Krimi Jahresband 2020 - 11 Spannungsromane in einem Band!. Frank Rehfeld
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Читать онлайн книгу Krimi Jahresband 2020 - 11 Spannungsromane in einem Band! - Frank Rehfeld страница 34

СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      „Viel Spass bei der spannenden Lektüre“, wünschte sie mit abgefeimtem Lächeln.

      „Der Spass liegt ganz auf deiner Seite, June“, gab Bount ungerührt zurück. „Du darfst dich nämlich allein da durchwühlen.“

      Er berichtete, dass er am nächsten Morgen nach New Mexico fliegen würde, was June zu einem Schmollen veranlasste.

      „Und mich nimmst du natürlich wieder mal nicht mit. Die spannenden Sachen erledigt natürlich der große Boss allein. Wann wirst du zurück sein?“

      „Kann ich noch nicht sagen. Jedenfalls brauchst du mit der Arbeit nicht auf mich zu warten.“

      4

      Mabel Taylor sah ihre Mutter ungläubig an.

      „Du machst dich über mich lustig, Mam“, sagte sie kopfschüttelnd. „Ich kenne keinen Mister Stanley. Wie käme also ein wildfremder Mensch dazu, mich in seinem Testament zu bedenken?“

      Gladys Taylor deutete auf das Schriftstück in ihrer Hand.

      „Aus dem Schreiben geht hervor“, erklärte sie, „dass James Stanley ein Vetter deines Vaters war. Du bist seine einzige, wenn auch nur entfernte Verwandte und erbst demzufolge sein gesamtes Vermögen.“

      „Vermögen! Kannst du dir einen von Dads Verwandten vorstellen, der ein Vermögen zu vererben hat?“ Das schwarzhaarige, grazile Mädchen ließ seine dunklen Augen aufblitzen. „Warum war dieser Vetter denn nicht da, als Dad Hilfe brauchte?“

      „Das weiß ich nicht, und darauf werden wir wahrscheinlich auch nie eine Antwort erhalten. Vielleicht waren die beiden verfeindet. Dein Vater hat nie über James gesprochen. Ich hatte selbst keine Ahnung von dessen Existenz.“

      Sie betrachtete sinnend die beiden Flugtickets, die dem Brief vom Notar beilagen.

      „Das sieht nicht danach aus, als würde sich jemand einen Spass mit uns erlauben. Uns entstehen keinerlei Reisekosten, zumal wir auf der Ranch untergebracht werden, bis die Formalitäten erledigt sind.“

      Das hatte etwas für sich. Mabel sah auch keinen Sinn darin, ein paar hundert Dollar für einen geschmacklosen Witz auszugeben. Die Tickets waren echt.

      „Woran ist dieser Stanley eigentlich gestorben?“, wollte sie wissen.

      Ihre Mutter, eine zweiundvierzigjährige Frau mit weichen Formen, hob die Schultern.

      „Davon steht nichts hier. Es ist lediglich von rätselhaften Umständen die Rede.“

      „Merkwürdig. Genau wie bei Dad.“

      „Wie meinst du das?“ Gladys Taylor wurde überraschend heftig.

      Mabel zuckte erschrocken zusammen. Sie hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Sie hatte dieses Thema nie anschneiden wollen. Zu genau erinnerte sie sich noch die häufigen Polizeibesuche im elterlichen Haus, nachdem man den Leichnam ihres Vaters vor über einem Jahr aus dem Lake Payette geborgen hatte. Sie überhörte die Frage, um unerfreuliche Diskussionen zu vermeiden. Ihr Vater war tot. Der Lieutenant hatte die Akte mit der Begründung geschlossen, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Selbstmord wegen finanzieller Schwierigkeiten gehandelt habe. Fremdverschulden könne nicht nachgewiesen werden.

      An den Schwierigkeiten hatte sich seitdem nichts geändert. Dad war tot, nur die Schulden, die er hinterlassen hatte, mussten bezahlt werden. Dank beachtlicher Zinssätze gediehen sie prächtig. Eine Erbschaft käme da wie gerufen.

