Pole Poppenspäler. Novelle. Theodor Storm
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Название: Pole Poppenspäler. Novelle

Автор: Theodor Storm

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Reclams Universal-Bibliothek

isbn: 9783159610306

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СКАЧАТЬ sah mich misstrauisch aus ihren schwarzen Augen an. ›Spazieren?‹, wiederholte sie gedehnt. ›Ach du! – du bist gscheit!‹

      ›Wohin willst du denn?‹

      [13]– ›Zum Ellenkramer will i!‹

      ›Willst du dir ein neues Kleid kaufen?‹, fragte ich tölpelhaft genug.

      Sie lachte laut auf. ›Geh! lass mi aus! – Nein; nur so Fetzln!‹

      ›Fetzln, Lisei?‹

      – ›Freili! Halt nur so Resteln zu Gwandl für die Puppn; ’s kost’t immer nit viel!‹

      Ein glücklicher Gedanke fuhr mir durch den Kopf. Ein alter Onkel von mir hatte damals am Markte hier eine Ellenwarenhandlung, und sein alter Ladendiener war mein guter Freund. ›Komm mit mir!‹, sagte ich kühn; ›es soll dir gar nichts kosten, Lisei!‹

      ›Meinst?‹, fragte sie noch; dann liefen wir beide nach dem Markt und in das Haus des Onkels. Der alte Gabriel stand wie immer in seinem pfeffer-und-salzfarbenen Rock hinter dem Ladentisch, und als ich ihm unser Anliegen deutlich gemacht hatte, kramte er gutmütig einen Haufen ›Rester‹ auf den Tisch zusammen.

      ›Schau, das hübsch Brinnrot!‹, sagte Lisei, und nickte begehrlich nach einem Stückchen französischen Kattuns hinüber.

      ›Kannst es brauchen?‹, fragte Gabriel. – Ob sie es brauchen konnte! Der Ritter Siegfried sollte ja auf den Abend noch eine neue Weste geschneidert bekommen.

      ›Aber da gehören auch die Tressen noch dazu‹, sagte der Alte, und brachte allerlei Endchen Gold- und Silberflittern. Bald kamen noch grüne und gelbe Seidenläppchen und Bänder, endlich ein ziemlich großes Stück braunen Plüsches. ›Nimm’s nur, Kind!‹, sagte Gabriel; ›das gibt ein Tierfell für eure Genovefa, wenn das alte vielleicht [14]verschossen wäre!‹ Dann packte er die ganze Herrlichkeit zusammen und legte sie der Kleinen in den Arm.

      ›Und es kost’t nix?‹, fragte sie beklommen.

      Nein, es kostete nichts. Ihre Augen leuchteten. ›Schön Dank, guter Mann! Ach, wird der Vater schauen!‹

      Hand in Hand, Lisei mit ihrem Päckchen unter dem Arm, verließen wir den Laden; als wir aber in die Nähe unserer Wohnung kamen, ließ sie mich los und rannte über die Straße nach der Schneiderherberge, dass ihr die schwarzen Flechten in den Nacken flogen.

      – – Nach dem Mittagessen stand ich vor unserer Haustür und erwog unter Herzklopfen das Wagnis, schon heute zur ersten Vorstellung meinen Vater um das Eintrittsgeld anzugehen; ich war ja mit der Galerie zufrieden, und die sollte für uns Jungens nur einen Doppelschilling kosten. Da, bevor ich’s noch bei mir ins Reine gebracht hatte, kam das Lisei über die Straße zu mir hergeflogen. ›Der Vater schickt’s!‹, sagte sie, und eh ich mich’s versah, war sie wieder fort; aber in meiner Hand hielt ich eine rote Karte, darauf stand mit großen Buchstaben: Erster Platz.

