KHAOS. Lin Rina
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Название: KHAOS

Автор: Lin Rina

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783959914208

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СКАЧАТЬ das Herz versagen, die Lunge würde kollabieren und schlussendlich würde mein Körper alle Funktionen einstellen.

      Aber ich lebte schon eine ganze Weile damit und auch wenn die ständigen Muskelschmerzen mir das Leben nicht gerade einfacher machten, half mir meine Position als Laienärztin dabei, leicht an Tabletten ranzukommen, die mich zumindest vor dem Schlimmsten bewahrten.

      Meine Mutter war Ärztin gewesen, eine studierte. Zumindest bevor sie einen Mann erstochen und dann zu einer lebenslangen Haft verurteilt worden war. Sie hatte mir schon früh beigebracht, was ich wissen musste, um für meinen Clan wertvoll genug zu sein, damit sie mich nicht kochten und auffraßen.

      Nach dem Tod meiner Mutter hatte ich ihren Platz am Behandlungstisch eingenommen und schlug mich bisher ganz gut. Mein Drang nach Wissen hatte mir vieles einfacher gemacht.

      Doch den größten Vorteil hatte mir immer meine Gabe verschafft.

      Außer meiner Mutter hatte ich nie jemandem davon erzählt. Und die hatte sich auch nicht wirklich erklären können, wie so etwas überhaupt möglich war.

      »Vielleicht liegt es an deinem Vater«, hatte sie einmal gesagt, auch wenn es ein sehr schwammiges Argument war. Sie hatte keine Ahnung gehabt, wer mein Vater gewesen war.

      Wir hatten die Gabe in Seelen lesen genannt. Anders konnte man es kaum beschreiben. Es war wie ein weiterer Sinn. Sehen mit dem Geist. Wenn ich die Augen schloss und mich konzentrierte, dann spürte ich all die Seelen, die sich im Umkreis befanden. Je mehr Anstrengung ich hineinsteckte, desto weiter konnte ich sehen.

      Alle fühlenden Wesen waren für mich sichtbar und jedes war so einzigartig wie das Gesicht, das dazugehörte. Wenn ich die Personen kannte, dann wusste ich auch anhand der Seelen, wer sie waren. Und umso mehr ich mich mit ihnen auseinandersetzte, desto tiefer konnte ich blicken. Wohlbefinden, Wallungen, Gefühle, selten sogar Gedankenfetzen und aufblitzende Bilder.

      Im Laufe der Jahre war ich gut darin geworden, die Empfindungen anderer zu deuten und auf die dazugehörigen Gedanken zu schließen, zu ahnen, wie die daraus folgenden Handlungen aussehen würden. Das sicherte mir das Überleben.

      Langsam begann der Wirkstoff in den Tabletten seine Pflicht zu erfüllen und das Atmen fiel mir leichter. Erschöpft holte ich tiefer Luft, genoss den Sauerstoff in der Lunge und setzte mich nach ein paar Minuten sogar auf.

      Ich kauerte in einem Gang, der am einen Ende verschüttet war und nur einen schmalen Spalt auf die andere Seite freigab. Als Kind hatte ich dort spielend hindurchgepasst, doch mittlerweile musste ich aufpassen, nicht mit den Hüften stecken zu bleiben. Soweit ich wusste, war ich die Einzige, die sich hier durchzwängen konnte, um an den verlassenen Teil dahinter zu gelangen.

      Dies war einmal der eigentliche Teil des Gefängnisses gewesen. Nicht weit von hier befand sich ein Tor, das auf den Ring hinausführte, an dem entlang sich die Zellen befanden. Von einem hüfthohen Geländer aus überblickte man einen runden Platz. Vor langer Zeit hatten dort Tische und Bänke gestanden, an denen sich die Insassen treffen konnten, um zu essen, Karten zu spielen und sich gegenseitig zu massakrieren.

      Jetzt war hier nur noch ein großer See, der durch ein Leck im Wasseraufbereitungstank gefüllt wurde. Das Wasser, das immer wieder wie leichter Regen von der Decke rieselte, tropfte in den See, wühlte die Oberfläche auf und versickerte weiter unten in kleinen Rissen im Boden.

      Als Kind war ich hier oft schwimmen gewesen.

      Eine Menge Kreaturen tummelten sich in dem schwarzen Wasser und ich konnte ihre Seelen unter mir spüren, wie sie in stetigen, ruhigen Bewegungen ihr Leben fristeten.

