Название: Die Ernährungs-Zahnbürste
Автор: Johan Wölber
Издательство: Автор
Жанр: Здоровье
isbn: 9783962571870
isbn:
CHRISTIAN TENNERT
Ich selbst probierte über längere Zeit, meist Monate bis Jahre, verschiedene Ernährungsformen aus, da es mich stark interessierte, wie es mir mit einer bestimmten Ernährungsweise geht – also auch wie fit ich mich fühle, da ich sportlich sehr aktiv bin. Wichtig war mir auch, wie einfach oder schwierig die tägliche Umsetzung ist, wie ist es, wenn ich mal mit Freunden oder Bekannten essen gehe oder eingeladen bin. Mir ging es also nicht nur um die Gesundheit, sondern auch wie sozialkompatibel ich sein kann, wie zeitaufwendig die Zubereitung von Gerichten usw. ist. Das war für mich eine sehr spannende Reise.
Wir entschlossen beide, aus privatem und zahnärztlich-ärztlichem Interesse eine Weiterbildung zum Ernährungsmediziner bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin zu absolvieren und uns intensiv mit dem Einfluss der Ernährung auf den gesamten Körper auseinanderzusetzen. Eine solche Spezialisierung ist für Zahnärzte sehr außergewöhnlich, in Deutschland gibt es nur sehr wenige Zahnärzte, die diesen Weg eingeschlagen haben.
Dieses Buch soll Zahnärzten, Ärzten, Patienten und allen weiteren Interessierten anschaulich darstellen, wie Karies, Gingivitis und Parodontitis entstehen (Kapitel 2) und welche Rolle unsere moderne Ernährung und der Lebensstil bei diesen Erkrankungen spielt (Kapitel 3). Sie werden lernen, wie eine mundgesunde Ernährung gestaltet werden kann, die nicht nur vorbeugend, sondern auch unterstützend zur Therapie beiträgt (Kapitel 4) und wie eine Gesellschaft insgesamt besser mit dem Thema Ernährung und Gesundheit umgehen könnte (Kapitel 5). Und um Ihnen die Umsetzung einer mundgesunden Ernährung zu erleichtern, bekommen Sie eine Anleitung mit leckeren Rezepten und praktischen Tipps (Kapitel 6). Aber kommen wir zuerst noch mal zurück zu unserer anfangs gestellten Frage: Wer hat schon mal einen Affen mit einer Zahnbürste gesehen?
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EINE KLEINE GESCHICHTE DER MUNDERKRANKUNGEN
Betrachten wir unsere nächsten artverwandten Affen in freier Natur, so zeigen diese tatsächlich nahezu keine Karies und weitaus geringere Raten an Parodontitis, als wir es derzeit beim Homo sapiens sehen. Und auch die Funde in Marokko des bis dato ersten Homo sapiens von vor 300.000 Jahren weisen keine Karies und einen normalen Knochenverlauf um die Zähne auf. Und das ohne Mundhygiene und zahnärztliche Versorgung? Wir gehen davon aus, dass in Deutschland unter jungen Erwachsenen die Hälfte eine mittelschwere bis schwere Parodontitis und jeder dritte Zahn bereits Karieserfahrung hat.
Was ist passiert? Wir laden Sie ein zu einer spannenden Reise durch die Geschichte der Munderkrankungen und der Suche nach ihren Ursachen.
