Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe). О. Генри
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри страница 50

СКАЧАТЬ unverschämt nach Rosen ... dem häßlichen Duft von alten Rosenblättern.«

      »Doch, Mama, und es kommt von dem wunderschönen alten Schrank. Sie sagen, er sei innen mit Rosenholz gefüttert, Fräulein Berger ließ mich manchmal hineinriechen, als ich noch ein Kind war, das freute mich sehr.«

      »Und ich hasse den Geruch. Er verträgt sich auch gar nicht mit meinem neuen persischen Parfüm, und wenn meine Kleider in den gräßlichen Kasten kommen, verlieren sie das, und die alten Rosen sind wieder da.«

      »Dein neues Parfüm ist sonderbar, Mama, und stark, und freilich mit den Rosen vereinigt es sich nicht angenehm, zu laut find ich's. Willst du's nicht weglassen und bei den Rosen bleiben?«

      »Ganz gewiß nicht, Rosmarie, und ich habe mich überzeugt, daß dem alten Kasten keine Raison mehr beizubringen ist, alles muß heraus und gelüftet werden, und der Schrank muß fort.«

      »Aber der ist ja angewachsen, Mama.«

      »Ach, dann haut man ihn ab!«

      »Ist das nicht schade, es geht so viel hinein, er ist ein wahres Haus und so praktisch und bequem.«

      »Ich sage, es ist ein Ungetüm, eine Arche, und der Geruch geht mir auf die Nerven, nimm ihn, wenn du ihn willst, Rosmarie, aber komme mir gefälligst nicht zu nahe, wenn du Kleider daraus trägst. Lisa, müssen Sie denn wie eine Kuh auf den Spitzen trampeln, Sie schleifen ja nach!«

      Rosmarie atmet erleichtert auf. Nun ist Mama für den ganzen Tag versorgt und von der ungraziösen, langen, blassen, schlecht angezogenen, langweiligen Rosmarie abgelenkt. Die Fürstin kommandiert und besieht ihre Toiletten, und der tägliche furchtbare Kampf mit der Langeweile ist schon am frühen Morgen durch einen Sieg entschieden. Die Türe ins Vorzimmer wird zwar geschlossen, als die Diener kommen; vier reichen nicht, es müssen sechs, nein acht Leute sein, um den alten widerspenstigen Riesen von der Stelle zu rücken. Er ist wohl für eine Dame gebaut worden, die Veränderungen nicht liebte und an ihren Ruheplätzen im Garten Steinbänke anbringen ließ. Nicht einmal Füße hat das Ungetüm, es liegt mit seinen dunkel geschnitzten Leisten direkt auf dem Boden auf. Der Schrank gibt Unterhaltung für den ganzen Tag ab. Schlimm zerrissen sind freilich seine unteren Leisten, als er wie ein erschlagener Riese auf Rollen im Gang fortgeführt wird, in Rosmaries Reich hinüber. Das Gerumpel, das Gepuste der Männer, der bunte Kram, der nun so schwer unterzubringen ist, das alles affiziert Mamas Nerven nicht, im Gegenteil, sie ist dadurch ganz aufgemuntert. Nun macht Rosmarie die Türe weit auf in den Vorraum, in welchem der Schrank stand, und der zum Zimmer der Kammerfrau führt. Da sieht man, daß um den alten Herrn herum tapeziert worden ist. An der leeren Stelle ist eine graublaue Fläche mit einem zierlichen Rosenmotiv gemalt. Der Schrank hat so gut geschützt, daß die Farben noch ganz frisch sind.

      »Nun muß also tapeziert werden,« entscheidet die Fürstin.

      »Ist das nicht schade, Mama, das hübsche alte Rosenmotiv könnte doch fortgesetzt und der ganze Raum so bemalt werden.«

      »Gemalte Wände, das hat kein Mensch.«

      »Sieh doch, wie die Tapete häßlich dagegen aussieht.«

      »Es ist alter Kram, Rosmarie, und darum gefällt es dir.«

      »Es ist eine Türe da, das Geranke ist hier auf Leinwand gemalt. Da muß das Schloß sein.«

      »Rosmarie, komm augenblicklich daher, die Türe bleibt zu. O Gott, warum muß ich in einem solchen gräßlichen Haus wohnen, überall Gänge und geheime Türen, und wer weiß, vielleicht steckt ein Skelett dahinter. Man sagt, in allen alten Schlössern sei irgendwo etwas Lebendiges eingemauert, du hast mir doch über das Bauopfer vorgelesen. Wenn das nun dahinter steckte! – Gott, darum habe ich den Schrank mit seinem alten Geruch so gehaßt!«

