Название: Die großen Western Staffel 4
Автор: Diverse Autoren
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Die großen Western
isbn: 9783740912383
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Rosanna legte das Papier auf ihr Knie und begann Buchstaben darauf zu malen. Immer wieder hielt sie inne und überlegte. Oft war sie in Gedanken weit weg. Dann kaute sie auf dem Schreibstift.
Cals Pflegemutter ließ das Mädchen allein, nahm Cal beim Arm und ging mit ihm hinaus.
»Du hast sie sehr gern, Cal?«
»Ja, Mam«, sagte Cal und schluckte. »Ich war losgeritten, um Rache zu nehmen. Aber es war merkwürdig. Als ich sie getroffen habe, kam es mir plötzlich nur noch darauf an, sie in Sicherheit zu bringen.«
»Kümmere dich um sie, Cal. Sie hat dich auch gern. Ich spür’s.« Sie schirmte die Augen mit der Hand ab. »Was wollen die Reiter bei uns?«
Sie mußten lange warten, bis das Aufgebot auf dem Hof war. Einer der Männer aus Cottonfield sagte, was mit Willobie gemacht worden war.
»Sie haben ihn halbtot geschlagen.« Der Mann hustete im Staub. »Er fürchtet, daß sie auf die Farm kommen könnten. Wir sind zu eurem Schutz hier.«
Mrs. Rooster zeigte den Männern Schlafplätze im Stall, Schuppen und Scheune. Ihr war anzusehen, daß sie froh war über die Hilfe aus Cottonfield. Niemals hatte sie diese Hilfsbereitschaft erwartet. Willobies Anblick mußte die Männer wachgerüttelt und zornig gemacht haben.
Erleichtert ging sie mit Cal zurück zum Haus.
»Jetzt kann nichts mehr passieren«, meinte Cal. »Du bist sicher, Mam.«
»Soll das heißen, daß du wieder reiten willst, Cal?« Sie blieb stehen und faßte nach seinem Arm. »Wohin?«
»Zu den drei Eichen, Mutter. Ich möchte allein sein.« Cal lächelte, doch ihm war gar nicht danach zumute. »Ich hab’ meinen Vater verloren und doch wieder nicht. Ist doch merkwürdig. Und du bist nicht meine Mutter und doch meine Mam. Wär’ doch bloß alles beim alten geblieben!«
Arlene Rooster verstand ihren Adoptivsohn sehr gut. Er trauerte um seinen Vater Lee und war zugleich gespannt auf seinen richtigen Vater Maverick. Das war nicht einfach.
»Ich kann dich nicht daran hindern, Cal, zu den Gräbern zu reiten, aber komm bald zurück. Dein Vater hat Feinde. Das sind Killer, Cal. Ich fürchte, daß etwas Schreckliches geschehen wird. Ebenso Schreckliches wie der Mord an deinem Onkel Lee.«
»Nein, Mutter, diesmal irrst du dich. Komm, gehen wir zu Rosanna ins Haus.«
Rosanna saß noch immer am Kamin. Sie hielt Arlene das Stück Papier entgegen.
Die Frau nahm es, ging damit an den Tisch heran und glättete es. Dann las sie, und ihre Augenlider flatterten auf einmal. Unruhig blickte sie auf, sah Cal an.
Er trat näher, beugte sich über das auf dem Tisch liegende Papier und las den Namen, der in großen Buchstaben niedergeschrieben worden war. Das war der Name des Mannes, nach dem Rosanna suchte. Um ihn zu finden, war sie viele lange Meilen einsam durch das weite Land geirrt und hatte sich die Füße blutig gelaufen.
Da stand es dick auf dem Papier.
ROOSTER.
*
Sie standen sich gegenüber: Zwei Giganten der Colts.
Nur ein paar Schritte trennte sie voneinander. Zwischen ihnen befand sich die spitze Ecke des alten Stangencorrals.
Am Eckpfosten stand Nellie, die reife und schöne Frau. Wind bewegte ihr langes braunes Haar, kräuselte es lockig, drückte das lange rote Kleid sanft an ihren schlanken Körper.
