Название: Tom Jones
Автор: Генри Филдинг
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Große verfilmte Geschichten
isbn: 9783955012229
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Hierauf floß sie über in reichlichen Strömen von Zärtlichkeit gegen ihren neuen Geliebten, kehrte alles was sie zu Jones gesagt hatte und Jones selbst obendrein ins Lächerliche und beteuerte, ob jener gleich den Besitz ihrer Person gehabt hätte, wäre doch niemand als Quadrat der wahre Besitzer ihres Herzens gewesen.
Sechstes Kapitel.
Welches, wenn es der Leser mit dem vorigen vergleicht, vielleicht einige Irrtümlichkeiten heben kann, deren er sich bis dahin bei Anwendung des Wortes Liebe vielleicht hat zu Schulden kommen lassen.
Mollys Untreue, welche Jones jetzt entdeckte, möchte vielleicht einen weit größeren Grad von Empfindlichkeit entschuldigt haben, als er bei der Gelegenheit zeigte; und hätte er sie von diesem Augenblick an völlig verlassen, so würden ihn, glaube ich, nur wenig Menschen getadelt haben.
Er jedoch betrachtete sie als eine Person, die Mitleiden verdiene; und obgleich seine Liebe zu ihr nicht von einer solchen Art war, daß er sich über ihren Verlust so gar heftig beunruhigen konnte, so quälte es ihn doch nicht wenig, wenn er bedachte, daß er es doch ursprünglich selbst gewesen, der ihre Unschuld verführt hatte; denn dieser ersten Verführung rechnete er alle die Laster zu, in welche sie sich nun stürzen zu wollen schien.
Diese Betrachtung machte ihm nicht wenigen Kummer, bis Betty, die ältere Schwester, einige Zeit nachher so liebreich war, ihn durch einen Wink völlig zu heilen. Sie erzählte ihm nämlich, daß ein gewisser Wilhelm Barnes und nicht er der erste Verführer ihrer Schwester Molly gewesen sei, und daß das kleine Kind, das er bisher so gewiß für sein eigenes gehalten hätte, nach aller Wahrscheinlichkeit wenigstens ebensogut berechtigt sein möchte, diesen Barnes Vater zu nennen.
Sobald Jones auf diese Spur gebracht war, verfolgte er sie begierig und war in sehr kurzer Zeit hinlänglich überzeugt, daß das Mädchen ihm die Wahrheit gesagt hatte, nicht bloß aus dem Geständnisse des Kerls, sondern aus Mollys selbsteigenem Geständnis.
Dieser Wilhelm Barnes war ein Weiberheld fürs Kirchspiel und hatte in seiner Art ebensoviele Siegeszeichen aufzuweisen als irgend ein Fähndrich oder sonstiges Kraftgenie in den Städten und Garnisonen. Er hatte wirklich verschiedene Frauenspersonen bereits bis zur äußersten Liederlichkeit heruntergebracht; einige gingen seinetwegen in welker Verschmachtung umher, und auch die Ehre hatte er gehabt, daß er den gewaltsamen Tod eines armen Mädchens auf dem Gewissen hatte, die sich ersäuft, oder, was weit wahrscheinlicher war, die er selbst ins Wasser gestürzt hatte.
Unter andern Eroberungen solcher Art hatte dieser Kerl auch über das Herz der Betty Seegrim gesiegt. Seinen Liebeshandel hatte er lange vorher schon mit ihr getrieben, bevor Molly noch ein tüchtiger Gegenstand zu solchem Zeitvertreibe geworden war. Nachher aber hatte er sie aufgegeben und sich an ihre Schwester gemacht, bei der es ihm auch fast augenblicklich geglückt war. Nun hatte Wilhelm wirklich allein den Besitz ihrer Neigung, währenddessen Jones und Quadrat, beide fast gleich gut, nur ihrem Eigennutze und ihrem Hochmut zu Opfern dienten.
Hieraus war der unversöhnliche Haß entstanden, welchen wir vorhin in Bettys Gemüt wüten sahen, ob wir es gleich nicht eher für nötig hielten, die Ursache davon anzugeben, weil der Neid allein schon alle Wirkungen hervorbringen konnte, deren wir erwähnten.
Jones war durch den Besitz dieses Geheimnisses, in dem was Molly betraf, völlig beruhigt; in Ansehung Sophiens aber war er von diesem Gemütszustande weit entfernt. Vielmehr ward er von dem heftigsten Kummer gequält. Sein Herz war jetzt, wenn ich die Metapher brauchen mag, völlig geräumt, und Sophie nahm davon unbestrittenen Besitz. Er liebte sie mit unbegrenzter Leidenschaft und sah ganz deutlich die zärtlichen Empfindungen, welche sie für ihn hegte. Dennoch konnte diese Vergewisserung weder seine Verzweiflung über den Punkt der unfehlbaren Weigerung ihres Vaters, noch das Grausen mindern, welches ihn überfiel, wenn er an irgend ein niederträchtiges oder verräterisches Mittel sie sich anzueignen dachte.
