mühte sich hörbar, seiner Stimme einen versöhnlichen Klang zu geben. »Leider konnten Sie aber auch nicht verhindern, daß der Prototyp später in der Nacht doch noch gestohlen wurde.«

      »Diesen Umstand bedauert meine Wenigkeit außerordentlich, Sir«, versicherte Parker. »Darf man fragen, ob die Vernehmung der drei erfolglosen Einbrecher irgendwelche interessanten Erkenntnisse gebracht hat?«

      »Nicht die Spur, Mister Parker«, gestand der Chief-Superintendent. »Die Kerle behaupten, sie hätten Geld in dem Tresor vermutet.«

      »Eine Einlassung, die nicht sehr wahrscheinlich klingt, aber im Moment СКАЧАТЬ