Название: Zu neugierige Mörder: 9 Krimis
Автор: Karl Plepelits
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783745213409
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Bount Reiniger parkte den Wagen in sicherer Entfernung von der Bar. Er stellte den Sitz so weit zurück, dass er fast lag. Den Innenspiegel regulierte er auf den Eingang des Tropical Inn ein, den Außenspiegel auf ein ganz bestimmtes Fenster in der Etage über der Kneipe.
Dieses Fenster gehörte, wie er sich geschickt informiert hatte, zu einem Zimmer, das Kessy benutzte. Hier sollte die Bombe platzen.
Bount Reiniger machte es sich bequem und richtete sich auf eine lange Wartezeit ein. Er war nicht sicher, ob er bereits in der ersten Nacht Glück haben würde, doch er wollte nichts unversucht lassen. Immerhin ging es nicht nur darum, das geraubte Gold im Wert von ungefähr sechshunderttausend Dollar wieder heranzuschaffen, er wollte auch einem erbarmungslosen Killer das Handwerk legen.
Bount wurde nicht schläfrig. Der Gedanke an Jil Fernay hielt ihn munter.
Er behielt beide Rückspiegel im Auge. Ihm entging nichts. Er sah jeden neuen Gast kommen, er sah das dunkle Viereck im ersten Stockwerk, er sah die ersten Männer das Tropical Inn bereits wieder verlassen. Jil Fernay ließ sich nicht sehen.
Bount blickte auf die Uhr. Es war halb drei.
Ihm leuchtete ein, dass der Gangster nicht kommen würde, um sich volllaufen zu lassen. Falls er überhaupt auftauchte, dann ausschließlich wegen Kessy. Die aber hatte erst um vier Uhr an der Bar Feierabend. Dann wurde sie abgelöst und hatte Zeit für ihren gewinnbringenden Nebenerwerb.
Jil Fernay musste nur aufpassen, dass ihm niemand zuvorkam. Deshalb würde er nicht bis zum letzten Moment warten. Es sei denn, er hatte bereits eine Verabredung mit dem Girl getroffen.
Eine weitere halbe Stunde verstrich, ohne dass sich etwas Atemberaubendes ereignete.
Dann glitt ein Mercury heran. Er war fliederfarben und trug eine Menge Chromleisten. Der Schlitten zwängte sich in eine Parklücke. Die Rücklichter erloschen.
Bount Reiniger widmete dem Wagen die übliche Aufmerksamkeit. Nicht mehr und nicht weniger als den hundert anderen, die vor ihm in ähnlicher Weise vor der Kneipe gehalten hatten.
Erst als der Fahrer ausstieg, klingelte bei dem Privatdetektiv die Alarmglocke.
Jil Fernay.
Der Halunke war allein. Natürlich! Bei Kessy konnte er keinen Begleiter gebrauchen.
Der Mann ging mit elastischen Schritten auf den Eingang zu. Bevor er dahinter verschwand, warf er ein paar misstrauische Blicke nach allen Seiten. Er wusste, dass er ein Gejagter war. Doch das war für ihn kein ausreichender Grund, um auf die Annehmlichkeiten des Lebens zu verzichten.
Er setzte auf seine Skrupellosigkeit. Und auf seinen auf fragwürdige Weise erworbenen Reichtum, der ihn befähigte, in kritischen Momenten wichtige Leute zu kaufen und dadurch seinen Häschern ein Schnippchen zu schlagen.
Bount Reiniger rührte sich nicht. Ihm war zwar bewusst, dass das Tropical Inn auch einen Hinterausgang besaß, doch er glaubte nicht, dass Jil Fernay ihn benutzen würde. Noch gab es keinen ersichtlichen Grund dafür. Und wenn dieser Grund, nämlich er selbst, sichtbar wurde, würde der Hinterausgang für den Gangster unerreichbar sein.
Nach drei Uhr. Eine Stunde würde es wohl noch dauern, bevor hinter dem dunklen Viereck Licht aufflammte. Eine Stunde hatte er also Zeit, in das Haus zu gelangen. Nicht durch den Hintereingang und schon gar nicht durch die Vordertür.
