Es war ein reiches Leben. Arthur Ernest Wilder-Smith
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Es war ein reiches Leben - Arthur Ernest Wilder-Smith страница 11

Название: Es war ein reiches Leben

Автор: Arthur Ernest Wilder-Smith

Издательство: Автор

Жанр: Биографии и Мемуары

Серия:

isbn: 9783958932708

isbn:

СКАЧАТЬ der Meinung, wenn für das Schulgeld zu wenig geliefert wurde, sollte man kündigen. Was die Kinder in der frühen Jugend verpassen, könnten sie später kaum mehr einholen. Man lernt am schnellsten und am gründlichsten vor und in den Pubertätsjahren. John und Charles Wesley konnten mit zwölf Jahren zur Universität Oxford gehen und dort studieren, weil sie schon Latein, Griechisch, etwas Hebräisch und Französisch konnten. Sie hatten all das von ihrer Mutter gelernt. Dass die heutige Jugend mit zwölf Jahren nichts oder sehr wenig von Mathematik, Sprachen und Grammatik weiß, liegt nicht allein an den Kindern selbst, sondern wahrscheinlich daran, dass sie an Stimulusüberflutung (zu viel Eindrücke von den Massenmedien, sodass das Informationsspeicherungs- und Wiedergabesystem mit der Informationsflut nicht mehr fertig wird) leiden. Dazu kommt die Tatsache, dass auch die Lehrer an der gleichen Krankheit leiden – zu viel Informationsflut durch die Massenmedien und durch billige, minderwertige Literatur.

      „Also“, meinten unsere Eltern, „schicken wir die Kinder auf ein Internat. Die Mädchen hatten auf einem Mädcheninternat mit guten Resultaten abgeschlossen. Lasst uns die Jungen auf ein Internat schicken, sonst werden sie nichts lernen und ihr Leben lang darunter leiden.“

      Im Internat müssen die Schüler um 21.00 Uhr ins Bett gehen, um 7.00 Uhr morgens aufstehen, sich kalt waschen, im Sommer und Winter bei offenem Fenster schlafen. Gute Umgangsformen werden ihnen auch beigebracht. Die Lehrer werden mit „Sir“ angeredet und die Lehrerinnen mit „Ma’am“ (Madame). Man geht vor einem Lehrer oder vor einem Mädchen nicht zuerst durch eine Tür. Und das schwächere Geschlecht gilt als unantastbar. Die meisten englischen Jungen und Mädchen aus besserer Familie gehen mit zwölf bis 13 Jahren auf ein solches Internat (Public School), das übrigens sehr privat und gar nicht „public“ ist.

      b) Taunton School

      So wurde beschlossen, dass wir Taunton School in Somerset, Westengland, besuchen sollten. Taunton School ist eine Privatschule mit Internat, die damals etwa 700 Jungen aller Altersgruppen von drei bis achtzehn Jahren unterbrachte. Die ganz kleinen Kinder wurden in einem Extra-Haus namens „Thone“ gepflegt. Warum gingen die Kinder so jung ins Internat? Der Grund war, dass England damals ein großes Kolonialreich war, das mit „Führungskräften“ versehen sein musste. Das Klima in diesen Teilen dieses Kolonialreiches war für Kinder ganz ungeeignet, sodass die Kinder in diesen Teilen der Erde nicht aufwachsen konnten. Oft gab es in solchen Kolonialgebieten überhaupt keine Schulen, die auf die englischen Colleges und Universitäten vorbereiteten. Die Beamten des englischen Kolonialreiches waren also auf Internate wie Taunton School, besonders auf Thone Junior School für die Drei- bis Neunjährigen, angewiesen. Es war oft ergreifend, zu beobachten, wie diese Kinder, drei Jahre und darüber, Sonntag für Sonntag hinter den größeren Jungen zur Kirche marschierten. Meist wurden sie in kleinen Gruppen von fünf bis zehn Jungen von einer älteren Lehrerin an der Hand geführt. Noch ergreifender waren die Szenen, die sich so oft wiederholten, wenn die Eltern drei bis fünf Jahre lang wegfahren mussten. Man konnte damals nicht in ein paar Stunden nach Indien fliegen und dann zum freien Wochenende – mitten in jedem Trimester gab es ein solches freies Wochenende – die Kinder besuchen. Während dieses Wochenendes durften die Eltern, die in der Nähe wohnten, ihre Kinder besuchen oder sie nach Hause nehmen. Die ganz kleinen Kinder kannten ihre Eltern gar nicht mehr, wenn diese sie nach drei bis fünf Jahren besuchen kamen …

