Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker
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      Am späten Nachmittag traf sich Berringer noch einmal mit Vanessa und Mark im Büro der Detektei.

      „Ich habe Commaneci auf Schritt und Tritt verfolgt“, berichtete Mark Lange. „Unter anderem bis in den Krefelder Osthafen. Und ich hab mich ein bisschen umgehört. In ein paar Tagen läuft da irgendwas, worin Commaneci und die Garol ImEx ihre Finger haben. Genaueres kann ich vielleicht noch erfahren.“

      „Gut.“ Berringer nickte und wandte sich an Vanessa. „Gibt es irgendwas Neues an der Avlar-Sport-Front?“

      „Da scheint mehr oder weniger die Panik ausgebrochen zu sein“, erläuterte sie.

      „Offenbar hat Frank Severin ein ziemliches Chaos hinterlassen. Da geht zurzeit nicht nur die Kripo ein und aus, sondern auch die Steuerfahndung. Ich hab mich mit verschiedenen Mitarbeitern unterhalten, und nach deren Aussagen gab es regelmäßig diese dubiosen Lieferungen von Billigklamotten, die am Verkaufschef vorbei weiterverscherbelt wurden. Severin hatte aus irgendeinem Grund Narrenfreiheit in dem Unternehmen. Er hat sich einmal 100.000 Euro vom Firmenkonto geliehen -

      wenn geliehen überhaupt der richtige Ausdruck ist.“

      „Ein Darlehen, von dem der Darlehensgeber nichts weiß, nennt man auch wohl Diebstahl“, brummte Berringer.

      „Ja, aber Peter Gerath hat das offenbar nicht so gesehen, als die Sache rauskam. Alle dachten, jetzt fliegt der Severin. Und offenbar wäre er selbst auch kaum traurig darüber gewesen.“

      „Aber Gerath hat Schwamm drüber signalisiert“, vermutete Berringer.

      „Es gab wohl eine ziemlich heftige Aussprache zwischen beiden – und zwar in Severins Büro bei Avlar Sport. Die Auseinandersetzung war so laut, dass man zumindest die Tonart noch im Vorzimmer registrieren konnte. Tatsache ist aber, dass Severin bis zuletzt in seinem Chefsessel saß, obwohl er als Geschäftsführer eigentlich untragbar war und sich aufgeführt hat, als gehörte ihm der Laden.“

      „Sehr interessant“, meinte Berringer. „Ich habe sowieso das Gefühl, dass die Geraths mir nicht alles gesagt haben. Was ist mit Severins Verhältnis zu Frau Gerath? Bist du da irgendwie weitergekommen?“

      „Nicht besonders. Da mag auch keiner drüber sprechen.“

      „Hast du eine Ahnung warum?“

      „Wahrscheinlich, weil alle wissen, dass sie jetzt mit Peter Gerath gut auskommen müssen und sich niemand in die Nesseln setzen will. Auf der anderen Seite waren das wohl nur Gerüchte. Was wirklich Konkretes wussten wohl nur sehr wenige Leute.“

      „Unter anderem vom Pförtner.“

      Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß, dass du es nicht gerne hörst, wenn ein Klient in Verdacht gerät und die Möglichkeit besteht, dass die Detektei für einen Mörder tätig ist ...“

      Berringer hob die Augenbrauen. „Du verdächtigst Peter Gerath?“

      „Gib zu, dass er durch das, was ich gehört habe, noch ein weiteres Motiv gehabt hätte, Severin umzubringen.“

      „Umbringen zu lassen“, ergänzte Berringer. „Für die Tatzeit hat er nämlich ein verdammt gutes Alibi – mich.“

      „Natürlich.“

      Berringer kratzte sich am Hinterkopf. „Jedenfalls werde ich unserem Auftraggeber ein paar drängende Fragen stellen müssen.“

      Für Berringers Mitarbeiter war Feierabend, für ihn selbst noch nicht. Er fuhr noch einmal zu dem Reihenhaus in Unterbilk, wo er den Halter des Golf lokalisiert hatte, und klingelte.

