Название: Ausgewählte Werke von Selma Lagerlöf
Автор: Selma Lagerlöf
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9788027207015
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Im letzten Augenblick mußte der jedoch bemerkt haben, daß da irgend etwas vor sich ging, denn er sprang zur Seite, so daß die Füchse ihren Sprung verfehlten. Dem Gänserich half das nun freilich nicht viel, denn er hatte ja nur einen kleinen Vorsprung vor ihnen, und außerdem hinkte er ja auch. Der Ärmste stürzte davon, so gut er konnte. Und Gänse können ja schrecklich schnell laufen, so daß es sogar einem Fuchs schwer werden kann, sie einzuholen.
Der Junge ritt rücklings auf dem Gänserücken und schrie den Füchsen zu: »Ihr habt euch viel zu dick am Hammelfleisch gefressen! Ihr könnt nicht einmal eine Gans mehr einholen!« Er neckte sie, so daß sie ganz rasend vor Wut wurden und an nichts weiter dachten, als ihm nachzustürzen.
Der weiße Gänserich lief gerade auf die große Schlucht zu. Als er dahin gelangt war, machte er einen Schlag mit den Flügeln, so daß er auf die andere Seite hinübergelangte. Da waren ihm die Füchse dicht auf den Fersen.
Der Gänserich rannte in unverminderter Hast weiter, auch nachdem er auf der anderen Seite der Höllenschlucht angelangt war. Als er aber ungefähr zehn Ellen gelaufen war, klopfte der Junge ihn auf den Hals und sagte: »Jetzt kannst du gern stehen bleiben, Martin.«
Im selben Augenblick hörten sie hinter sich ein wildes Geheul, ein heftiges Kratzen von Krallen und einige schwere, aufklatschende Laute. Von den Füchsen aber sahen sie nichts.
Am nächsten Morgen fand der Leuchtturmwärter auf der großen Karlsinsel ein Stück Baumrinde, das unter die Tür geschoben und worauf mit schiefen, unbeholfenen Buchstaben gekratzt war: »Die Füchse auf der kleinen Karlsinsel sind in das Teufelsloch gefallen. Sieh dich nach ihnen um!«
Und das tat der Leuchtturmwärter.
XIII. Zwei Städte
Auf Meeresgrund.
Sonnabend, den 9. April.
Es wurde eine stille, klare Nacht. Die wilden Gänse machten sich nichts daraus, Unterschlupf in einer der Grotten zu suchen, sie standen und schliefen oben auf der Klippenfläche, und der Junge hatte sich in das kurze, trockene Gras neben die Gänse gelegt.
Es war heller Mondschein in jener Nacht, so hell, daß es dem Jungen schwer wurde, einzuschlafen. Er lag da und dachte darüber nach, wie lange er von Hause fort gewesen war, und er rechnete aus, daß drei Wochen verflossen waren, seit die Reise begann. Gleichzeitig fiel ihm ein, daß heute der Abend vor Ostern war.
»Über Nacht kommen also die Hexen von Blaakulla heim,« dachte er und lachte im stillen. Denn vor Kobolden und Nixen war er ein wenig bange, aber an Hexen und Zauberer glaubte er gar nicht.
Wären an jenem Abend Hexen in der Luft gewesen, hätte er sie sicher sehen müssen. Der Himmel war so hell und klar, daß auch nicht der kleinste schwarze Punkt sich in der Luft bewegen konnte, ohne daß er ihn entdeckte.
Während er so dalag, die Nase in die Luft, und über das alles nachdachte, gewahrte er etwas Hübsches. Die Mondscheibe stand ganz und rund hoch oben, und davor kam ein großer Vogel geflogen. Er flog nicht an dem Mond vorbei, aber es sah so aus, als ob er aus ihm herausgeflogen käme. Gegen den hellen Himmel nahm sich der Vogel kohlschwarz aus, und die Flügel reichten von dem einen Rande der Mondscheibe bis zu der andern. Er hielt die Richtung so genau inne, daß es für den Jungen so aussah, als sei er auf die Mondscheibe gezeichnet. Der Körper war klein, der Hals lang und dünn, und ein Paar lange, dünne Beine hatte er nach hinten ausgestreckt. Der Junge sah sofort, daß es ein Storch sein müsse.
Einen Augenblick später ließ sich Herr Langbein, der Storch, neben ihm nieder. Er beugte sich über den Jungen und stieß ihn mit dem Schnabel, um ihn wach zu bekommen.
