Название: Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket
Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783745212730
isbn:
4
»Okay, Bob wir haben die Position erreicht!« Der Pilot drehte sich um und reckte den Daumen nach oben. »Hals und Beinbruch!«
Bob winkte und schob sich die Schutzbrille nach unten über die Augen. Der Flugbegleiter riss die Tür der kleinen Maschine auf. »Guten Flug, Dr. Erikson!«
Bob klammerte sich mit seinen in dicken Lederhandschuhen steckenden Händen am Türrahmen fest. Nur einen Augenblick sah er auf den grünen Flickenteppich etwa 3.000 Fuß unter sich. Dann stieß er sich ab.
Er breitete die Arme aus und streckte die Beine leicht gegrätscht von sich. Und schon stabilisierte er sich in der X-Lage und rauschte bäuchlings in die Tiefe. Die Luft zerrte an seinem Overall, und er gab sich ganz dem Anblick hin, der sich ihm bot.
Unter ihm breitete sich die von zahlreichen Seen durchbrochene Waldlandschaft des Nordzipfels von New Jersey aus. Im Osten, über dem Atlantik, dämmerten die ersten Grauschleier der Nacht herauf.
Etwas weiter nördlich wölbte sich die Dunstglocke, unter der der Big Apple vor sich hin stank. Im Westen stand der Glutball der Sonne über dem Horizont.
Bob liebte es, um diese Stunde zu springen, wenn der Tag zu Ende ging und die Sonne ihr mildes Abendlicht auf Wälder, Städte und Straßennetze streute. Und für wenige Augenblicke die Illusion gestattete, die Welt dort unten sei ein hübscher, friedlicher Ort, an dem man ohne Angst vor Kriminellen, Fanatikern, Militärs, verrückten Politikern und Finanzbehörden leben konnte.
Ein rauschhaftes Hochgefühl überkam ihn. In solchen Momenten vergaß Bob, dass knapp zwei Autostunden entfernt, unter dieser hässlichen Dunstglocke, in einem Haus, das sein Haus war, eine Frau, die seine Frau war, es gerade mit einem ihrer Lover trieb, und irgendwo in der Upper East Side dieser verdammten Stadt Manager, deren Chef er war, sich in diesem Augenblick überlegten, wie sie ihm morgen wieder ans Bein pinkeln konnten.
Er schlug einen Rückwärtssalto. Und noch einen. Und noch einen. Versuchte einige Spiralen zu drehen und schrie dabei vor Begeisterung laut und anhaltend. Dann ging er zurück in die Freifallhaltung.
Die dunkle Wand über dem Meer hatte sich näher geschoben, und die Sonne schien den Horizont jetzt zu berühren.
Er genoss noch einige Sekunden lang dieses unbezahlbare Gefühl von Freiheit und versuchte dann den Wagen auszumachen, den sein Sohn am Rand der Lichtung dort unten geparkt hatte. Als er den winzigen Farbtupfer entdeckte - seinen Sohn selbst konnte er noch nicht erkennen - zog er die Leine. Er bereitete sich auf den typischen Ruck vor, mit dem er in die Brust und Schultergurte stürzen würde, wenn sich der Schirm öffnete.
Doch nichts dergleichen geschah.
Erstaunt schaute Bob nach oben. Der Schirm hatte sich nicht geöffnet!
Das war ihm in über 20 Jahren Fallschirmspringen erst zweimal passiert. Einmal in Panama, als er mit der Army dort stationiert war, und das zweite Mal vor acht Jahren, an seinem 45. Geburtstag.
Trotzdem tat Bob instinktiv das, was ihm der Colonel eingeschärft hatte, bei dem er das Fallschirmspringen gelernt hatte: Er riss an der Leine für den Notschirm.
Schlagartig verwandelte sich die durchtrainierte Blutpumpe in seiner Brust in einen Eisklumpen - auch der Notschirm öffnete sich nicht!
Die Kälte schoss ihm bis in die Zehenspitzen und auch in die Wurzeln der wenigen Haare, die ihm noch geblieben waren.
Er zerrte an den Leinen, er brüllte vor Panik, er schlug mit beiden Händen auf den Verpackungssack auf seinem Rücken - es tat sich absolut nichts. Nichts.