Von dieser Stunde blieb Bount noch zwanzig Minuten im Wagen. Erst jetzt war er sicher, dass Jil Fernay sich länger aufhalten würde.
Er stieg aus, nachdem er die Spiegel für eine eventuelle Verfolgungsfahrt wieder in ihre ursprüngliche Stellung gebracht hatte. Er hoffte zwar nicht, dass es dazu kommen würde, doch rechnen musste man bei diesem Verbrecher mit allem.
Bount Reiniger hatte sich schon bei Tageslicht einen Überblick über die örtlichen Verhältnisse verschafft. Es bestand die Möglichkeit, eines der Fenster von außen zu erreichen.
Das Tropical Inn befand sich in einer üblen Gegend in der hundertsiebenundzwanzigsten Straße. Es wurde von Abbruchhäusern umgeben. In manchen harrten noch ein paar Unentwegte aus. In dem einen oder anderen befand sich sogar noch ein Laden im Kellergeschoss.
Männer, die ein Haus nicht durch die Tür betraten, waren hier nichts Ungewöhnliches. Niemand regte sich darüber auf. Keiner informierte die Polizei, die man in der 127 th ohnehin nur äußerst ungern sah.
Bount musste also nur darauf achten, dass er nicht vom Besitzer oder einem Angestellten des Tropical Inn erwischt wurde.
Er hoffte, dass das Fenster, auf das er es abgesehen hatte, wieder offenstand, und sah sich nicht enttäuscht. Das hätte ihn auch gewundert, denn es handelte sich um die Toilette.
Der Detektiv überprüfte den Sitz seiner Automatic in der Schulterhalfter. Dann nahm er einen kurzen Anlauf und sprang direkt gegen die Hausmauer.
Mit den Fingern langte er über sich und hing an einem weit vorstehenden Sims, an dem der Zahn der Zeit schon weidlich nagte, das sich für seine Absichten jedoch hervorragend eignete.
Er vollführte einen Klimmzug und hob seinen Körper in die Höhe, während ihm der morsche Putz durch die Finger rieselte.
Mit der Linken ließ er los und griff nach einer Reklametafel, auf der die verwitterten Reste eines Sonnyboys mit strahlendem Lächeln zu erkennen waren. Wofür der Bursche in früherer Zeit geworben hatte, ließ sich nicht mehr ergründen.
Bount Reiniger hing jetzt schief in der Luft. Er ließ sich seitlich hin und her pendeln, und in einem günstigen Augenblick wechselte auch die rechte Hand ihren Haltepunkt. Dadurch gelangte er ungefähr um einen Fuß höher. Er half mit kräftigem Schwung noch etwas nach, und nun gelang es ihm, sich auf das Sims zu setzen.
Was danach folgte, war – sportlich gesehen – ein Kinderspiel. Bount Reiniger zog die Beine hinterher und stellte sich auf. Es knirschte bedenklich unter seinen Schuhsohlen, doch die Verzierung hielt.
Er musste sich ziemlich weit recken, um das offene Fenster zu erreichen. Unangenehmer Geruch schlug ihm entgegen. Von Sauberkeit schien man nur dort etwas zu halten, wo dafür gezahlt wurde, und selbst das war nicht sicher.
Früher wurde das Fenster von einem stabilen Eisengitter gesichert, doch das war längst von jemandem, der diesen Ausgang als hilfreich erkannte, aus der Mauer gerissen worden. Niemand hatte es seither ersetzt.
Bount Reiniger sprang federnd auf den gefliesten Fußboden. Die Bodenplatten waren locker und ließen einen ärgerlichen Laut hören.
Für einen Augenblick verhielt Bount, doch nichts geschah.
Von unten drang Lärm herauf. Betrunkene Stimmen mengten sich in das Gequake der Musikbox. Hier oben war alles still.
Ein flüchtiger Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er nicht mehr viel Zeit verlieren durfte.
Er schlich zur Tür und spähte auf einen dunklen Gang, auf den lediglich von der Treppe her ein schwacher Lichtschein fiel.
Bount Reiniger verfügte über einen sehr guten Orientierungssinn. Er wusste genau, welche Tür zu СКАЧАТЬ