Die Beleidigung, die er dadurch dem guten Junker Western zufügen würde, und der Kummer, der daraus dem würdigsten Herrn Alwerth erwachsen müßte, waren die Vorstellungen, welche ihn den Tag hindurch quälten und ihn des Nachts auf seinem Kopfkissen ängstigten. Sein Leben war ein beständiges Ringen zwischen Ehre und Liebe, welche wechselsweise über einander in seiner Seele siegten. Er entschloß sich oft, in Sophiens Abwesenheit ihres Vaters Haus zu verlassen und sie nicht wieder zu sehen, und eben so oft vergaß er in ihrer Gegenwart alle solche Entschließungen und nahm sich dann dagegen vor, sein Leben und alles was ihm noch teurer als dies war daran zu wagen, um zum Besitz seiner Sophie zu gelangen.
Dieser Kampf begann bald sehr starke und sichtbare Wirkungen hervorzubringen, denn er verlor alle seine natürliche Munterkeit und Lebhaftigkeit, und ward nicht nur melancholisch, wenn er allein, sondern auch niedergeschlagen und zerstreut, wenn er in Gesellschaft war; ja, wenn er auch, um mit Junker Westerns Laune zu stimmen, sich Gewalt anthat munter zu scheinen, so war der Zwang so fühlbar, daß er gerade dadurch den stärksten Beweis von demjenigen gegeben zu haben scheint, was er durch diesen Zwang eben zu verbergen suchte.
Es mag vielleicht eine Frage sein, ob die Kunst, die er anwendete, seine Leidenschaft zu verbergen, oder die Mittel, deren die ehrliche Natur sich bediente, sie zu offenbaren, ihn am meisten verrieten: denn während die Kunst ihn mehr als jemals gegen Sophie zurückhaltend machte und ihn abhielt, irgend eines seiner Gespräche an sie zu richten, ihn sogar die äußerste Sorgfalt lehrte, ihre Blicke zu vermeiden, war die Natur nicht weniger beschäftigt, seine Pläne zu vereiteln. Daher kam es denn, daß er bei ihrer Annäherung erblaßte, und wenn sich solche unerwartet fügte, zusammenfuhr. Wenn zufälligerweise seine Augen den ihrigen begegneten, schoß ihm das Blut in die Wangen, und sein Gesicht ward über und über scharlachrot. Wenn ihn die gewöhnlichste Höflichkeit einmal nötigte sie anzureden, zum Beispiel wenn er bei Tische auf ihre Gesundheit trinken mußte, so lief's gewiß nicht ohne Stammeln ab. Wenn er ihre Hand berührte, so zitterte die seinige, ja sogar sein ganzer Körper. Und wenn irgend das Gespräch auch nur noch so leise die Idee von Liebe anregte, so fehlte es selten, daß sich nicht ein unfreiwilliger Seufzer seiner Brust entstahl; und die Natur war wunderbar sinnreich, ihm dergleichen Zufälle tagtäglich in den Weg zu werfen.
Alle diese Symptome entgingen der Aufmerksamkeit des Junkers, aber nicht der von Sophie. Sie ward dieser Gemütsunruhe an Jones sehr bald gewahr und war über ihre Ursache gar nicht zweifelhaft, denn sie durfte solche nur mit demjenigen vergleichen, was in ihrem eigenen Busen vorging. Und dieses Vergleichen ist, wie ich dafür halte, jene Sympathie, die man so oft an Liebenden wahrgenommen hat und woraus es sich zur Genüge erklären lassen wird, warum sie so unendlich viel scharfsichtiger war als ihr Vater.
Jedoch, um die Wahrheit zu sagen, gibt es eine einfachere und näher liegende Methode, diese erstaunenswürdige Ueberlegenheit an Scharfsichtigkeit zu erklären, welche wir oft an einzelnen Menschen über das ganze übrige Menschengeschlecht wahrnehmen, und zwar eine Erklärung, die nicht nur in Liebesfällen, sondern in allen übrigen Stich hält. Denn woher kommt es, daß der Schelm fast durchgängig so schnell und scharfsichtig bei den Merkzeichen und Schlichen der Schelmerei ist, wodurch oft ein redlicher Mann von weit hellerem Verstande betrogen wird? Es herrscht doch gewiß keine allgemeine Sympathie unter den Schelmen, und sie haben doch auch nicht wie die Freimaurer ein allgemeines Erkennungszeichen? Die Sache steckt wirklich nur darin, daß sie einerlei Absicht im Kopfe haben und ihre Gedanken einerlei Richtung nehmen. Daher kann es uns nicht wundern, daß Sophie die deutlichen Merkmale der Liebe an Jones sah und Western nicht, wenn wir СКАЧАТЬ