Ausgewählte Werke von Selma Lagerlöf. Selma Lagerlöf
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Читать онлайн книгу Ausgewählte Werke von Selma Lagerlöf - Selma Lagerlöf страница 43

Название: Ausgewählte Werke von Selma Lagerlöf

Автор: Selma Lagerlöf

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9788027207015

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СКАЧАТЬ der Schnee in Sunnerbo zu Anfang April wegtaut, zeigt es sich, daß das, was darunter verborgen liegt, nichts ist als unfruchtbare Sandheiden, kahle Felsen und große, flache Moore. Äcker gibt es wohl hier und da, aber sie sind so klein, daß man sie kaum bemerkt, und kleine graue oder rote Bauerhäuser sind da auch, aber sie liegen in der Regel in einem Birkenhain verborgen, fast als seien sie bange, sich zu zeigen.

      Wo die Sunnerboer Harde an die Grenze von Halland stößt, liegt eine so ausgedehnte Sandheide, daß wer an dem einen Ende steht, nicht nach der gegenüberliegenden Seite hinübersehen kann. Auf der ganzen Heide wächst nichts weiter als Heidekraut, und es würde auch nicht leicht sein, andere Pflanzen dort zum Wachstum zu bringen. Zu allererst müßte man dann wenigstens das Heidekraut ausroden, denn mit dem ist es so bestellt, daß es, obwohl es nur einen kleinen, verkrüppelten Stamm, kleine, verkrüppelte Zweige und trockene, verkrüppelte Blätter hat, sich dennoch einbildet, ein Baum zu sein. Deswegen benimmt es sich so wie die richtigen Bäume, breitet sich wie Wälder über große Strecken aus, hält getreulich zusammen und bringt alle fremden Pflanzen, die auf seinem Gebiet eindringen wollen, zum Aussterben.

      Die einzige Stelle auf der Heide, wo das Heidekraut nicht Alleinherrscher ist, bildet ein niedriger, steiniger Bergrücken, der mitten darüber hingeht. Dort wachsen Wacholderbüsche, Ebereschen und einige große, schöne Birken. Zu der Zeit, als Niels Holgersen mit den wilden Gänsen umherreiste, lag dort auch ein Haus mit einem kleinen, urbar gemachten Fleckchen Erde rings herum, aber die Leute, die einstmals dort gewohnt hatten, waren aus irgendeinem Grunde weggezogen. Das kleine Haus stand leer, und der Acker lag unbestellt da.

      Als die Leute das Haus verließen, hatten sie die Ofenklappe zugemacht, die Fensterhaken befestigt und die Tür verschlossen. Aber sie hatten nicht daran gedacht, daß eine Fensterscheibe zerschlagen und ein alter Lappen in die Öffnung gestopft war. Der Regen von ein paar Sommern hatte den alten Lappen mürbe gemacht, bis er auseinander fiel, und schließlich war es einer Krähe gelungen, ihn herauszuzupfen.

      Der Bergrücken auf der Heide war nämlich nicht so verlassen, wie man glauben sollte; er war von einem großen Krähenvolk bewohnt. Die Krähen wohnten natürlich nicht das ganze Jahr hindurch dort. Sie reisten im Winter ins Ausland, im Herbst flogen sie in ganz Götaland von einem Acker zum andern, und pickten Körner auf, im Sommer zerstreuten sie sich über die Gehöfte in der Sunnerboer Harde und lebten von Eiern, Beeren und jungen Vögeln, in jedem Frühling aber, wenn sie Nester bauen und Eier legen wollten, kehrten sie nach der Heide zurück.

      Die Krähe, die den alten Lappen aus dem Fenster zupfte, hieß Garm Weißfeder, wurde aber in der Familie nie anders genannt als Drumle oder gar Fumle-Drumle, weil sie zu nichts weiter taugte, als daß man sich lustig über sie machte. Fumle-Drumle war größer und stärker als irgendeine von den andern Krähen, aber das half ihr nicht im geringsten; sie war und blieb nur zum Gespött für die andern. Es nützte ihr auch nicht, daß sie aus ausgezeichneter Familie war. Wäre es mit rechten Dingen zugegangen, so hätte sie eigentlich der Anführer der ganzen Schar sein müssen, denn diese Würde war von alters her der Ältesten aus dem Geschlecht der Weißfeders zuerteilt gewesen. Lange jedoch ehe Fumle-Drumle geboren, war die Macht ihrer Familie entrissen und in die Hände einer wilden und grausamen Krähe namens Wind-Eile übergegangen.

      Dieser Herrscherwechsel kam daher, daß die Krähen auf dem Krähenbergrücken Lust bekommen hatten, ihre Lebensweise zu verändern. Es gibt sicher Leute, die glauben, daß alles, was Krähe heißt, auf gleiche Weise lebt, aber das ist ganz verkehrt. Es gibt ganze Krähenvölker, die ein rechtschaffenes Leben führen, das heißt, sie essen nur Frösche, Würmer und Larven und tote Tiere, aber dann gibt es auch andere, die ein vollständiges Räuberleben führen, junge Hasen und kleine Vögel überfallen und jedes Nest ausrauben, das sie nur erblicken.

