Название: Baltrumer Wattenschmaus
Автор: Ulrike Barow
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783839262467
isbn:
»Dann um zwei bei Ihnen.« Es passte auch Röder ganz gut in den Kram. Er würde sich in Kürze mit seinen Kollegen vom Festland erst einmal um das Grab kümmern müssen.
Ein Blick aus dem Fenster sagte ihm, dass er an diesem Morgen seine Regenklamotten getrost zu Hause lassen konnte. Im Osten der Insel stand die Sonne bereits am Himmel. In einer halben Stunde würde der Hubschrauber mit den Leuten vom Kriminaldauerdienst landen.
Er räumte die Reste des Frühstücks weg und setzte sich in sein Dienstzimmer. Die Büroarbeit hörte nicht auf. Er sortierte ein paar Unterlagen, schaute nach, ob wichtige E-Mails angekommen waren, und machte sich auf den Weg zum Flugplatz. Gerade landete eine Maschine. Der Pilot stieg aus und packte ein paar Pakete neben die Landebahn. Aha, der Zeitungsflieger, überlegte Röder. Der kam in der Saison jeden Morgen um 8.30 Uhr. Die Mitarbeiter der entsprechenden Geschäfte warteten bereits. Zügig beluden sie ihre Wippen und verließen den Platz. Röder stellte sein Rad ab und klopfte an die Tür des Towers.
»Komm rein«, hörte er Melanies Stimme. »Habe dich schon gesehen.«
»Ich wollte nur sagen, dass gleich ein Hubschrauber landet«, teilte er der Frau mit, die an diesem Morgen Dienst in dem kleinen Tower tat.
»Die Besatzung hat sich bei mir angemeldet«, erklärte sie. »Ist etwas passiert?«
Röder überlegte. Sollte er …? Warum nicht? Kramers, Tim Seebald und auch die Feuerwehrleute wussten von den Knochen. Also wussten es bereits Dreiviertel der Insulaner. Da war er sich ziemlich sicher.
»Nichts Spektakuläres«, winkte er ab, »nur ein seltsamer Knochenfund, der untersucht werden muss. Daher kommen die Kollegen vom Festland, nehmen den Fundort unter die Lupe und alles Relevante mit.«
In der Ferne hörte er bereits das dumpfe Schlagen der Rotoren. Er schloss die Tür, kurz darauf landete der Hubschrauber.
Martin Brinkmann und ein weiterer Mann kamen ihm lächelnd entgegen.
»Darf ich vorstellen: Lars Haltegrund. Er wollte unbedingt mal auf einer Insel Spuren sichern«, erklärte Brinkmann. »Ist es mal wieder soweit?«
»So sieht es aus«, erwiderte Röder. »Laden wir eure Sachen ein und gehen zum Friedhof. Auf dem Weg dorthin berichte ich, was euch erwartet.«
Brinkmann nahm einige Kisten aus dem Hubschrauber und lud sie in die Polizeiwippe. »Hat es hier gestern auch so sehr geregnet?«
»Ziemlich.« Röder erzählte von seiner durchnässten Kleidung. »Aber die Fundstelle ist abgesichert.«
Als sie den Friedhof erreicht hatten, sah Röder einige Menschen, die um das abgesperrte Areal standen.
»Was ist mit Kramers Grab?«, rief ihm eine der Frauen zu.
»Eine Ermittlung steht an«, gab er knapp Antwort. »Bitte verlassen Sie das Gelände.«
Nur langsam löste sich die interessierte Gruppe auf. Nur Tim Seebald blieb abwartend neben dem Zelt stehen.
»Gut, dass du da bist«, begrüßte der Inselpolizist den Totengräber.
»Braucht ihr einen Sarg und die Totenkutsche?«, fragte Tim.
»Warte ab. Ich denke nicht. Meine Kollegen werden die Grabstätte zunächst in Augenschein nehmen.«
Die Männer schoben das Zelt zur Seite und entfernten die Folie.
»Wo sind denn die Knochen?«, wunderte sich Brinkmann.
»Da. Im Grab.« Röder deutete auf das Viereck.
Haltegrund machte Fotos, während Brinkmann eine kleine Schaufel aus einer Metallkiste nahm. »Und wie tief?«, fragte er, als er Schicht für Schicht der trockenen Erde beiseiteschob.