Nellie sah hin und her, blickte abwechselnd auf Donovan Fairbanks und Maverick »Lobo« Rooster.
Der eine war gekommen, der andere wollte gerade ausbrechen. Und Nellie hatte es sich nicht nehmen lassen, Rooster zum Corral hinauszubegleiten.
Hier am Corral waren bislang nur wenige Worte gefallen, doch diese Worte mußten folgenschwer sein! Nellie kannte ihren Rooster schon zu gut, um das zu wissen.
Sein Bruder Lee war an seiner Stelle erschossen worden. Eine Verwechslung, die nicht wiedergutzumachen war.
Roosters Gesicht war rauh und ausdruckslos. Nur die Stirn hatte er gerunzelt. Ein Zeichen dafür, daß in ihm kalter Zorn war.
Jetzt nahm er sein Sattelpferd am Zügel und stapfte am Corral entlang, näherte sich der Ecke, wo Nellie stand.
Vor ihr verharrte er: »Es soll wohl nicht sein mit uns beiden, Nellie. Ich reite nach Cottonfield. Sollten diese Halunken nach Sundance Corral kommen, dann sei nett zu ihnen. Halte sie auf. Keiner soll mir entkommen. Ich krieg’ sie alle.«
Das hatte er schon einmal gesagt. Und zuvor auch noch andere Male. Und er hatte sie tatsächlich alle zur Strecke gebracht.
Langsam kam Donovan Fairbarks von der anderen Corralseite heran.
»Verschon den einen, Maverick.« Seine Stimme klang schwer. »Diesen Kid. Der Junge weiß nicht, was er tut. Er ist mein Sohn.«
Maverick ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. Er bereitete sich schon auf Kampf vor. Das war jedesmal so. Er mußte innerlich dazu bereit sein. Und er mußte von der Notwendigkeit völlig überzeugt sein. In diesem Fall war er es schon.
»Das kann ich nicht, Don«, entgegnete er schroff, »und du weißt das Wenn ich sie vor dem Lauf habe, dann sind sie alle meine Gegner. Da gibt es keine Ausnahme. Glaubst du etwa, daß dein Sohn Kid nicht auf mich schießen wird? Alle werden es tun! Zumindest versuchen. Dann werde ich keine Zeit haben, auf deinen Sohn zu achten.«
Fairbanks krampfte die Linke um den Zügel und blieb stehen. In seinem Gesicht arbeitete es. Für einen Augenblick sah er alt und müde aus. Dann war er wieder der siegesgewohnte und kaltblütige Revolvermann.
»Gut, Maverick –?wie du willst. Ich will dir nur noch das eine sagen: Kid ist mein einziger Sohn. Ich lasse mir nichts wegnehmen. Das weißt du. Wenn du ihn erschießt, sind wir beide Todfeinde.«
Beinahe wütend blickte Rooster ihn an.
»Erwartest du von mir, daß ich mich erschießen lasse, he? Sag’ deinem Kid, daß er sich aus meiner Schußrichtung halten soll! Sonst gibt es keine Chance für ihn. Sechs Mann, Donovan –?das ist eine Meute! Da kann ich nicht lange fackeln.«
Fairbanks blaue Augen verengten sich.
»Du hast doch auch einen Sohn, Maverick! Was würdest du tun, wenn man dir deinen Sohn abschießt?«
Da zog Rooster sich in den Sattel. »Vielleicht ist er schon erschossen worden!« antwortete er mit nachdenklicher Miene. »Ich will dir trotzdem darauf eine Antwort geben. Mein Sohn gehört keiner Bande an. Das ist der Unterschied.«
»Ja.« Donovan senkte den Blick. »Ich hab’ dich noch nie um was gebeten, Maverick. Jetzt tu ich es. Schieß an Kid vorbei. Verwunde ihn. Dann hab’ ich die Chance, aus ihm einen ordentlichen Kerl zu machen.«
Das Pferd galoppierte los, wirbelte eine СКАЧАТЬ