      Mabel streckte die Hand nach dem Brief aus. Sie las ihn noch einmal Zeile für Zeile, wurde dadurch aber nicht klüger. Notar G. F. Borner war ihr kein Begriff. In Arizona war sie auch noch nie gewesen. Alles blieb ein Rätsel. Aber ihr Name, der in dem Schriftstück genannt wurde, stimmte. Auch ihr Geburtsdatum und ihre Anschrift. Eine Verwechslung schied daher wohl aus.

      „Was wirst du tun?“, fragte ihre Mutter leise. „Es ist deine Erbschaft. Du allein hast das Recht, sie anzunehmen oder abzulehnen.“

      Mabel fiel der Älteren um den Hals. Sie wusste, wie schwer die Forderungen der Gläubiger diese Frau drückten. Schon ihretwegen musste sie sich an den Strohhalm klammern.

      „Es kostet ja nichts“, sagte sie, „wenn wir uns einmal anhören, was uns Mister Borner zu erzählen hat.“

      5

      Die Maschine landete pünktlich.

      Bount hatte während des Flugs versucht, sich seinen Klienten vorzustellen. Als er James Stanley gegenüberstand, stellte er fest, dass seine Erwartungen von der Wirklichkeit nicht wesentlich abwichen. Der Rancher mochte ungefähr fünfundfünfzig Jahre alt sein. Sein Haar war schlohweiß, sein Gesicht von der Sonne gegerbt. Ein Paar tiefschwarze Augen musterten den Detektiv. In ihnen spiegelte sich Unruhe. Der Mann wirkte gebrechlich, doch als er mit ausgestreckter Hand auf Bount zuging, strafte er diesen Eindruck Lügen. Er bewegte sich sicher und zielstrebig. Als Geschäftspartner war er bestimmt nicht zu unterschätzen.

      „Ich bin so froh, Mister Reiniger“, sagte er zur Begrüßung, „dass Sie gekommen sind. Sie glauben gar nicht, was in der Zwischenzeit alles passiert ist. Ich fürchte, ich werde noch verrückt.“

      „Wieder ein Mordanschlag?“, fragte Bount.

      Der Rancher schüttelte den Kopf.

      „Das nicht. Dafür habe ich das Haus voller Leute, die ich überhaupt nicht kenne. Es ist sogar eine Miss Taylor darunter, die mich beerben will. Sie behauptet, ich sei ein Vetter ihres verstorbenen Vaters. Außerdem konnte sie ein notarielles Schreiben vorweisen, aus dem hervorgeht, dass ich unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen bin. Ist das nicht beängstigend? Irgendjemand tut so, als wäre ich bereits tot. Auch ein Geistlicher wurde bestellt. Und ein Arzt für den Totenschein. Von den anderen Leuten will ich gar nicht erst reden. Keiner von denen ist mir bekannt.“

      „Nun gut“, meinte Bount. „Der Irrtum ist aufgeklärt. Sie leben zum Glück noch. Also haben Ihre ungebetenen Gäste keinen Grund, länger zu bleiben.“

      Der Rancher lachte freudlos.

      „Wenn das so einfach wäre. Diese Geier wittern Geld. Der Verdacht wurde laut, dass ich gar nicht der richtige James Stanley bin und nur dessen Rolle spiele, um mich in den Besitz seiner Ranch zu bringen.“

      „Was aber nicht stimmt.“

      „Na, hören Sie! Ich kann Ihnen meine ganze Lebensgeschichte erzählen. Meine Nachbarn kennen mich und können meine Identität bestätigen. Außerdem besitze ich eindeutige Dokumente. Ich glaube aber nicht, dass diese Beweisführung erforderlich ist. Diese Menschen wissen sehr genau, dass ich nicht geschickt genug wäre, die Rolle eines Schwindlers und Betrügers zu spielen. Einer von ihnen ist hergekommen, mich umzubringen. Davon bin ich mehr denn je überzeugt.“

      Bount wischte sich mit einem Tuch den Schweiß aus dem Nacken. Die Mittagshitze New Mexicos machte ihm zu schaffen.

      „Keine Sorge, Mister Reiniger“, tröstete James Stanley. „Wir bleiben nicht in dieser fürchterlichen Gegend. Ich habe nur aus Sicherheitsgründen diesen neutralen Treffpunkt gewählt. СКАЧАТЬ