Pole Poppenspäler. Novelle. Theodor Storm
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Название: Pole Poppenspäler. Novelle

Автор: Theodor Storm

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Reclams Universal-Bibliothek

isbn: 9783159610306

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СКАЧАТЬ zu holen; er macht’s halt firti für heunt Abend.‹

      ›Bist du denn ganz allein hier, Lisei?‹

      – ›O nei; du bist ja aa no da!‹

      ›Ich meine‹, sagte ich, ›ob nicht deine Mutter oben auf dem Saal ist?‹

      Nein, die Mutter saß in der Herberge und besserte die Puppenkleider aus; das Lisei war hier ganz allein.

      ›Hör‹, begann ich wieder, › du könntest mir einen Gefallen tun; es ist unter euern Puppen einer, der heißt Kasperl; den möcht ich gar zu gern einmal in der Nähe sehen.‹

      ›Den Wurstl meinst?‹, sagte Lisei, und schien sich eine Weile zu bedenken. ›Nu, es ging’ scho; aber gschwind musst sein, eh denn der Vater wieder da ist!‹

      Mit diesen Worten waren wir schon ins Haus getreten und liefen eilig die steile Wendeltreppe hinauf. – Es war fast dunkel in dem großen Saale; denn die Fenster, welche sämtlich nach dem Hofe hinaus lagen, waren von der [22]Bühne verdeckt; nur einzelne Lichtstreifen fielen durch die Spalten des Vorhangs.

      ›Komm!‹, sagte Lisei und hob seitwärts an der Wand die dort aus einem Teppich bestehende Verkleidung in die Höhe; wir schlüpften hindurch, und da stand ich in dem Wundertempel. – Aber, von der Rückseite betrachtet, und hier in der Tageshelle sah er ziemlich kläglich aus; ein Gerüst aus Latten und Brettern, worüber einige bunt bekleckste Leinwandstücke hingen: das war der Schauplatz, auf welchem das Leben der heiligen Genovefa so täuschend an mir vorübergegangen war. – Doch, ich hatte mich zu früh beklagt; dort, an einem Eisendrahte, der von einer Kulisse nach der Wand hinübergespannt war, sah ich zwei der wunderbaren Puppen schweben; aber sie hingen mit dem Rücken gegen mich, so dass ich sie nicht erkennen konnte.

      ›Wo sind die anderen, Lisei?‹, fragte ich; denn ich hätte gern die ganze Gesellschaft auf einmal mir besehen.

      ›Hier im Kastl‹, sagte Lisei und klopfte mit ihrer kleinen Faust auf eine im Winkel stehende Kiste; ›die zwei da sind scho zugricht; aber geh nur her dazu und schau’s dir a; er is schon dabei, dei Freund, der Kasperl!‹

      Und wirklich, er war es selber. ›Spielt denn der heute Abend auch wieder mit?‹, fragte ich.

      ›Freili, der is allimal dabei!‹

      Mit untergeschlagenen Armen stand ich und betrachtete meinen lieben lustigen Allerweltskerl. Da baumelte er, an sieben Schnüren aufgehenkt; sein Kopf war vorn übergesunken, dass seine großen Augen auf den Fußboden stierten, und ihm die rote Nase wie ein breiter Schnabel auf der Brust lag. ›Kasperle, Kasperle‹, sagte ich bei mir selber, ›wie hängst du da elendiglich!‹ Da antwortete es ebenso: ›Wart [23]nur, liebs Brüderl, wart nur bis heut Abend!‹ – War das auch nur so in meinen Gedanken oder hatte Kasperl selbst zu mir gesprochen? –

      Ich sah mich um. Das Lisei war fort; sie war wohl vor die Haustür, um die Rückkehr ihres Vaters zu überwachen. Da hörte ich sie eben noch von dem Ausgang des Saales rufen: ›Dass d’ mir aber nit an die Puppen rührst!‹ – – Ja, – nun konnte ich es aber doch nicht lassen. Leise stieg ich auf eine neben mir stehende Bank und begann erst an der einen, dann an der anderen Schnur zu ziehen; die Kinnladen fingen an zu klappen, die Arme hoben sich, und jetzt fing auch der wunderbare Daumen an ruckweise hin und her zu schießen. Die Sache machte gar keine Schwierigkeit; ich hatte mir die Puppenspielerei doch kaum so leicht gedacht. – Aber die Arme bewegten sich nur nach vorn und hinten aus; und es war doch gewiss, dass Kasperle sie in dem neulichen Stück auch seitwärts ausgestreckt, ja dass er sie sogar über dem Kopfe zusammengeschlagen hatte! Ich zog an allen Drähten, ich versuchte mit der Hand die Arme abzubiegen; aber es wollte nicht gelingen. Auf einmal tat es einen leisen Krach im Innern der Figur. ›Halt!‹, dachte ich; ›Hand vom Brett! Da hättest du können Unheil anrichten!‹

