Ohne die Tat ist alles nur Geplapper. Galsan Tschinag
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Название: Ohne die Tat ist alles nur Geplapper

Автор: Galsan Tschinag

Издательство: Bookwire

Жанр: Общая психология

Серия:

isbn: 9783958833081

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СКАЧАТЬ zufließend: Ruhe, Ruhe, Ruhe – es wird schon werden!

      Was der übellaunige Beethoven mit seinem unheilbar beschädigten Gehör nicht alles an Erniedrigungen hat spüren und erleben müssen! Welche Schmähungen Goethe mit seiner ungebildeten Christiane und seinen kirchenfeindlichen Ansichten hat hören und lesen müssen! Und welche Entweihungen unser heiliger Berg hat ertragen müssen! Wie viele unwürdige Alpinisten haben längst auf seinen heiligen Scheitel gepisst und geschissen, und das wird so weitergehen. Aber ich muss nicht auf seinen Scheitel treten, um mich besser zu fühlen, wichtiger zu erscheinen, als ich bin.

      Hier unten sitzend, am Fuße dieses Heiligtums wohnend, weiß ich, wir sind eins. Zweige entzweien, Zweige sind Zweiheit, Dreiheit, Vierheit, Vielheit, aber der Stamm, der Wurzelstock sind eins, denke ich. Und das gibt einem Ruhe.

      »ICH WILL GESCHICHTE MACHEN. DIE MENSCHEN HALTEN MICH FÜR VERRÜCKT. ZUNÄCHST FAST ALLE, ZUM SCHLUSS NUR NOCH WENIGE. ICH WEISS, WAS ICH TUE, UND KEIN GEREDE IST IM STANDE, MICH VON DEM WEG ABZUBRINGEN, DER VOR MIR LIEGT.« Anfangszitat aus „Die Karawane“

      VISIONEN EIN VISIONÄR MUSS EIN MACHER SEIN!

      AB: Du kennst ja unseren alten, alten, alten Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt – der hat ja mal das Wort geprägt „Wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen“.

      GT: (lacht) Sollte der gute Mann es wirklich gesagt haben, dann könnte seinen Kettenraucherlippen solches entrutscht sein und sein gewesenes Kanzler- und immer noch seiendes Unternehmerhirn ein wenig durcheinander gewesen sein. Ja, obwohl er ein toller Kerl ist, möchte ich weder in seine Lunge noch in seine Hirnschale hineinschauen. Tatsächlich, wenn er solches wirklich gesagt haben sollte, ist das ein sehr dummer Satz! Ja, im Gegenteil, wer Visionen hat, der sollte andere mitziehen! Der sollte diejenigen, die nur wegen ihrer Visionen zum Arzt wollen, mitziehen und ihnen sagen: „Ich bin derjenige, den ihr braucht, da ich euch beistehen werde.“

      Was habe ich nicht alles versucht, in Bewegung zu setzen? Wenn ich so zurückschaue, aus der Turmhöhe meines heutigen Alters – ich werde demnächst 70 – dann sehe ich: Ich habe bis jetzt von Visionen gelebt. Alles, was ich gemacht habe, ist in direktem oder indirektem Sinne die Folge irgendeiner Vision gewesen. Ich wollte Schamane werden, bin Schamane geworden. Ich wollte Dichter werden, bin Dichter geworden. Ich wollte ein gebildeter Mensch sein, habe ich mir die Bildung beigebracht. Ich wollte fremde Sprachen erlernen, ich spreche etliche Sprachen. Und ich wollte sogar in diesen fremden Sprachen dichten. Die ersten Verszeilen, die ich niederschrieb, müssen gewiss sehr unbeholfen gewesen sein. Die Leute haben darüber mitleidig gelächelt, aber mittlerweile bin ich zu einem namhaften Autor geworden und auch in der großen Weltliteratur angekommen. Und ich wollte irgendwann auch Bäume pflanzen, die Leute haben da aufgelauscht und wussten nicht, was sie dazu sagen sollten. Mittlerweile stehen 380.000 Bäume bereits, ganze Haine aus Baumjugend. Im Sommer grünen, im Herbst rauschen und im Winter zittern diese meine Haine, die künftigen Wälder. Und jetzt sagt keiner mehr etwas gegen mich, keiner mehr verhält sich so abschätzig wie ganz am Anfang. Mittlerweile sehen und müssen wohl alle glauben: Wenn dieser Wahnsinnige es einmal bis hierher und zu dem und dem gebracht hat, dann wird er es wohl auch zu seiner versprochenen Million schaffen …