Der Junge richtete sich sofort auf. »Ich schlafe nicht, Herr Langbein,« sagte er. »Wie kommt es, daß Sie mitten in der Nacht ausgeflogen sind? Und wie sieht es auf Glimminghaus aus? Wollen Sie mit Mutter Akka sprechen?«
»Es ist zu hell, um über Nacht zu schlafen,« antwortete Herr Langbein, »Deswegen beschloß ich, hierher nach der Karlsinsel hinüber zu reisen und dich, mein Freund Däumling, aufzusuchen. Von einer Fischmöwe erfuhr ich, daß du über Nacht hier seiest. Ich bin noch nicht nach Glimminghaus gezogen; ich wohne noch in Pommern.«
Der Junge freute sich ungeheuer, daß Herr Langbein gekommen war, um ihn zu sehen. Sie redeten über alles mögliche miteinander wie alte Freunde. Schließlich fragte der Storch, ob der Junge nicht Lust habe, einen kleinen Ritt in dem schönen Mondschein zu machen.
Ja, das wollte der Junge für sein Leben gern, wenn der Storch nur dafür sorgen wollte, daß er vor Sonnenaufgang zu den wilden Gänsen zurückkam. Das versprach der Storch, und dann ging es von dannen.
Herr Langbein flog wieder gerade nach dem Mond hinauf. Sie stiegen und stiegen, das Meer sank tief hinab, aber der Flug ging so wunderbar leicht, es war fast, als lägen sie still in der Luft.
Der Junge fand, die Reise habe eine unnatürlich kurze Zeit gewährt, als sie sich wieder zu der Erde hinabsenkten.
Sie landeten an einem einsamen Strande, der mit feinem, weißem Sand bedeckt war. An der Küste entlang lief eine Reihe von Flugsanddünen mit Riedgras auf dem Gipfel. Sonderlich hoch waren sie nicht, aber sie hinderten doch den Jungen, das Land zu übersehen.
Herr Langbein stellte sich auf eine Sandbank, zog das eine Bein unter sich in die Höhe und bog den Hals zurück, um den Kopf unter den Schnabel zu stecken. »Jetzt kannst du hier am Strande ein wenig umherspazieren,« sagte er zu Däumling, »während ich mich ausruhe. Gehe aber nicht weiter weg, als daß du dich zu mir zurückfinden kannst.«
Der Junge wollte nun erst auf eine der Dünen hinaufklettern, um zu sehen, wie es dahinter aussah. Als er aber ein paar Schritte gegangen war, hörte er etwas gegen seinen Holzschuh klirren. Er beugte sich hinab und sah, daß im Sande eine kleine Kupfermünze lag, die so von Grünspan verzehrt war, daß sie fast durchsichtig erschien. Sie war so klein und schlecht, daß er nicht einmal Lust hatte, sie aufzunehmen, sondern sie mit dem Fuße wegstieß.
Als er sich aber wieder aufrichtete, erschrak er, denn kaum zwei Schritt von ihm ragte eine hohe Mauer mit einem Torweg mit Türmen darüber auf.
Eben noch, als sich der Junge niederbeugte, hatte das Meer dortgelegen, blank und glitzernd, und jetzt war es durch eine lange Mauer mit Zinnen und Türmen seinen Blicken entzogen. Und gerade vor ihm, wo eben noch ein Haufen Tang gelegen, gähnte nun das große Tor.
Der Junge begriff, daß dies eine Art Spuk sein müsse. Aber davor brauchte er ja nicht bange zu werden, fand er. Da waren keine Kobolde oder anderer Teufelskram von der Art, dem in der Nacht zu begegnen er sich immer scheute. Die Mauern wie auch der Torweg waren so prächtig, daß er große Lust empfand, zu sehen, was dahinter sein könne. »Ich muß wirklich untersuchen, wie dies hier zusammenhängt,« dachte er und begab sich in das Tor hinein.
In der tiefen Torwölbung saß die Wachtmannschaft in bunten Gewändern mit großen Puffärmeln und mit langschaftigen Hellebarden an der Seite; sie spielten Würfel und dachten nur an das Spiel und beachteten den Jungen nicht, der an ihnen vorübereilte.
Jenseits des Tors kam er auf einen freien, mit großen, glatten СКАЧАТЬ