Название: Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter
Автор: Adalbert Stifter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027237647
isbn:
Auf der Bank, die vor dem Hause hinlief, saß ein Mann, von dem Halse bis zur Sohle in das gleiche Stück groben braunen Tuches gekleidet. Das Tuch lag fest an seiner schlanken Gestalt. Um die Schultern hatte er ein sehr kurzes Mäntelchen mit Ärmeln, das von grauer Farbe war, und noch gröberes Tuch zeigte als die andere Bekleidung. Schwere Schuhe hüllten die Füße ein. Sonst hatte er nichts auf seinem Körper. Der Kopf war ohne Bedeckung, und wucherte mit dem dichtesten kurzen und so krausem schwarzen Haare, als wäre jedes einzelne Fädchen desselben zu einem Ringe gebogen worden. Um das Kinn, auf der Oberlippe und an den Seiten des Angesichtes war dasselbe kurze Haar, aber wo möglich noch krauser. Aus diesem Schwarz sah ein rotes junges Angesicht mit sehr großen schwarzen Augen heraus. Der Mann band mit seinen Händen einen festen Eisendraht gitterartig um einen geklüfteten irdenen Topf. Der Reiter saß mit seinem Angesichte dem Manne gegenüber.
Seitwärts des Reiters, etwa zehn Schritte von ihm entfernt, saßen an einem Brettertische zwei andere Männer. Sie hatten sehr beschmutzte Lederkoller an. Die untere Bekleidung konnte man der sehr breiten Tischplatte willen nicht sehen. Ihre Lederhauben lagen auf dem Tische. Der eine hatte rotbraune Haare und einen roten Bart, der andere war schwarzhaarig; aber in das Schwarz war schon sehr viel Weiß gemischt. Der Rotbart schien um die dreißig Jahre zu sein, der Graubart um die fünfzig. Beider Angesichter waren stark gebräunt. Vor ihnen stand ein großer grauer Steinkrug mit blauen Blumen. An der Bank neben dem Tische lehnte eine Armbrust, auf der Bank aber lag ein eisenspitziger Stock, den man auch einen Speer nennen konnte.
Sonst war kein Gast auf der Gasse, als an dem entferntesten kleinsten Tische ein Kärrner, der seinen Karren mit Ware, die vielleicht Töpfergeschirr sein konnte, neben sich hatte.
Ob in der Schenkstube jemand war, konnte man nicht sehen.
Nur das Federvieh des Wirtes ging in der Sonne herum, und pickte zu Zeiten ein Körnchen vom verstreuten Pferdefutter.
Da sich der Reiter an dem Tische niedergesetzt hatte, kam auch der Wirt im Bocklederwamse dunkeln Unterbeinkleidern und platter Haube aus der Tür mit den roten Pfosten. Er näherte sich dem Tische, an welchem der junge Reiter saß, und sagte: »Werdet Ihr etwas bedürfen, was unser Haus geben kann?«
»Wohl, wenn Ihr mir zu Diensten seid«, entgegnete der Reiter, »es ist nur wenig. Sendet mir ein Stückchen Fleisch, ein Brot und einen Trunk Bier. Und wenn ich gegessen habe, dann schickt mir einen Knecht heraus, daß ich ihm sage, was ich für mein Pferd brauche.«
»Ich werde nur selber Euer Pferd betreuen«, antwortete der Wirt.
»Es wäre mir lieber, wenn Ihr gerade so tätet, wie ich Euch gebeten habe«, entgegnete der Reiter.
»Es ist auch gut«, sagte der Wirt, und entfernte sich.
Sogleich kam ein Mädchen aus dem Hause, das rote Wangen hatte, und dem zwei lichtgelbe Zöpfe von dem Nacken über den roten Latz und das wollene schwarze Untergewand herab hingen. Das Mädchen deckte frisches Linnen auf den rauhen Stein des Tisches, und stellte Schüsselchen, und legte Messer und Gabel auf das Linnen. Dann brachte es dem Reiter in einem grauen Kruge, der auch blaue Blumen hatte, Bier und endlich ein Stück gebratener Rindschnitte und ein Laiblein Brot. Der Reitersmann zerschnitt das Fleisch und das Brot, verzehrte beides, und trank das Bier. Als er fertig war, kam der Wirt, und wollte den Krug wieder füllen; der Reiter aber legte die Hand auf den Rand des Gefäßes, und sagte: »Es ist genug, ich habe meinen Durst gestillt. Sendet mir jetzt den Knecht, daß mein Pferd sein Obsorge erhalte.«
Von dem Nebentische streckte der Rotbart dem Wirte den blaugeblümten Krug hin, daß er ihn wieder fülle. Der Wirt ging mit dem Kruge in das Haus.