      »Mama, Herr Domänenrat hat mir gesagt, es steckten überall Gänge in den Mauern, aber von Skeletten hat er mir nie etwas gesagt. Gewiß ist dahinter nichts Grauliches. Soll ich Papa oder den Herrn Domänenrat holen? Und sollen die nachsehen, daß du dich beruhigen kannst?«

      »Nein, nein! Wenn die etwas fänden, und ich hätte die ganze Zeit neben einem Ermordeten gewohnt. – Der Geruch war doch nicht nur nach Rosen. Ich kann nicht dableiben, ich muß umziehen: wenn ich nur das alte Geranke mit seinen Dornen da sehe, bin ich überzeugt, daß dahinter etwas Gräßliches verborgen ist.«

      »Mama, wenn nun nichts Schlimmes da wäre, so bist du beruhigt, während, wenn wir es nicht wissen, du dir alles mögliche Schreckliche ausdenken kannst. Mir sieht das Rosenmotiv recht schön und freundlich aus. Soll ich nicht mit Vater –«

      »Rosmarie, ich verbiete dir!«

      »Dann mußt du ja immer in der Angst bleiben, arme Mama.«

      Die Fürstin sagt ergeben: »Ich habe es vom ersten Tage an gewußt, daß es ein Spukschloß ist, schier so schlimm wie Schweigen. Daß du mir nicht an die Türe gehst! Ich sehe voraus, du machst auf und eine Ladung alter Särge poltert herunter.«

      »Mama, ich kann ja die Türe zumachen, dann siehst du nichts Schlimmes.«

      »Aber ich hör's.«

      »So bringen wir dich in deinen Salon, da hörst du nichts und siehst nichts, und wer weiß, was wir für Schätze finden. Einen Pack alte Spitzen für dich, Brokat zu einer Prachtweste für Vater.«

      »Glaubst du, ich wollte das alte Zeug. Damit laßt mich in Frieden.«

      Rosmarie sagt nichts mehr und beschließt, morgen in aller Heimlichkeit, solange Mama schläft, den Gang öffnen zu lassen. Jetzt ist's zu spät, der Fürst ist auf die Jagd gefahren, und über alledem ist's Abend geworden. Und zum Glück beruhigt sich die Fürstin wieder, denn nun gibt's einen anderen Grund zur Aufregung. Kommt ein Gewitter oder nicht? Und der Fürst ist jetzt auf dem Anstand. Die Fürstin seufzt. Wer da auch sein könnte, in der Halbdämmerung, den Finger am Hahn, das Jagdfieber im Blut. – Dort zwischen dem hohen Riedgras regt es sich, ein feiner gehörnter Kopf. – Gräßlich, dazuliegen bei der Schwüle in den heißen Kissen, mit Aussicht auf noch drei weitere Monate.

      Rosmarie wird auch ängstlich, sie hat nur wenige Bissen gegessen, Vater wird allein essen müssen, wenn er kommt. Sie kann Mama nicht verlassen. – Wie sie sich herumwirft in den Kissen.

      »Soll ich nach dem Herrn Hofrat schicken?«

      »Er sagt doch nur: Mehr Ruhe – Ruhe ... Oh, wie ich das Wort hasse.«

      Die Luft ist bleischwer geworden, die weiten Fensterflügel stehen offen, ein fernes Wetterleuchten. Wie dunkelgrüne eherne Massen liegen die Wipfel der Bäume unter den Fenstern ...

      Ein langer, müder, bleierner Abend, zuweilen grollt ferner Donner, es wetterleuchtet, und man kann die dunkeln schweren Vorhänge nicht herunterlassen, sonst wird die Schwüle unerträglich. Rosmarie sitzt immer noch da mit ihrem Band Militärhumoresken, die so niederdrückend auf sie wirken, daß der Gedanke an die möglicherweise hinter dem Rosengeranke verborgenen Särge fast erheiternd dagegen ist. Es ergreift sie ein tiefer Abscheu gegen Leutnants und Majors und Burschen und Stiefelappelle, aber Mama kann immer noch nicht einschlafen, so furchtbar erregt wie sie ist. Rosmarie hat zwar lange schon die schwere Kunst gelernt, vorzulesen und den Inhalt gleichsam an sich vorbeigleiten zu lassen und sich selbst noch ein Seelenendchen zu bewahren. – Heute abend versagt sie, ihre Kraft ist am Ende. Die Schwüle hat den leisen Druck an ihrem Herzen gesteigert. Schlimmer darf es nicht werden. Sie fragt: »Mama, erlaubst du, daß ich meine Haare herunterlasse, der Kopf tut mir so weh von den vielen СКАЧАТЬ