      Die alten Weißfeders waren strenge und einfach gewesen, und solange sie die Schar anführten, hatten sie die Krähen gezwungen, sich so zu benehmen, daß andere Vögel ihnen nichts nachsagen konnten. Aber der Krähen waren viele, und die Armut unter ihnen war groß. Auf die Dauer konnten sie eine so strenge Lebensweise nicht ertragen, sondern empörten sich gegen die Weißfeders und ließen Wind-Eile zur Macht gelangen. Er war der schlimmste Nestplünderer und Räuber, den man sich nur denken konnte, es sei denn, daß seine Frau, Wind-Kaara, noch ärger war. Unter ihrem Regiment hatten die Krähen begonnen, ein solches Leben zu führen, daß sie jetzt gefürchteter waren als Habichte und Bergeulen.

      Fumle-Drumle hatte natürlich nichts in der Schar zu sagen. Alle waren sich darin einig, daß er nicht im geringsten nach seinen Vorfahren geartet sei und nicht als Anführer tauge. Niemand würde ihn beachtet haben, falls er nicht beständig neue Dummheiten gemacht hätte. Einige, die sehr klug waren, sagten zuweilen, es sei gewiß ein Glück für Fumle-Drumle, daß er so ein armer Narr war, denn sonst würden Wind-Eile und Wind-Kaara ihn, der dem alten Häuptlingsgeschlecht entstammte, wohl nicht bei der Schar geduldet haben.

      Jetzt waren sie dahingegen sehr freundlich gegen ihn und nahmen ihn gern mit auf ihre Jagden. Denn dann konnten alle sehen, wie viel tüchtiger und mutiger sie waren als er.

      Keine von den Krähen wußte, daß Fumle-Drumle den alten Lappen aus dem Fenster gezupft hatte, und hätten sie es gewußt, so würden sie grenzenlos erstaunt gewesen sein. Sie hätten ihm einen so großen Mut, sich einer Menschenwohnung zu nähern, nicht zugetraut. Er selbst würde sich schon hüten, die Sache zu verraten; dazu hatte er seine guten Gründe. Eile und Kaara behandelten ihn stets gut am Tage und wenn die andern zugegen waren, aber in einer sehr dunklen Nacht, als ihre Kameraden schon auf der Schlafstange saßen, wurde er von ein paar Krähen überfallen und fast zu Tode gehackt. Seit jener Zeit entfernte er sich jeden Abend, wenn es dunkel geworden war, von seinem gewöhnlichen Schlafplatz und nahm Zuflucht in dem leeren Hause.

      Nun geschah es eines Nachmittags, als die Krähen schon ihre Nester auf dem Krähenberge instand gesetzt hatten, daß sie einen merkwürdigen Fund machten. Wind-Eile, Fumle-Drumle und ein paar andere waren in eine große Vertiefung hinabgeflogen, die sich in einer Ecke der Heide befand. Die Vertiefung war nichts weiter als eine Kiesgrube, aber die Krähen konnten sich nicht bei einer so einfachen Erklärung beruhigen. Sie flogen wieder und wieder da hinunter und drehten und wendeten jedes Sandkörnchen um, denn sie wollten erforschen, warum die Menschen diese Vertiefung gegraben hatten. Während nun die Krähen hiermit beschäftigt waren, stürzte eine ganze Menge Kies von der einen Seite herab. Sie eilten dorthin und hatten das Glück, zwischen herabgestürzten Steinen und Erdhügeln eine ziemlich große Tonkruke zu finden, die mit einem hölzernen Deckel verschlossen war. Sie waren natürlich begierig zu sehen, ob etwas darin sei, und sie versuchten, sowohl ein Loch in die Kruke zu hacken, wie auch den Deckel aufzubrechen. Aber keins von beiden wollte ihnen gelingen.

      Ganz ratlos standen sie da und betrachteten die Brücke, als sie jemand sagen hörten: »Soll ich herunterkommen und euch helfen, ihr Krähen?« Sie sahen auf. Am Rande der Kiesgrube sah ein Fuchs und guckte zu ihnen hinab. Er war der schönste Fuchs, den sie jemals gesehen hatten, sowohl was die Farbe als auch den Bau betraf. Der einzige Fehler an ihm daß er nur ein Ohr hatte.

      »Hast du Lust, uns einen Dienst zu leisten,« sagte Wind-Eile, »so sagen wir nicht nein.« Und im selben Augenblick flogen er und die andere aus der Grube heraus. Statt dessen sprang der Fuchs hinein, biß in die Kruke und zerrte an dem Deckel, aber auch er konnte sie nicht aufbekommen.

      »Kannst du begreifen, was da drin ist?« sagte Wind-Eile. Der Fuchs rollte die Kruke hin und her und horchte. »Es kann nichts anderes sein als Silbergeld,« sagte er.

      Das war mehr, als die Krähen sich hatten träumen lassen. »Glaubst du, daß es Silber sein kann?« fragten sie, und ihre Augen waren nahe daran, ihnen aus dem Kopf zu springen vor lauter Gier, denn so sonderbar es klingen mag, es gibt nichts auf der Welt, was die Krähen so lieben wie Silbergeld.

      »Hört doch, wie es rasselt!« sagte der Fuchs und rollte die Kruke noch СКАЧАТЬ