Tom Jones. Генри Филдинг
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Название: Tom Jones

Автор: Генри Филдинг

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Große verfilmte Geschichten

isbn: 9783955012229

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СКАЧАТЬ da die Krankheit zu einer Thüre hereinträte, solle man den Arzt alsobald durch die andere herbeiführen. Denn was sollte man sonst bei dem alten Spruche denken: Venienti occurrite morbo? »Beim ersten Schritt einer Krankheit muß man sich ihr entgegenstellen.« Solchergestalt teilen Arzt und Krankheit auf eine redliche Weise Wind und Sonne; dahingegen, wenn man der Krankheit Zeit läßt, so gibt man ihr oft Raum, sich zu entwickeln und zu befestigen, wie ein Kriegsherr im Felde, so daß es den gelehrten Herren oft sehr schwer und zuweilen gar unmöglich fällt, dem Feinde beizukommen. Ja oftmals, wenn man dem Uebel Zeit läßt, bedient es sich noch dazu allerlei Kriegslist und besticht die Natur, zur Krankheit überzulaufen, und dann ist alle Macht der Arzneikunst verloren, oder kommt zu spät. Auf diese Bemerkung gründete sich die Klage eines großen, von fast allen europäischen Höfen mit Attestaten versehenen Wunderdoktors, der sich sehr emphatisch darüber beschwerte, wenn man sich so spät an seine Geschicklichkeit wendete und sagte: »Sur mon Ame! die Leut, meine Patient, er muß mich nehmen für den Grubenher: denn sie schick nick ehr bald, bis die klein Doktor ihn hab mackt sterben.«

      Des Herrn Alwerth Unpäßlichkeit gewann durch diese Geringschätzung so viel Feld, daß, als die Zunahme des Fiebers ihn nötigte, nach Hilfe zu schicken, der Doktor bei seiner Ankunft die Achseln zuckte, wünschte, man möchte ihn früher gerufen haben, und zu verstehen gab, er halte dafür, der Patient sei in großer Gefahr. Herr Alwerth, der alle seine Sachen in dieser Welt in Ordnung gebracht hatte und auf die künftige so wohl vorbereitet war, als es für die menschliche Natur nur immer möglich ist, empfing diese Nachricht mit der größesten Gelassenheit und Freudigkeit des Gemüts. Er konnte in der That, so oft er sich schlafen legte, mit Cato in Addisons Trauerspiel sagen:

      – – »Let Guilt or Fear

       Disturb Man's Rest, Cato knows neither of them;

       Indifferent in his Choise, to sleep or die.«

      »Laß Schuld, laß Furcht

      Die Ruh des Menschen stören! Ein Cato kennt

      Sie beide nicht: drum ist die Wahl ihm gleich,

      Ob schlafen, oder sterben!«

      In der That und Wahrheit konnte er dieses mit zehnfach besserem Grunde und größerer Zuversicht sagen, als Cato oder irgend ein andrer ruhmrediger Geist unter den alten oder neuern Helden: denn er war nicht nur frei von Furcht, sondern man konnte ihn betrachten als einen treuen Arbeiter, den der gütige Hausvater am Ende vor sich ruft, um ihm seinen Lohn zu erteilen.

      Der edle Mann gab augenblicklich Befehl, daß alle seine Hausgenossen sich um ihn her versammeln möchten. Niemand war damals abwesend, als Madame Blifil, die sich seit einiger Zeit in London aufhielt, und Jones, von dem der Leser sich eben in Herrn Westerns Hause getrennt hat und welcher die Botschaft in eben dem Augenblicke erhielt, als ihn Sophie verlassen hatte.

      Die Nachricht von Herrn Alwerths Lebensgefahr (denn der Bote sagte ihm, er läge in den letzten Zügen) vertrieb ihm alle Gedanken an Liebe aus dem Kopfe. Er warf sich über Hals und Kopf in die Chaise, die man für ihn geschickt hatte, ermahnte den Kutscher, er solle zufahren was er könne, und auf dem ganzen Wege, glaube ich, kam ihm Sophiens Bild nicht ein einziges Mal in die Gedanken.