Wenn die meisten Menschen der Ansicht sind, dass eine schlechte Mundhygiene für Karies und Zahnfleischbluten verantwortlich ist, dann hat dieser Gedanke natürlich irgendwo seinen Ursprung. Eine der wahrscheinlich ersten Erwähnungen, dass eine »Bearbeitung« des Mundes mit einer Art Zahnpasta zur Prävention von Zahnerkrankungen sinnvoll ist, findet sich im ägyptischen Papyrus Ebers, was auf ca. 1.500 v. u. Z. datiert ist (mit Wissen von vor rund 4.000 Jahren). Und auch im antiken Griechenland widmete sich Hippokrates ca. 350 v. u. Z. dem Thema Mundhygiene. Seine empfohlene Rezeptur würde allerdings zu heutigen Zeiten wohl eher auf Ablehnung stoßen: Man verbrenne einen Hasen und zwei Mäuse, nehme aber vorher bis auf die Leber und die Niere alle Gedärme heraus. Die verkokelten Überreste sollten dann als Zahnpasta für »saubere Zähne und einen süßen Mundgeruch« verwendet werden.1
Dann kam die Zeit des Mittelalters – und da war es, was das Thema Mundhygiene angeht, eher finster. Erst in einem Buch eines unbekannten deutschen Verfassers mit dem Titel »Die Zene Artzney« aus dem Jahr 1530 wurde auf die Mundgesundheit eingegangen und empfohlen, den Mund mit gebranntem Kalk und Essig zu spülen. Der Zahnbelag schien also schuld an allem Übel zu sein. Als sich mit dem Beginn der Renaissance die Wissenschaft und die technischen Möglichkeiten rasant weiterentwickelten, begannen einige Forscher, sich diesen Zahnbelag genauer anzuschauen.
Im Gegensatz zum Homo sapiens hat dieser Affe »nur« eine Ernährungs-Zahnbürste.
Karius und Baktus
Schon lange bevor der Norweger Thorbjörn Egner 1949 in einem Kinderbuch »Karius und Baktus« zum Leben erweckte, wurde Bakterien die Schuld in die Schuhe geschoben. Wie kam es dazu?
Karius und Baktus und ihr Erfinder Thorbjörn Egner.
Es war im Jahr 1683, als der holländische Naturforscher und Weiterentwickler des Mikroskops Antoni van Leeuwenhoek in einem Brief an die Royal Society in London die ersten Bakterien beschrieb. Er machte damals schon die Bemerkung, dass der ganze Mundraum voll von ihnen sei und dass sein Zahnfleisch bei guter Reinigung nicht blute.
Einige Berichte zeigten, dass Zucker und süße Lebensmittel im 16. Jahrhundert sehr rar waren. Es galt sogar als schick, sich in niederen Bevölkerungsschichten die Zähne schwarz zu färben. Denn nur wer vermögend war, konnte sich Zucker und Süßes leisten. Heute gilt dies für weiße Zähne und der Handel mit Zahnaufhellungsprodukten floriert.
Trotz der bakteriellen Erkenntnis waren die folgenden Jahre zahngesundheitsmäßig gesehen eher als mau zu bezeichnen. Einen Tiefpunkt menschlicher Mundgesundheit erreichte dabei der Sonnenkönig Ludwig der XIV. (1638 bis 1715)2. Die königliche Ernährung setzte dem Monarchen so zu, dass so gut wie jeder Zahn kariös wurde. Da das damalige Therapiekonzept seines Hofzahnarztes lediglich die Zange kannte, wurden dem König nach und nach alle Zähne gezogen. Dabei brach der königliche Kiefer und ihn begleitete von nun an eine unangenehm riechende Fistel, aus der ständig eitriges Sekret abfloss. Zudem lief ihm bei Genuss eines Glases Wein derselbige durch den löchrigen Oberkiefer wieder aus der Nase heraus. Wahrscheinlich kein Wunder, dass keine Bilder von einem lächelnden Monarchen angefertigt wurden. Stellen Sie sich vor, Sie hätten Ludwig als Tischpartner gehabt. Wusste der oberste Mann im Staate denn nicht, was er sich mit seiner Ernährung antat?
Antoni van Leeuwenhoek, der als Erster Bakterien beschrieb.
Was hätten uns wohl unsere Jäger-und-Sammler-Vorfahren zu diesem Thema berichtet? Dass sie Zahnbürsten brauchten? Dass sie Mundgeruch oder Zahnschmerzen hatten? Wahrscheinlich nicht. Wie Sie gleich sehen werden, wurde der Einfluss der Nahrung auf die Zahngesundheit menschheitsgeschichtlich erst relativ spät entdeckt. Zuvor galt die Annahme, dass der Zahnverfall völlig normal sei und er den Menschen nun mal sein Leben lang begleite. Aber wurden nach dieser Entdeckung Gegenmaßnahmen eingeleitet? Sollte etwa auf Zucker verzichten werden? Schauen wir, wie es weitergeht.
Ludwig СКАЧАТЬ