Die dreißig tolldreisten Geschichten. Оноре де Бальзак
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Название: Die dreißig tolldreisten Geschichten

Автор: Оноре де Бальзак

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783955014674

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СКАЧАТЬ das Fräulein von Pisseleu ruhte nicht, bis sie ihre Rivalin gestürzt sah.

      Viele wären übrigens mit diesem Sturz sehr zufrieden gewesen. Sie wurde an einen jungen Edelmann verheiratet, den sie sehr glücklich machte; denn also unerschöpflich loderte das Feuer ihrer Liebe, dass sie mancher kalten noch genug davon hätte abgeben können.

      Doch damit habe ich dem Gang der Erzählung vorgegriffen. Als sie aber noch das Königsliebchen war und sich eines Tages in ihrer Sänfte durch die Straßen der Stadt tragen ließ, um Bänder und Schnüre, Halskrausen und Pantöffelchen, Spezereien und güldne Haften und andere Liebesmunition einzukaufen, sah sie in ihrer Schönheit und ihrem Schmuck so verführerisch aus, dass jedermann, insbesondere die Kleriker, bei ihrem Anblick nichts anderes meinten, als den Himmel offen zu sehen, da muss ihr zufällig und nach langer Zeit am Kreuz von Trahoir – was meint ihr, wer, begegnen?

      Ihr armer Ehemann. Sie fuhr bei diesem Anblick zurück, wie wenn sie eine Viper gestochen hätte. Und seht, das heiße ich mir eine gute Ehefrau; eine andere hätte wahrlich den Kopf erst recht hoch getragen und weit hervorgestreckt, um Seiner Majestät von Ehemann ihre ganze Verachtung an den Tag zu legen.

      »Was ist Euch, schöne Frau?« fragte der Graf von Lannoy, der sie aus Verehrung begleitete.

      »Nichts Wichtiges«, antwortete sie leise; »aber da ist just mein Mann vorübergegangen, der Arme hat sich sehr verändert. Ehemals sah er aufs Haar einem Affen ähnlich, heute, scheint mir, gleicht er dem Bild des Hiob in seinem tiefsten Jammer.«

      Der beklagenswerte Makler in dem Handelsgeschäft um Recht und Gerechtigkeit stand da wie versteinert; seine Frau hatte verführerisch ihren kleinen Fuß ein wenig aus der Sänfte hervorlugen lassen, und sein Herz war erbebt bei diesem Anblick. Er liebte seine Frau heftiger als je.

      »Der Umstand, dass er Euer Ehemann ist«, sagte der Graf von Lannoy als echter Höfling, »nimmt ihm ja nicht das Recht, Euch auf der Straße zu begegnen.«

      Da musste sie laut herauslachen. Ihr Mann aber, statt ihr einen Dolch in den Hals zu stoßen, brach bei diesem Lachen in bittre Tränen aus, und so schwer wurde ihm das Herz und so sehr verlor er alle Besinnung, dass er fast einen armen Teufel über den Haufen gerannt hätte, der sich von der vorübergetragenen königlichen Schönheit kitzeln ließ wie von den wärmenden Strahlen der Frühlingssonne.

      Der Anblick dieser wunderbaren Blume, die man ihm ehemals als Knospe unter die Nase gehalten und die nun aufgeblüht war zu berauschendem Duft und Glanz gleich einer Märchenfee, machte den armen reichen Advokaten krank vor Schmerz und verliebter, als es menschliche Worte aussprechen können. Man muss einmal von einer Geliebten bis zur Tollheit berauscht gewesen sein, ohne sie zu besitzen, um zu begreifen, was in der Seele dieses Mannes vor sich ging; doch wird eine so heiße Leidenschaft wie die seinige zu aller Zeit eine seltene Sache sein.

      Er tat also bei sich einen heiligen Schwur, dass er Leben und Reichtum und Ehre darangeben wolle, um wenigstens einmal in den unverkürzten Besitz seines rechtmäßigen Eheweibs zu gelangen, und gründlich wolle er sie dann besitzen und ganz aus dem Effeff und wenn ihm darüber der Atem ausgehen sollte für immer.

      Die ganze Nacht tat er kein Auge zu, und tausendmal sagte er sich's vor: »Ja, ich werde sie haben, ich bin ihr Ehemann! Bei allen Teufeln! Bei allen Engeln Gottes!« Und er schlug sich vor die Stirn und wälzte sich auf seinem Lager.