      VISIONS-PROJEKT: DIE KARAWANE

      Mein Bruder Galkaan ist der Eltern Kind, und ich bin des Volkes Kind. Und so habe ich all die Jahre immer wieder an uns beide gedacht, die sonst einander immer nah geblieben sind wie Zwillingslämmer. Denn ich habe ständig hellwach darüber nachgedacht, was wird eines Tages aus unserem kleinen Volk werden? Und ich sah, der Untergang kam über uns, drohte uns auszulöschen. Die Menschen wurden immer weniger und weniger an der Anzahl, da sie unaufhaltsam auswanderten. Und ich habe mich jedes Mal darüber geärgert, habe tiefe Schmerzen in mir gefühlt, wenn ich hörte: wieder welche ausgewandert … drei Jurten, zehn Jurten … Ich wollte dieser Auswanderung ein Ende setzen. Eines Tages hatte ich dazu die Möglichkeit, ich hatte Geld genug, um eine Karawane zustande zu bringen. Und damit wollte ich den Gestrandeten in der Fremde nach Hause helfen. Das tat ich dann auch. Aber die Idee zu diesem Abenteuer ging ursprünglich aus einer Spielerei hervor. Ich saß in einem bayerischen Biergarten mit meinem Verleger in München und wir phantasierten beide, aneinander neckend. Zuerst fragte ich meinen Gastgeber nach seinem verlegerischen Plan, worauf er augenzwinkernd sagte, er werde seinen Verlag so gewaltig vergrößern, dass der damals noch lebende und herrschende Siegfried Unseld von dem Riesen Suhrkamp-Insel bei ihm als Pförtner angestellt sein werde. Und daraufhin gab ich an, nach meinem Vorhaben gefragt, ich würde mein zerstreutes Tuwavolk zurückholen, dabei selbst zum mächtigsten Mann der Mongolei werden. Und würde jedem, der zurückwolle, das nötige Geld auf die Hand legen, um daraufhin meinen gewalttätig ausgelöschten Landkreis endlich wiederherzustellen, ihn zunächst zu einem selbständigen Bezirk, später zu einem Fürstentum zu machen und selbst zum Fürsten zu werden. Und erzählte, dass ich vorerst jährlich zehn Familien zurückhole, indem ich den Transport der Jurten und ihrer Mitglieder voll selbst finanziere. Darauf sagte der Verleger: „Aber warum denn das, lieber Galsan? Davon erfährt doch die große Welt nichts! Mach es doch lieber so spektakulär, wie es nur geht! Am besten eine Karawane, die größte seit Dschingis Khan!“ Das war der Funken, den mein Geist brauchte. Ich sagte: „Halt!“ und überlegte. Und sagte Sekunden später: „Ja, ich mache sie!“

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      Das Geld hatte ich! Ja, plötzlich schienen mich die Auszeichnungen Entdeckt zu haben: Der Chamisso-Preis, der Puchheimer Leserpreis, der Dodererpreis usw. Hinzu kamen die Tantiemen der Bücher und Honorare meiner Lesungen, Vorträge und Seminare. Alles legte ich zusammen, legte alles an. Damals waren die Zinsen unglaublich hoch. Jeden Monat bis zu sieben Prozent Zinsen. Ich muss sagen, ich verwaltete mein Geld so schlau, obwohl ich von dem Finanzwesen eigentlich gar nichts verstand. Tags dachte ich an das Geld, nachts träumte ich davon. Und das liebe Ding vermehrte sich insektenhaft rasch, da ich von Monat zu Monat mit der ganzen Geldsumme immer zu der Bank lief, die die höchsten Zinsen versprach. Und am 01.03.1995 war es so weit. Zuerst kaufte ich einen lack- und ladenneuen 4-Tonner. Ihn fuhr Heme, der Älteste meiner drei Söhne, und der jetzt hier mit auf dem Grundstück wohnt, der war gerade 27 Jahre alt. Und der Beifahrersitz musste abmontiert werden, denn da wurden zwei pralle Säcke verstaut, das war alles Geld, mein Geld, 80 kg im Gewicht. Darüber war ein Mantel aus Wolfsfell ausgebreitet, in welchen ich eingehüllt darauf saß, also saß ich buchstäblich auf meinem Geld. Und hinter mir, oben, unter der Schutzplane, saßen acht junge Männer, alle 20–30 Jahre alt. Und die waren mit Schießgewehren ausgerüstet. Auch hatten wir einen schönen, großen Hirtenhund mit.

      Am 01.03.1995 zur Mittagsstunde verließen wir die Hauptstadt. Und dann fuhren wir in die Wüste Gobi. Um 500 Kamele zu kaufen, 500 Kamele! Ich meinte, da unten gibt es genügend Kamele. Und ich wollte alle Familien, die zurückwollten, mitnehmen. Das Auto fuhr gut, und es trug uns mitsamt dem Geld. Was ich noch nicht wusste: Hinter dem Geld fuhr die Inflation mit. Wir kamen da mit der Summe Geld an, die für die damalige Zeit unvorstellbar war. Und dies bewirkte wohl, dass jedes Kamelwesen über Nacht dreimal so teuer wurde, wie es noch gestern gewesen war. Doch was half es, ich wollte es so. Meine Händlertätigkeit dauerte zwei Wochen. Nun aber hatte ich am Ende 140 Kamele anstatt der anfangs beabsichtigten 500. Dabei habe ich alles, alles ausgegeben, was ich bei mir hatte, habe zuletzt sogar meine Silberschale angeboten, die ich bei mir hatte, weil mein Geld alle war. Meine schöne, geschichtsträchtige Silberschale und meinen großen, generationenalten Häuptlingsdolch. Gott sei Dank haben die Gobi-Bewohner anscheinend keine direkte СКАЧАТЬ