      Als ich aufblickte, winkte auch von drüben der kleine schwarze Mann mit beiden Armen aus der Bodenluke zu mir herüber. Ich nickte ihm zu; was mussten das für nette Leute sein, diese Puppenspieler! ›Also heute Abend‹, sagte ich zu mir selber; ›heute Abend, und – Erster Platz!‹

      *

      – – Du kennst unseren Schützenhof in der Süderstraße; auf der Haustür sah man damals noch einen schön gemalten Schützen, in Lebensgröße, mit Federhut und Büchse; im [15]Übrigen war aber der alte Kasten damals noch baufälliger, als er heute ist. Die Gesellschaft war bis auf drei Mitglieder herabgesunken; die vor Jahrhunderten von den alten Landesherzögen geschenkten silbernen Pokale, Pulverhörner und Ehrenketten waren nach und nach verschleudert; den großen Garten, der, wie du weißt, auf den Bürgersteig hinausläuft, hatte man zur Schaf- und Ziegengräsung verpachtet. Das alte zweistöckige Haus wurde von niemandem weder bewohnt noch gebraucht; windrissig und verfallen stand es da zwischen den munteren Nachbarhäusern; nur in dem öden weißgekalkten Saale, der fast das ganze obere Stockwerk einnahm, produzierten mitunter starke Männer oder durchreisende Taschenspieler ihre Künste. Dann wurde unten die große Haustür mit dem gemalten Schützenbruder knarrend aufgeschlossen.

      – – Langsam war es Abend geworden; und – – das Ende trug die Last, denn mein Vater wollte mich erst fünf Minuten vor dem angesetzten Glockenschlage laufen lassen; er meinte, eine Übung in der Geduld sei sehr vonnöten, damit ich im Theater stille sitze.

      Endlich war ich an Ort und Stelle. Die große Tür stand offen, und allerlei Leute wanderten hinein; denn derzeit ging man noch gern zu solchen Vergnügungen; nach Hamburg war eine weite Reise, und nur wenige hatten sich die kleinen Dinge zu Hause durch die dort zu schauenden Herrlichkeiten leid machen können. – Als ich die eichene Wendeltreppe hinaufgestiegen war, fand ich Liseis Mutter am Eingange des Saales an der Kasse sitzen. Ich näherte mich ihr ganz vertraulich und dachte, sie würde mich so recht als einen alten Bekannten begrüßen; aber sie saß stumm und starr, und nahm mir meine Karte ab, als wenn [16]ich nicht die geringste Beziehung zu ihrer Familie hätte. – Etwas gedemütigt trat ich in den Saal; der kommenden Dinge harrend, plauderte alles mit halber Stimme durcheinander; dazu fiedelte unser Stadtmusikus mit drei seiner Gesellen. Das Erste, worauf meine Augen fielen, war in der Tiefe des Saales ein roter Vorhang oberhalb der Musikantenplätze. Die Malerei in der Mitte desselben stellte zwei lange Trompeten vor, die kreuzweise über einer goldenen Leier lagen; und, was mir damals sehr sonderbar erschien, an dem Mundstück einer jeden hing, wie mit dem leeren Auge darauf geschoben, hier eine finster, dort eine lachend ausgeprägte Maske. – Die drei vordersten Plätze waren schon besetzt; ich drängte mich in die vierte Bank, wo ich einen Schulkameraden bemerkt hatte, der dort neben seinen Eltern saß. Hinter uns bauten sich die Plätze schräg ansteigend in die Höhe, so dass der letzte, die sogenannte Galerie, welche nur zum Stehen war, sich fast mannshoch über dem Fußboden befinden mochte. Auch dort schien es wohlgefüllt zu sein; genau vermochte ich es nicht zu sehen, denn die wenigen Talglichter, welche in Blechlampetten an den beiden Seitenwänden brannten, verbreiteten nur eine schwache Helligkeit; auch dunkelte die schwere Balkendecke des Saales. Mein Nachbar wollte mir eine Schulgeschichte erzählen; ich begriff nicht, wie er an so etwas denken konnte, ich schaute nur auf den Vorhang, der von den Lampen des Podiums und der Musikantenpulte feierlich beleuchtet war. Und jetzt ging ein Wehen über seine Fläche, die geheimnisvolle СКАЧАТЬ