      Es gibt aber in dieser Welt Zufälle, die von kleinen Geistern nicht geglaubt werden, weil sie fast wunderbar scheinen; indes die starken Köpfe keineswegs daran zweifeln, weil sie wissen, dass man dergleichen nicht erfinden könnte. Einen solchen wunderbaren Zufall erlebte unser Advokat just am andern Morgen nach der eben besprochenen Nacht und seinem einsamen Liebesjammer. Da trat in seine Schreibstube einer seiner Klienten, der ein vornehmer und mächtiger Mann bei Hofe war und Zutritt zum König hatte, sooft er wollte; dieser erklärte dem Advokaten, dass er ohne Aufschub zwölftausend Dukaten brauche, worauf der Mann im Pelzbarett zur Antwort gab, dass man zwölftausend Dukaten nicht eben auf der Straße auflesen könne, dass es nötig wäre, außer Bürgschaft und Sicherheit für die Interessen einen Mann zu finden, bei dem die genannten zwölftausend Dukaten mit gekreuzten Armen gerade müßig säßen, dass einem ein solcher Mann nicht an jeder Straßenecke begegne und was sonst die Herren Geldverleiher bei derartigen Gelegenheiten für ein Geschmus zu machen pflegen.

      »Ihr habt also wohl, gnädiger Herr«, forschte der Advokat, »einen unbequemen Gläubiger, der Euch in die Enge treibt?«

      »Gewiss, gewiss«, antwortete der andere. »Und es ist niemand anders – aber dass Ihr mir kein Wort darüber verliert – als die Geliebte des Königs; für nur zwölftausend Dukaten und mein Gut in Brie will ich ihr heute Abend Maß nehmen.«

      Bei diesen Worten erbleichte der Anwalt. In dem Höfling stieg eine Ahnung auf, dass er sich verplappert haben könne; er war erst aus dem Kriege zurückgekehrt und wusste nicht, dass das Königsliebchen einen Herrn Gemahl hatte.

      »Was ist Euch?« fragte er den Advokaten.

      »Ich habe ein wenig Fieber«, antwortete der Wucherer; »aber sagt mir, wem habt Ihr das Geld und den Kontrakt zu übergeben, doch nicht ihr in Person?«

      »Ihr ganz allein.«

      »Und Ihr habt keinen Unterhändler?«

      »O doch«, antwortete der Edelmann; »solche Kleinigkeiten und Bagatellen werden durch eine Zofe besorgt, die das geriebenste Kammerkätzchen ist, das man sich denken kann. Oh, die ist durch wie ein Sieb, und es wird schon etwas an ihren feinen Fingern hängenbleiben von dem Kaufpreis der Nächte, um die sie den König betrügt.«

      »Ich weiß einen befreundeten Wechsler«, erwiderte der Anwalt, »durch den Euch wohl geholfen werden könnte; aber keinen Finger will ich rühren, und von den zwölftausend Dukaten sollt Ihr nicht einen roten Heller bekommen, außer Ihr sorgt dafür, dass die genannte Kammerzofe selber hierherkommt und den Preis für die wundersame alchimistische Retorte, die Blut in Gold verwandelt, selber in Empfang nimmt.«

      »So recht«, sprach lachend der Edelmann; »Ihr werdet nicht vergessen, Euch die Quittung von ihr geben zu lassen.«

      Die Zofe kam zur festgesetzten Stunde und fand bei unserm Advokaten die Herren Dukaten bereits auf sie warten; in kleinen Säulen aufgereiht, schön geordnet wie Nonnen, die zur Vesper gehen, blinkten sie ihr entgegen auf dem Tisch des Anwalts. Selbst ein verprügelter Esel hätte ihnen ein freundliches Gesicht gemacht, so schön und leuchtend waren sie, diese braven, edlen, jungen Gesellen.

      Aber der Anwalt hatte dieses Schauspiel nicht für einen alten Esel berechnet, und das Kammerkätzchen – er hatte es so vorausgesehen – leckte sich bei ihrem Anblick die Lippen, war mehr Kätzchen in diesem Augenblick als je und sah das Gold mit Augen an – ihr könnt euch denken, mit was für Augen!

      »Das soll alles Euch gehören!« flüsterte ihr der betrogene Ehemann ins Ohr.

      »Ah«, wispelte sie, »so teuer bin ich noch nie bezahlt worden.«

      »Mein Schätzchen«, sprach der Mann, »Ihr sollt die gelben Vögel haben ohne das, was Ihr meint. Einstweilen sagt mir eins. Euer Auftraggeber hat Euch wohl nicht meinen Namen genannt? So wisst, ich bin der richtige und wahrhaftige Ehemann der Dame, die sich der König zu seinem Vergnügen hält und die Eure Herrin ist. Bringt ihr diese Dukaten und kommt hierauf zurück, so will ich Euch zwölftausend andere vorzählen, und Ihr sollt mit meiner Bedingung dafür zufrieden sein.«

      Die Zofe erholte sich rasch von ihrem ersten Erstaunen; sie war nur zum Sterben СКАЧАТЬ