Bob riss die Augen auf und sah die Baumwipfel auf sich zurasen. Sein Gezappel hatte ihn ein wenig abdriften lassen. Die Lichtung, auf der er landen wollte, lag plötzlich viel zu weit rechts.
Noch höchstens zehn Sekunden, schoss es ihm durch den Kopf, und als würde mit einem Mal eine lang verschlossene Tür in seinem Schädel aufspringen, ergossen sich hunderte von Bildern in seine Hirnwindungen: Bob bei der Feier anlässlich seiner Berufung in die Geschäftsführung, Bob mit einem Säugling im Arm, Bob mit seiner Braut Muriel im Portal der lutherischen Kirche, Bob mit Doktorhut, Bob mit seiner Basketballmannschaft im College, Bob auf seinem ersten Fahrrad, Bob im Laufstall, Bob... Das letzte Bild überflutete sein Hirn mit wohliger Wärme, die sich fast zärtlich in seinem ganzen Körper ausbreitete - ein Gesicht. Es war das schönste Gesicht, das er je gesehen hatte, das Gesicht einer Frau - seiner Mutter...
Er spürte keinen Schmerz, als er mit der Geschwindigkeit einer Granate in das starke Geäst einer Eiche einschlug.
Die Äste zertrümmerten seine Wirbelsäule und seine Rippen in Dutzende von Knochenfragmente...
5
Milo wirkte, als hätte er zehn Stunden am Stück durchgeschlafen. Dass das nicht der Fall sein konnte, lag auf der Hand: Bevor er an diesem Dienstagmorgen zu mir ins Auto stieg, winkte er zu seinem Fenster hoch, von dem aus eine junge Dame zurückwinkte Kate, der neue Stern am Himmel unseres FBI Distriktes.
»Hat sie frei heute?«, fragte ich vorsichtig.
Er bestätigte und schwärmte mir dann so wortreich von der Lady vor, dass ich erst wieder zu Wort kam, als wir die Tiefgarage am Federal Plaza erreichten. Offenbar war er total verliebt. Seine Euphorie schien mir fast ein bisschen übertrieben.
Aber ich beruhigte mich, indem ich mir in Erinnerung rief, dass ich die Welt und gewisse Frauen darauf ähnlich lobenswert zu finden pflegte, wenn Amor mich von Zeit zu Zeit erwischte. Beruhigend daran war vor allem die Erfahrung, dass sich solch exotische Zustände nach ein paar Tagen oder Wochen wieder legten. .
Als wir dann allerdings vor dem Büro unseres Chefs Mandy begegneten, trat Milo vor lauter rosa Laune in ein gewaltiges Fettnäpfchen. »Guten Morgen, Mandy!«, tönte er strahlend. Und dann: »Ein neues Kleid! Steht Ihnen wahnsinnig gut!«
Mandy trug das dunkelgrüne Midikleid mit dem angedeuteten Schlitz auf der linken Seite und dem eigenartigen Glanz, der ihm etwas Kunststoff artiges verlieh. Sie hatte es vor zwei Jahren zum ersten Mal an, als unser Chef sein - ich weiß nicht wievieltes - Dienstjubiläum feierte.
Ich hatte das Kleid deswegen nie vergessen, weil es mich schon damals an eine Tante erinnerte, die sich gerne in ähnlich grünen Stoff hüllte und die immer fromme Lieder mit mir singen wollte, wenn sie zu Besuch kam. Ich hatte von einer Kollegin erfahren, dass irgendein verflossener Lover, den Mandy nicht vergessen konnte, ihr dieses Kleid geschenkt hatte. Anders war auch wirklich nicht zu erklären, dass sie sich nicht von dem grünen Ding trennen wollte.
Jedenfalls errötete sie leicht, deutete ein Nicken an, und verschwand im Vorzimmer.
Milo sah mich fragend an. Die Chance, ihn auf den Teppich zu bringen, schien mir günstig, und ich erzählte ihm, was ich über das Kleid wusste. Danach war mein Partner wesentlich ruhiger.
Die anderen liefen nach und nach ein, und wir versammelten uns im Büro von Mr. McKee.
Der Chef hörte sich unseren Bericht mit unverhohlener Befriedigung an. »Gute Arbeit, Gentlemen, gratuliere!«
Mandy kam mit einer Kanne Kaffee herein. Ich registrierte erleichtert, dass sie СКАЧАТЬ