      Leise stieg ich wieder von meiner Bank herab, und zugleich hörte ich auch Lisei von außen in den Saal treten.

      ›Gschwind, gschwind!‹, rief sie und zog mich durch das Dunkel an die Wendeltreppe hinaus; ›’s is eigentli nit recht‹, fuhr sie fort, ›dass i di eilassn hab; aber, gell, du hast doch dei Gaudi ghabt!‹

      Ich dachte an den leisen Krach von vorhin. ›Ach, es wird ja nichts gewesen sein!‹ Mit dieser Selbsttröstung lief ich die Treppe hinab und durch die Hintertür ins Freie.

      [24]So viel stand fest, der Kasper war doch nur eine richtige Holzpuppe; aber das Lisei – was das für eine allerliebste Sprache führte! und wie freundlich sie mich gleich zu den Puppen mit hinaufgenommen hatte! – Freilich, und sie hatte es ja auch selbst gesagt, dass sie es so heimlich vor ihrem Vater getan, das war nicht völlig in der Ordnung. Unlieb – zu meiner Schande muss ich’s gestehen – war diese Heimlichkeit mir grade nicht; im Gegenteil, die Sache bekam für mich dadurch noch einen würzigen Beigeschmack, und es muss ein recht selbstgefälliges Lächeln auf meinem Gesicht gestanden haben, als ich durch die Linden- und Kastanienbäume des Gartens wieder nach dem Bürgersteig hinabschlenderte.

      Allein zwischen solchen schmeichelnden Gedanken hörte ich von Zeit zu Zeit vor meinem inneren Ohre immer jenen leisen Krach im Körper der Puppe; was ich auch vornahm, den ganzen Tag über konnte ich diesen, jetzt aus meiner eigenen Seele herauftönenden unbequemen Laut nicht zum Schweigen bringen.

      *

      Es hatte sieben Uhr geschlagen; im Schützenhofe war heute, am Sonntagabend, alles besetzt; ich stand diesmal hinten, fünf Schuh hoch über dem Fußboden, auf dem Doppelschillingsplatze. Die Talglichter brannten in den Blechlampetten, der Stadtmusikus und seine Gesellen fiedelten; der Vorhang rollte in die Höhe.

      Ein hochgewölbtes gotisches Zimmer zeigte sich. Vor einem aufgeschlagenen Folianten saß im langen schwarzen Talare der Doktor Faust und klagte bitter, dass ihm all seine [25]Gelehrsamkeit so wenig einbringe; keinen heilen Rock habe er mehr am Leibe und vor Schulden wisse er sich nicht zu lassen; so wolle er denn jetzo mit der Hölle sich verbinden. – ›Wer ruft nach mir?‹, ertönte zu seiner Linken eine furchtbare Stimme von der Wölbung des Gemaches herab. – ›Faust, Faust, folge nicht!‹, kam eine andere feine Stimme von der Rechten. – Aber Faust verschwor sich den höllischen Gewalten. – ›Weh, weh deiner armen Seele!‹ Wie ein seufzender Windeshauch klang es von der Stimme des Engels; von der Linken schallte eine gellende Lache durchs Gemach. – – Da klopfte es an die Tür. ›Verzeihung, Eure Magnifizenz!‹ Fausts Famulus Wagner war eingetreten. Er bat, ihm für die grobe Hausarbeit die Annahme eines Gehülfen zu gestatten, damit er sich besser aufs Studieren legen könne. ›Es hat sich‹, sagte er, ›ein junger Mann bei mir gemeldet, welcher Kasperl heißt und gar fürtreffliche Qualitäten zu besitzen scheint.‹ – Faust nickte gnädig mit dem Kopfe СКАЧАТЬ