Die dreißig tolldreisten Geschichten. Оноре де Бальзак
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Название: Die dreißig tolldreisten Geschichten

Автор: Оноре де Бальзак

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783955014674

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СКАЧАТЬ Lärm und Geschrei fort, um bei der genannten Alten eine Laterne zu holen; als sie aber mit ihrer Leuchte zurückkamen, sahen sie zu ihrer höchsten Verwunderung den Onkel dastehen, fest und aufrecht wie ein Baumstamm. Er war in heiterster Laune und scherzte über den guten Wein des Advokaten und dass er doch noch feste Knochen haben müsse, wenn sie einen solchen Fall überstehen könnten, ohne aus dem Leime zu gehen, wie sie denn in seinem langen Leben Schlimmeres überstanden hätten.

      Die guten Neffen hatten nicht anders geglaubt, ab ihn tot wiederzufinden. Ihre Hoffnung, den guten Onkel noch zu ihren Lebzeiten auf dem Schrägen zu sehen, wurde durch diese Erfahrung beträchtlich verringert. Sie nannten ihn also nicht mit Unrecht ihren guten Onkel, denn wahrhaftig, er war nicht von schlechtem Schrot und Korn. Böse Zungen behaupteten, jene Steine hätten dem guten Chorherrn den guten Rat ins Ohr geflüstert, in Zukunft lieber seinen eignen Wein als den seiner Neffen zu trinken.

      Von alledem ist so viel sicher und gewiss, dass der alte Chorherr, ob er nun der Teufel war oder nicht, nur noch selten aus dem Hause ging und sich alles eher einfallen ließ, als zu sterben, auch dass er drei Erben hatte, die er liebte wie sein Rheuma, seine Gicht, sein Zipperlein, sein Zahnweh und ähnliche liebenswürdige Gäste an der Tafel des Lebens.

      Von diesen drei Erben war der eine der wildeste Landsknecht, der je einen Mutterleib durchbrochen hat – dessen Schoß er nicht übel zugerichtet haben mochte. Denn er war schon mit Haaren auf den Zähnen zur Welt gekommen, er schmauste wie der Heide Goliath, und seine Wohnung war bei allen schlechten Weibsbildern, kurz, er war aus keinem geringeren Teig gemacht als sein Onkel selber, mit dem er nicht nur die Dauerhaftigkeit seiner Kräfte und Säfte, sondern auch ihre Anwendung gemein hatte. In der Schlacht war er stets darauf bedacht, Hiebe und Stöße auszuteilen, aber selber keine zu bekommen, was ja doch das A und O aller Kriegskunst ist.

      Er scheute jedoch keine Gefahr, und wenn er auch keine andere Tugend hatte, die Tapferkeit konnte ihm niemand absprechen. Er war der Hauptmann von einem Fähnlein Landsknechte und sehr beliebt bei dem Herzog Johann von Burgund, der sich den Teufel drum kümmerte, was seine Soldaten alias trieben. Dieser Neffe des Teufels hieß mit Namen Cochegrue oder Schweinsleder; aber seine Gläubiger, als da waren Lombarden, Juden, Mastbürger und andre; denen er gelegentlich die Taschen erleichterte, nannten ihn den ›Hundsaffen‹, weil er ebenso schlau als fürchterlich sein konnte. Er war außerdem etwas bucklig, und wehe dem, der dergleichen tat, diese Verunstaltung zu bemerken.

      Der zweite Neffe hatte darauf studiert, wie man Unrecht in Recht verdreht und umgekehrt. Er hatte durch die Protektion seines Onkels eine Advokatenstelle am Oberhofgericht erhalten und machte den Rechtsbeistand all der Damen, deren Seelenbeistand ehemals der Chorherr gewesen war. Er hieß allgemein ›der Sauluder‹ in Anspielung auf seinen wahren Namen, denn der lautete Schweinsleder wie bei seinem Bruder, dem Hauptmann. Dieser Sauluder pisste kalt, hatte einen schäbigen, windschiefen Körper, ein eingefallenes fahles Gesicht und eine Physiognomie wie ein Wiesel. Immerhin war er einen halben Groschen mehr wert als der Hauptmann, und ein halbes Quäntchen Liebe für seinen Onkel konnte man ihm nicht absprechen. Nur in den letzten Jahren war sein Herz leck geworden und die Dankbarkeit Tropfen um Tropfen weggesickert. Er besorgte aber zeitweilig die Geschäfte seines Onkels und versäumte dabei nicht, im voraus so viel Saft als möglich aus der Erbschaft herauszupressen.

      Die beiden Brüder sahen sich leider genötigt, nach Sitte und Herkommen, nach Recht und Gerechtigkeit den Brocken, der ihnen nicht zu dick gewesen wäre, mit einem Dritten zu teilen, einem armen Vetter, einem Schwestersohn des Chorherrn, den dieser wenig liebte und der auf dem Lande aufwuchs, wo er die Schweine hütete. Dieser bäuerliche Viehhirt wurde nun von den beiden Brüdern in die Stadt gerufen und dem Onkel zur Bedienung ins Haus gegeben in der Berechnung und Hoffnung, dass er durch seine Eseleien, Schweinereien und Tölpeleien, kurz, durch seine Dummheit den Chorherrn mit Leichtigkeit dahin brächte, ihn aus seinem Testament zu streichen.