Als der Knecht zu dem Tische des Reiters gekommen war, und nach seinem Begehr gefragt hatte, sagte dieser: »Mache, daß eine Magd mit Wasser Stroh und Sand ein wenig eine Pferdekufe reinige.«
Da der Knecht den Reitersmann ansah, als habe er ihn nicht recht verstanden, sprach dieser neuerdings: »Ich muß meinem Pferde Reinlichkeit geben, darum lasse mir eine Kufe auswaschen.«
Der Knecht holte nun eine Magd, welche in einem Kübel Wasser, dann Stroh und Sand brachte, um damit eine der hölzernen Kufen zu scheuern, die als Pferdefuttertrog vor dem Hause standen. Der Reiter war von seinem Tische aufgestanden, sah der Arbeit zu, und leitete sie. Als sie fertig war, wurde die Kufe vor sein Pferd gestellt. Der Reiter nahm nun selber den flachen länglich runden Korb, in dem der Knecht Haber gebracht hatte, in seine Hände, schüttelte den Haber, und gab dann einen Teil davon, mit seinen Händen abgemessen, dem Pferde in die Kufe. Als dieses davon fraß, und in seinem Fressen fortfuhr, ging der Reiter wieder zu seinem Tische, setzte sich dort nieder, und sah vor sich hin.
Nachdem eine gehörige Zeit vergangen war, stand der Reiter wieder auf, und ging zu seinem Pferde. Er ordnete ihm neuerdings sein Futter, und gab ihm jetzt auch Heu, welches der Knecht gebracht hatte. Er blieb nun bei dem Pferde stehen.
Da näherte sich einer der zwei Männer, welche nicht weit von dem Reiter gesessen waren. Es war der ältere, der mit den grauen Haaren. Als er nahe genug war, sagte er zu dem jungen Manne: »Das ist ein schönes Tier, ein starkes Tier, es wird auch gewiß sehr schnell sein.«
»Ja es ist ein gutes Tier, und für mich reicht seine Schnelligkeit hin«, sagte der junge Reiter.
Der andere fuhr nach einer Weile fort: »Ihr müßt es den Leuten hier nicht übel nehmen, wenn sie den Umgang mit Euch nicht verstehen, sie haben keinen Unterricht. Es kommen selten hier angesehene Reiter herauf; denn da ist kein ordnungsmäßiger Heerweg, es sind keine Orte hier, die einen vielfältigen Wandel mit einander hätten, und die Hügel und die Schluchten des Bodens sind auch nicht geeignet, daß hier Fehden ausgetragen würden. Der Gastherr ist schier nur ein Bauer, und weiter hinauf sind gar lauter Wälder, in denen kein Mensch ist. Aber dahin seid Ihr gewiß nicht gekommen, und werdet nicht kommen.«
»Ich bin mit der Nahrung, die ich in diesem Hause erhalten habe, zufrieden«, antwortete der Reiter, »der Haber ist für mein Pferd gut, und das Heu auch.«
»Ja, ja«, antwortete der andere, »aber wie man mit vornehmen Leuten auf eine höfliche Art umgehen soll, das wissen sie hier nicht.«
»Ich bin nicht vornehm«, sagte der Reiter.
»Es kann sich jetzt in diesen Kriegen viel begeben«, fing der andere wieder an, »es können Boten und Reisige unterwegs sein und Wege und Pfade einschlagen, auf die man gar nicht dächte.«
»Mir sind nur Landbewohner begegnet«, antwortete der junge Reiter.
»Dann müßt Ihr von Passau herauf gekommen sein«, sagte der andere.
»Es vereinigen sich mehrere Wege unterhalb dieser Häuser«, erwiderte der Reiter.
»Das ist wahr«, entgegnete der andere. »Es gibt schlechte Menschen, die einem Boten auflauern könnten, um Lohn zu erhalten. Da ist der Herzog Heinrich, ein edler Mann, ein reicher Mann, ein mächtiger Mann, der Schwiegersohn unsers seligen Kaisers – Gott segne den Kaiser in der Ewigkeit – der Herzog hat die Kleinode, und wird sie nicht herausgeben. Dann ist der König Konrad, der erlauchte Herr aus dem Hause der Staufen. Dann ist der heilige Herr, der Erzbischof von Trier, dann der Markgraf Leopold von Österreich, ein junger Herr. Er ist der Stiefbruder des neuen Königs, und wird zu ihm stehen. Der Herzog Sobeslaw in Böhmen ist СКАЧАТЬ