      Und nun, nachdem alles im Hause, nämlich der Neffe Blifil, Tom Jones, Ehrn Schwöger, Herr Quadrat und einige Bediente (denn so hatte es Herr Alwerth verlangt) um sein Bett her versammelt war, richtete sich der gute Mann in demselben auf und wollte anheben zu sprechen, als Blifil in ein Geheul verfiel und sehr laute und bittere Klaglieder anstimmte. Auf dieses faßte ihn Herr Alwerth bei der Hand, schüttelte solche und sagte: »Jammere nicht so, mein lieber Neffe, über die gewöhnlichste aller menschlichen Begebenheiten. Wenn unsern Freunden Unglücksfälle zustoßen, so mögen wir uns mit Recht betrüben; denn das sind solche Zufälle, die man oft hätte vermeiden können, und sie mögen auch das Los des einen Menschen unglücklicher zu machen scheinen als das Los eines andern; der Tod aber ist sicherlich unvermeidlich, und ist das allgemeine Los, worin das Schicksal aller Menschen gleich ist; auch macht die Zeit, wo er eintrifft, den Unterschied nicht wesentlich. Da der weiseste der Menschen das Leben mit einer Spanne verglichen hat: so dürfen wir es auch wohl mit einem Tage vergleichen. Mein Los ist, daß ich es am Abend verlasse; jene aber, die früher hinweggenommen werden, haben bloß ein paar Stunden verloren, welche, wenn's die köstlichsten waren, doch des Bejammerns nicht wert, wohl aber, weit öfter, Stunden der Arbeit und Mühe, der Sorgen und des Kummers sind. Einer unter den römischen Dichtern vergleicht, so viel ich mich erinnere, unsern Hintritt aus dem Leben mit dem Abschiednehmen von einem Gastmahle. Dieser Gedanke ist mir oft eingefallen, wenn ich gesehen habe, daß Menschen darnach strebten, ein Gastmahl zu verlängern und der Gesellschaft ihrer Freunde noch einige Minuten länger zu genießen! Ach, und wie ist dennoch die weiteste Ausdehnung eines solchen Genusses so kurz! Wie unmerklich der Unterschied zwischen dem, der sich am ersten wegbegibt, und dem, der der letzte ist! Dies heißt das Leben von seiner schönen Seite betrachten, und diese Unwilligkeit, unsre Freunde zu verlassen, ist die schönste Ursache, aus welcher wir die Furcht vor dem Tode herleiten können; und doch ist das längste Freudenfest dieser Art, das wir hoffen können, von so geringer Dauer, daß es kaum der Beachtung eines weisen Mannes würdig ist. Wenige Menschen, ich gestehe es, denken also; denn freilich denken wenig Menschen an den Tod eher, als bis sie ihm im Rachen sitzen. So riesenhaft und fürchterlich der Tod ihnen bei seiner Annäherung vorkommen mag: so sind sie gleichwohl nicht vermögend, ihn in einiger Entfernung zu sehen; ja, ob sie gleich große Angst und Furcht erlitten, wenn sie sich in Gefahr zu sterben hielten: so sind sie doch nicht so bald von dieser nahen Besorgnis befreit, als auch das geringste Andenken daran aus ihrem Gemüte verschwindet. Aber, ach! wer einer Todesgefahr entrinnt, dessen Urteil ist nicht aufgehoben, sondern nur auf kurze Frist verschoben.

      Darum also, mein liebes Kind, gräme dich nicht weiter über diesen Fall. Eine Veränderung, die uns jede Stunde, durch jedes Element, fast durch jedes Teilchen der Materie, die uns umgibt, überkommen kann, und welche uns am Ende allzumal ganz unvermeidlicher Weise treffen wird, treffen muß, sollte uns weder bestürzt machen, noch uns in Gram und Betrübnis versenken.

      Mein Arzt hat mir gesagt (und ich nehme es als eine wahre Gefälligkeit auf), daß ich in Gefahr stehe, euch alle in kurzem zu verlassen, deswegen wollte ich euch bei unserm Scheiden noch ein paar Worte sagen, bevor meine Krankheit, die, wie ich fühle, merklich zunimmt, mir es unmöglich macht.

      Aber ich strenge meine Kräfte zu sehr an. – Ich bin willens, über mein Testament zu sprechen; ich hab' es zwar vorlängst schon gemacht, doch will ich davon einige Artikel berühren, die euch, die ihr da seid, betreffen, damit ich den Trost mitnehmen kann, daß ihr alle mit der Vorsorge zufrieden seid, die ich für euch gehabt habe.

      Dir, mein Neffe Blifil, überlasse ich, als meinem Universalerben, mein sämtliches Vermögen; ausgenommen bloß fünfhundert Pfund jährlicher Renten, welche dir nach dem Ableben deiner Mutter wieder heimfallen sollen; ausgenommen ferner fünfhundert Pfund jährlicher Renten und die bare Summe von sechstausend Kapital, worüber ich folgendermaßen disponiert habe.

      Die fünfhundert Pfund jährlicher Renten habe ich dir vermacht, lieber Tom; und da ich weiß, welche Verlegenheit der Mangel an barem Gelde verursachen kann, so habe ich noch tausend Pfund gleich zahlbar hinzugefügt. Ich weiß nicht, ob du mehr oder weniger von mir erwartet hast. Vielleicht denkst du, ich habe dir zu wenig gegeben, und die Welt wird ebenso bereitwillig sein, mich zu tadeln, daß ich zuviel gethan habe; allein den Tadel der letztern achte ich nicht; und was das erste betrifft, wofern du nicht in dem gemeinen Irrtum steckst, den ich so oft habe als eine Entschuldigung für allen Mangel an thätiger Menschenliebe anführen gehört, nämlich: daß wir durch freiwillige Wohlthaten statt der Dankbarkeit nur Forderungen zu erregen pflegen, welche unter allen Erwartungen und Forderungen die grenzenlosesten und am schwersten zu befriedigen sind. – Verzeih' mir, Tom, die bloße Erwähnung dieses Gedankens! СКАЧАТЬ