      Seit einem Monat ungefähr wohnte der arme Stoffel, wie der Viehhüter hieß, als einziger Hausgenosse bei dem Onkel, und so ungelehrt er war, begriff er doch, dass es fast vorteilhafter und leichter sei, einen alten Chorherrn zu hüten als eine Herde Schweine. Mit großer Schlauheit spielte er den Dümmling und Demütigen gegen seinen Onkel und machte sich so recht zum Stab und Stecken seines Alters. Er sagte »Helf Gott!«, wenn der Onkel nieste, »Zur Gesundheit!«, wenn er rülpste, und »Wohl bekomm's!« oder »Gsegen's Gott!«, wenn etwas anderes an ihm lautbar und ruchbar wurde. Er gab, wenn es regnete, auf die Katze acht, dass sie nicht nass wurde, war zu jeder Zeit voll Aufmerksamkeit auf jedes Wort des Alten und ertrug mit Lammsgeduld sein ewiges Gehuste, Gezanke und Gestänke. Er versicherte dem Alten ganz aufrichtig, er sei der schönste Chorherr von der Welt, und der Onkel, den man nicht mit der Nase auf seinen Vorteil zu stoßen brauchte, plagte den armen Stoffel, soviel nur in seinen alten Kräften stand, ließ ihn um sich herumtanzen wie einen Kreisel und belustigte ihn von früh bis spät mit seinem ewigen »Stoffel geh her!«, »Stoffel geh weg!«, »Stoffel komm wieder!«.

      »Der Tölpel wird mich unter die Erde bringen«, klagte der Chorherr bei seinen Neffen. Als der Stoffel das hörte, gab er sich noch mehr Mühe, es dem Onkel recht zu machen; er spitzte die Ohren wie ein Schäferhund, aber er hatte nun einmal einen Hintern wie zwei Kürbisse, plumpe Glieder und breite Schultern, kurz, mehr von der Art eines schwerfälligen Silen als eines leichtfüßigen Zephyrs. Im übrigen war er ein frommes Gemüt, nichts machte ihm einen Kummer, also wurde er immer dicker und fetter, lange vor der fetten Erbschaft.

      Eines Abends unterhielt sich der Onkel mit ihm über den Teufel, der mit tausend Qualen und Ängsten die armen Seelen martert und die Verdammten am ewigen Feuer röstet, das der liebe Gott zu diesem Ende angezündet hat, usw. Da machte der gute Stoffel zwei Augen so groß wie Pflugräder und lachte ganz albern, das sollte heißen, dass ihm dieser Glaube schlecht einging.

      »Du bist also kein Christ?« fragte der Chorherr.

      »Warum nicht gar«, antwortete der Neffe.

      »Nun also: da es einen Himmel gibt für die Guten, muss es da nicht eine Hölle geben für die Bösen?«

      »Wieso, Herr Onkel? Der Teufel ist in der Welt Gottes so unnötig wie ein Kropf. Sagt doch selber, lieber Onkel, wenn Ihr hier in Eurem Hause einen nichtswürdigen Kerl hättet, der alles drunter und drüber brächte, würdet Ihr ihn nicht hinausschmeißen?«

      »Und wie ich ihn hinausschmeißen würde!«

      »Nun seht, Herr Onkel, da wäre ja der liebe Gott selber ein dummer Teufel, wenn er in seiner Welt, wo er alles so herrlich und schön gemacht hat, den Teufel herumwirtschaften und sich sein schönes Werk von ihm verderben und verschmutzen ließe. Also ich kann nicht an den Teufel glauben, wenn ich an den lieben Gott glauben soll. Ich möchte ihn einmal sehen, diesen Herrn Teufel. Oh, ich hätte keine Angst vor ihm.«

      »Wenn ich das gewiss wüsste«, antwortete der Chorherr, »da brauchte mir nicht bange zu sein wegen der Sünden meiner Jugend, wo ich manchmal etwas allzu verschwenderisch absolviert habe.«

      »Absolviert immerzu, Herr Kanonikus, das wird Euch im Himmel hoch angerechnet werden.«

      »Du glaubst?« – »Ich bin dessen sicher.«

      »Und dir ist gar nicht angst, Christoph, so frech den Teufel abzuleugnen?«

      »Bei Gott!« rief der Stoffel, »ich kümmere mich um den Teufel soviel wie um eine hohle Nuss.«

      »Du wirst bestraft werden für deinen Unglauben.«

      »Keineswegs. Der liebe Gott wird mich schon gegen den Teufel zu verteidigen wissen; er ist gewiss nicht so einfältig, wie ihn die Gelehrten hinstellen.«

      Über diesen Worten traten beide Neffen ein; sie hörten am Ton der Stimme, dass der Chorherr den СКАЧАТЬ