      Das Kläffen eines Hundes verkündete, dass jemand zu Hause war. Der Ford in der Einfahrt, dessen Kofferraum offen stand und in dem sich noch zwei schwere Reisetaschen befanden, sprach wiederum dafür, dass Gabriele Hoffmann tatsächlich ein paar Tage im Urlaub gewesen war, wie der Rentner behauptet hatte.

      Ein Mann öffnete die Tür und hielt den Münsterländer am Halsband. Das Tier schien ziemlich ungebärdig zu sein. Für die Jagd wohl kaum geeignet, dazu mangelte es ihm entschieden an Disziplin.

      „Was ist?“, fragte der Mann. Der Kerl war groß, dunkelhaarig, wirkte muskulös und war sicher zwei Köpfe größer als der unscheinbare Hänfling, der den Golf gefahren hatte.

      „Ich hätte gern mit Gabriele Hoffmann gesprochen.“ Eine Frau tauchte im Hintergrund auf. Sie hatte langes blondes Haar, das ihr offen über die Schultern fiel und seidig glänzte. Berringer schätzte sie auf etwa dreißig, den Mann vielleicht fünf Jahre älter.

      „Soll ich mal den Hund nehmen?“, fragte sie.

      „Ja, sperr ihn in die Toilette.“

      „Okay.“

      Sie verschwand mit dem Tier und kehrte einen Augenblick später ohne Hund zurück.

      „Sagen Sie mir, was Sie auf dem Herzen haben“, forderte der Mann Berringer auf,

      „aber fassen sie sich kurz. Alexandra und ich haben eine lange, anstrengende Fahrt hinter uns, und was ich jetzt am wenigsteten brauchen kann, ist zusätzlicher Stress.“

      „Ihre Frau heißt nicht Gabriele?“, wunderte sich Berringer.

      „Alexandra ist meine Lebensgefährtin. Und, nein, sie heißt nicht Gabriele!“

      „Aber ...“

      „ Ich bin Gabriele Hoffmann!“, erklärte der Mann zu Berringers Überraschung. Er verdrehte entnervt die Augen und seufzte. „Es ist immer das Gleiche. Mein Vater kommt aus der italienischen Schweiz, wo ich als Kind gelebt habe. Und im Italienischen ist Gabriele nun mal ein Männername, so wie Andrea oder Simone.“ Berringer lächelte entschuldigend. „Es geht um den Golf, den Sie besitzen. Haben Sie ihn gegenwärtig an jemanden verliehen?“

      „Wer sind Sie überhaupt? Warum stellen Sie solche Fragen?“, wollte Gabriele Hoffmann wissen, und in seiner Stimme lag ein deutlich aggressiver Unterton.

      „Schatz, dass muss der aufdringliche Typ sein, von dem uns Herr Kremers erzählt hat“, meinte Alexandra und sah daraufhin Berringer direkt an. „Sie waren doch gestern schon mal hier, oder?“

      „Ja.“

      „Herr Kremers sagte, es ginge um eine Verkehrsangelegenheit.“

      „Richtig. Ich bin Privatdetektiv und ermittle in einer Fahrerfluchtsache.“

      „Macht so etwas nicht die Polizei?“, fragte sie misstrauisch.

      „Mein Klient hat nicht so viel Vertrauen in deren Bemühungen.“ Gabriele Hoffmann wechselte mit seiner Lebensgefährtin einen ziemlich genervten Blick und knurrte: „Kaum zu Hause, und schon wieder urlaubsreif!“

      „Ich hab dir gleich gesagt, dass das mit Matti nur Schwierigkeiten bringt.“

      „Er ist mein Kumpel!“

      „Du siehst ja, was du davon hast. Nichts als Ärger.“

      „Klar, СКАЧАТЬ