      Wenn ich meinen Sinn ausweitete und die unterm Sand verborgenen Sümpfe streifte, fand ich dort ähnliche Seelen.

      Allerdings hatte ich keine Ahnung, wie sie hier reingekommen waren. Doch sie waren da, und obwohl ich wusste, dass sie gefährlich sein mussten, ließen sie mich in Ruhe.

      Das taten eigentlich alle Tiere. Selbst die biestigen Veko-Spinnen, die draußen in ihren Löchern im Wüstensand hausten und nur darauf warteten, einem ihre messerscharfen Fangzähne ins Fleisch zu rammen.

      Möglicherweise lag es an meiner Gabe. Sicher war ich mir aber nicht.

      Ich rappelte mich auf und ließ meinen Geist hinauf in die oberen Stockwerke steigen, dort wo Krung gerade tobte und meine halbe Kranken­station verwüstete. Sein Zorn hatte einen noch höheren Level erreicht, und ich war furchtbar erleichtert, jetzt nicht in der Nähe zu sein.

      Andere eilten gerade zu ihm, packten ihn und zogen ihn aus dem Raum. Es waren Alex und Cobal. Sie würden ihn schon wieder zur Vernunft bringen. Für dieses Mal zumindest.

      Ich ließ den See zu meiner Linken liegen und trat durch ein anderes Tor, in dem einmal automatische Türen den Zugang versperrt hatten. Doch die Verwüstung, die hier unten herrschte, hatte sie aus den Schienen gerissen und ich stieg über das verbogene Metall hinweg, durch die zerstörte Schleuse und den Flur, in das unentdeckte Labyrinth von dahinterliegenden Gängen.

      Viele von ihnen hatte ich bereits beschritten. Doch hier unten zu sein, hatte in mir immer ein mulmiges Gefühl hinterlassen und so war ich bisher nicht exzessiv auf Erkundungstour gegangen.

      Ein paar Räume hatte ich durchsucht und nichts Wertvolles entdeckt, was nicht schon vor dem Einsturz von den anderen geplündert worden war. Doch es gab noch etliche Türen, die ich noch nicht durchschritten hatte und die vor den Beben noch verschlossen gewesen waren.

      Begonnen hatte es mit einem Meteoritensturm, der in die Oberfläche des Planeten eingeschlagen war. Durch ihn war es zu heftigen Erdbeben und Sandstürmen gekommen, die nach und nach die halbe Station zerstört und es den Insassen des Gefängnisses ermöglicht hatten, die Herrschaft über diesen Planeten an sich zu reißen.

      Eine Menge Türen waren aus den Verankerungen gesprungen, als das gesamte Gefängnis in der Mitte durchgebrochen war und die eine Seite sich einige Grad abgesenkt hatte.

      Ich spazierte ein Stück den leicht abschüssigen Flur nach unten. Graue Wände, angelaufenes Metall und roter Sand in jeder Ritze. Ohne wirkliches Ziel bog ich wieder rechts ab, in einen Komplex, den ich noch nie betreten hatte, da der durch die ständige Wärme mumifizierte Leichnam eines Offiziellen mitten im Raum an einer Kette baumelte. Ein Haken war durch seine Rippen gejagt worden.

      Doch der Körper war bereits so verdörrt, dass er mir keine so große Angst mehr machte wie früher, als überall noch Blut und der Gestank des Todes gewesen waren.

      Schnellen Schrittes ging ich an dem Toten vorbei und ignorierte das schmerzhafte Ziehen in meinen Knien, als ich mich unter einem zerquetschten Türstock hindurch bückte und auf der anderen Seite eine schmale Treppe nach unten stieg. Die spärliche Notbeleuchtung, die alle Teile der Station erhellte, flackerte an einigen Stellen und ich biss mir auf die Unterlippe. Am liebsten wäre ich sofort wieder umgekehrt.

      Ich war ein schwaches Gemüt. Auch wenn man behaupten könnte, dass ich nach all der Zeit unter Verbrechern und Mördern, nach all den Fleischwunden und gebrochenen Knochen, die ich behandelt hatte, langsam mal ein bisschen abgehärtet sein müsste, war ich es nicht. Ich war klein, mit hochgezogenen Schultern, einem schüchternen Blick und erschreckte mich sogar häufig vor meinem eigenen Schatten.

      Im dämmrigen Schein der Notbeleuchtung machte ich eine farblose Metalltür aus, die sich nur schwach von den Wänden des Ganges abhob. Sie war zwar unverschlossen, doch die Schienenführungen waren verrostet und verbogen, СКАЧАТЬ