Tatsächlich, je tiefer sie gruben, desto mehr Knochen holten sie aus der Erde. Sogar den Schädel fanden sie. »Das ist bestens«, sagte Brinkmann und hielt ihn hoch. »Wir haben, sehr gut erhalten, das Gebiss. Wenn die Person offiziell als vermisst gemeldet wurde, können wir mit ein bisschen Glück sehr schnell herausfinden, um wen es sich handelt. Die Knochen sind meines Erachtens ausgewachsen.«
Röders Telefon meldete sich. Hoffentlich eine gute Nachricht, dachte er und wurde belohnt. Es war sein Hilfssheriff. Genau genommen diesmal eine Kollegin, die ihn in den nächsten Wochen unterstützen und bereits am späten Nachmittag auf die Insel kommen würde. Er fragte sich kurz, ob es eine weibliche Form von Sheriff gäbe, aber es wollte ihm nichts einfallen. Anika Frederik. Interessanter Name. Er war gespannt auf die Kollegin.
»Also, wie geht es weiter?«
Martin Brinkmann deutete auf eine Metallkiste. »Hier hinein legen wir die Knochen und nehmen sie mit zur weiteren Untersuchung. Du bekommst so bald wie möglich Bescheid, wenn wir Neues haben. Wie es mit den Ermittlungen weitergeht, solltest du mit Müller besprechen.«
Lars Haltegrund hatte den Deckel der Kiste geöffnet. Sie war mit dickem Vlies ausgelegt. Dorthin platzierte er vorsichtig Knochen für Knochen. Dann zeigte er auf ein Stück Stoff. »Das befand sich auch im Grab. Wir nehmen es mit zur Untersuchung. Ach ja, es könnte sein, dass du die Besitzer des Grabes zur DNA-Probe bitten musst. Nur, damit wir sichergehen können, dass es sich nicht um jemanden aus der Familie handelt. Aber das kannst du mit Müller besprechen. Bei dem werden alle Informationen auf dem Schreibtisch zusammenlaufen.«
»Darf ich fragen, was hier vor sich geht?« Röder drehte sich um und sah die Pastorin, Nadja Recknagel, hinter sich auftauchen. Er hatte ganz vergessen, sie von dem Vorfall zu unterrichten. Das holte er nun nach. »Es ist sicher, dass hier nicht noch ein Familienmitglied beerdigt wurde?«, fragte er zum Schluss.
Tim Seebald lachte auf. »Michael, wenn es so wäre, hätte ich dir davon berichtet. Schließlich bin ich der Totengräber. Mir entgeht nichts.«
»Aha, wenn das so ist, dann kennst du die Umstände, wie und warum die Knochen hier lagen.«
»Ach, ich meine doch die offiziellen, also die richtigen …«, stotterte Tim, »ach was, du weißt schon, die Beerdigungen mit Pastorin und so.«
»Nun lassen Sie den armen Mann in Ruhe«, mischte sich Nadja Recknagel ein. »Er hat keine Ahnung und ich auch nicht. Auch wenn ich zugebe, dass ich schon gern wüsste, wer hier die Totenruhe gestört hat.«
»Ich hoffe, die Experten am Festland finden es heraus.« Röder deutete auf die beiden Männer, die Kisten und Taschen auf der Wippe verstauten. Zuletzt nahmen sie mit Tims Hilfe die längliche Metallkiste mit den Knochen darin und trugen sie zu den anderen Sachen. »Die Knochen gehen nach Oldenburg zur Untersuchung.«
»Dann braucht ihr die Totenkutsche also nicht?«, fragte Tim.
Röder überlegte, dann meinte er: »Ich denke nicht. Es ist meines Erachtens nicht respektlos, wenn wir die Überreste zügig und ohne großes Aufsehen zum Flugplatz bringen. Oder was denken Sie, Frau Recknagel?«
»Gehen Sie. Das ist schon in Ordnung«, erwiderte die Pastorin knapp. »Die schnelle Aufklärung der Sache ist viel wichtiger, um dem oder der Toten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.«
»Der Hubschrauber ist unterwegs. Kommst du mit, Michael?«, fragte Brinkmann.
»Natürlich. СКАЧАТЬ