      Mütter standen dann vor ihren eigenen Kindern, die keine Ahnung hatten, wer oder was Eltern waren. Dort haben mein Bruder und ich gelernt, was es bedeutet, eine Familie und Vater und Mutter hinter sich zu wissen. Die „Thone-Kinder“ konnte man immer erkennen, wenn sie später durch die „Middle-“ und „Senior-School“ gingen. Es war irgendwie auf ihren Gesichtern geschrieben: „Ich bin ein unterprivilegiertes Kind; ich kenne keine Familie.“ Als unsere eigenen Kinder in die Pubertät kamen, standen wir vor ähnlichen Problemen. In der Schweiz durften sie nicht Medizin studieren; als Ausländer konnten sie kein schweizerisches medizinisches Diplom erwerben, nur ein Fakultätsdiplom, das sie weder in der Schweiz noch im Ausland zu irgendeiner medizinischen Praxis berechtigt hätte. Deshalb entschieden wir uns, sie alle, auch unsere Tochter, mit 13 oder 14 Jahren nach England in ein Internat zu senden. Wenn sie bis zum Pubertätsalter in ihrer eigenen Familie erzogen worden sind, lernen sie im Internat Vater und Mutter und die Familie mehr schätzen, als wenn sie nie von der Familie fort waren. Die meisten europäischen Kinder können es mit 16 oder 17 Jahren kaum erwarten, bis sie von zu Hause wegziehen und ein eigenes Zimmer bekommen. Unsere Kinder hängen viel mehr an ihrem Zuhause. Sie kommen gern wieder nach Hause, um wieder „Kind“ sein zu dürfen, obwohl sie alle längst Herr Doktor bzw. Frau Doktor sind.

      Im heutigen Internat, so wie unsere Kinder ihre Internate kennen lernten, ist die Situation ähnlich wie damals vor 50 Jahren, als ich im Internat war – aber aus ganz anderen Gründen. In jedem Internat findet man heute noch Kinder, die „unterprivilegiert“ sind, weil sie keine Familie mit Vater und Mutter kennen. Nicht aber, weil England ein Kolonialreich ist, sondern weil England ein Land für Ehescheidungen geworden ist. Im Internat findet man die Kinder aus geschiedenen Ehen. Vater und Mutter können sich nicht mehr vertragen, haben zwei oder mehr Kinder. Was soll mit ihnen geschehen, die jetzt nicht mehr erwünscht sind? Das Zuhause wurde vor der Nase der armen Kinder aufgelöst. Kein Zuhause ist mehr vorhanden, von wo aus die Kinder zur Schule gehen können. Man stopft sie deshalb in irgendein Internat zur „Lösung“ des Problems. Das Resultat ist aber gleich, ob die Scheidung oder das Kolonialreich die Ursache ist. Es steht auf den Gesichtern dieser „unterprivilegierten“ Kinder buchstäblich geschrieben: „Ich kenne die Wärme einer Familie, eines Vaters oder einer Mutter, die mich wollen, nicht.“

      Wir haben unseren Kindern sehr betont beigebracht, dass man sich solcher armen Kinder annehmen muss und darf. Die meisten Internate führen Doppelzimmer, – wenigstens in den höheren Altersgruppen. Der Senior in einem solchen Zimmer darf seinen Zimmerkameraden wählen. So wählten unsere Kinder oft „unterprivilegierte“ Kinder und zeigten diesen die Familienliebe, luden sie zum Beispiel über Weihnachten zu uns nach Hause ein. Die Sommerferien wurden auch nicht vergessen, denn niemand wollte solche Kinder; sie waren auch oft schwierig, weil sie unter Komplexen verschiedenster Art litten. Solche Kinder sind also zu uns auch über Weihnachten nach Hause gekommen, haben bei uns Skifahren gelernt, sind mit der Familie im Sommer zelten gegangen. Wir kennen durch die Internate eine Menge solcher Kinder, die uns jetzt noch als ihre Eltern ansehen. Einer bat uns in einem Brief förmlich, ob er uns von jetzt an „Dad und Mum“ nennen durfte. Eine Anzahl sind durch diesen Familienersatzdienst bewusste Christen geworden. Einer hat in letzter Zeit den Schritt in die Ehe getan – er fand ein gläubiges Mädchen, und die beiden wollten eine Familie gründen, die das bietet, was sie selbst nie als Kinder erfahren konnten.

      2. Das Leben im Internat

      Taunton School war ursprünglich eine Schule, die nicht der anglikanischen Staatskirche angehörte. Sie war also mit anderen Worten eine freikirchliche Schule. Wir als Familie hatten mit der anglikanischen Kirche etwas Mühe, sodass Mutter die Meinung vertrat, wir Jungen sollten alle Aspekte des religiösen Lebens, kirchliche und freikirchliche, erfahren.

      Einige Lehrer in Taunton waren bewusste Christen, die meisten aber leider nicht. Die Mehrzahl der Jungen kam nicht aus christlichen Häusern. Sie waren damals eher die Söhne höherer Beamter des Britischen Commonwealth, patriotisch stolz, aber leider oft faul. Also, kurz gesagt, Snobismus konnte in solchen Internaten böse Ausmaße annehmen. Heute ist diese Gefahr weniger groß, aber sie ist immer noch vorhanden.

      3. Ordnung im alten Internat

      In unserem Internat wurde immer sehr darauf geachtet, dass Ordnung herrschte. Man wurde spartanisch erzogen: keine Teppiche, zum Beispiel im Schlafzimmer, nur Betonböden. In den großen Schlafräumen standen oft zwölf oder dreizehn Betten, alle auf dem unbedeckten Betonboden. Die Fenster standen Tag und Nacht offen, auch bei kältestem Frost. Gewaschen wurde sich jeden Morgen kalt. Die Waschzimmer waren ungeheizt. Einmal die Woche gab es unter Aufsicht eines Hausmeisters ein heißes Bad – sechs Badewannen in einem Badezimmer mit Betonboden. Wohl deshalb klagt kein Engländer – das heißt СКАЧАТЬ