Название: Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter
Автор: Adalbert Stifter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027237647
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»Erlebet recht große Dinge«, sagte die Frau.
»Wie Gott will«, entgegnete Witiko, und gab ihr die Hand.
Er reichte auch dem Manne die Hand.
Dann prüfte er die Rüstung des Pferdes, sagte: »Ich danke euch noch einmal«, und schwang sich hinauf.
»Reitet mit Gott«, riefen die Leute.
Witiko ritt an die Mihel, durchritt die Furt, und ritt auf dem Saumpfade gegen Morgen weiter.
Wenn er rechts blickte, sah er das lange waldige Dach des breiten Berges, links den Wald der drei Sessel, des Blöckensteines und die ferneren gegen Morgen. Die Mihel rauschte neben ihm, bald war er an ihrer Seite, bald war er weiter von ihr entfernt. Es kamen auch Anhöhen, über welche er sein Pferd hinüber schreiten lassen mußte.
Er ritt an einem spitzigen bewachsenen Berge vorbei, welcher den Namen des schwarzen Berges führte, über einen Hügel, welchen man den Berg des heiligen Huldrik nannte, und er hatte dann links den großen Wald neben sich, welchen sie Hochficht hießen.
Ehe noch der Mittag gekommen war, ging das Tal am Walde auseinander, es wurden Wiesen und Felder, und er kam zu einem Hause, das an dem Pfade stand. Das Haus war aus Holz, und hatte stark hervorragende Dachbalken, welche rot bemalt waren. Er hielt ein wenig an. Da kam ein Mann mit grauem Gewande und weißem Barte aus dem Hause.
»Heißt es hier in dem Aigen?« fragte Witiko.
»Ja, und ich bin Florian, der Ohm Margarethens, des Weibes des Köhlers Mathias«, antwortete der andere.
»Und ich bin der, den du erwartest«, sagte Witiko, stieg von dem Pferde, und brachte es auf die Weisung des alten Mannes in einen Schoppen. Dort erhielt es sein Mittagfutter, so wie Witiko auf einem Brettertische vor dem Hause von dem Besitzer sein Mittagmahl erhielt.
Er blieb zwei Stunden hier, dann zäumte er sein Pferd, zahlte seine Bewirtung, und ritt in Begleitung des alten Mannes weiter, der in einer Lederhaube, groben Beinkleidern und großen Waldschuhen mit einem langen Stabe vor ihm herging.
Sie trafen von dem Hause ihrer Herberger weg noch einige andere kleine Häuser mit Wiesen und Feld, sämtlich von Holz. Dann führte ihr Weg sie wieder in den Wald.
Ihre Wanderung ging zwei Stunden noch an der Mihel fort. Da war zuweilen eine Hütte mit gereutetem Lande, oder eine Köhlerstätte, oder ein Holzschlag mit den Holzschlägerhütten, oder gar ein Haus mit einer Säge zu Brettern. Als sie aber zu einem Berge gekommen waren, welcher der Berg des heiligen Oswald geheißen wurde, und als dort der Begleiter Witikos gegen den großen Wald, welcher immer zur Linken war, einbog, traten sie in dichten Wald, der nicht durch ein einziges kleines freies Plätzchen unterbrochen war. Ihre Wanderung dauerte in diesem Walde über zwei Stunden, und ihr Weg führte sie in der Richtung zwischen Mitternacht und Morgen immer sachte aufwärts. Es standen sehr dicke Stämme von Tannen in dem Boden, welcher feucht war, wenig Licht erhielt, und teils Steine teils Untergestrüppe teils grüne Schattenpflanzen trug. Von diesen Stämmen war noch nie einer durch Menschenhände geschlagen worden, weil noch nicht die Not um Holz dazu getrieben hatte, mancher war aus Alter gefallen, oder vom Blitze zerstört worden, eine andere Beschädigung war nicht sichtbar, weil auch Winde in die Tiefe dieses Waldes nicht eindringen konnten.
Als die Sonne gegen Abend neigte, kamen sie auf der Schneide des Waldes an, und hier war eine freie Stelle. Auf derselben war kein Stäudlein, sondern nur kurzes Gras und große Ganitsteine. Witiko ritt das Pfadlein zwischen den Steinen hinan, bis er auf die Höhe und auf einen Bühel gelangte, der über die Wipfel aller tiefer stehenden Bäume empor ragte. Hier hielt er plötzlich an, und seine Augen konnten weit und breit herum schauen. Er sah mittagwärts auf das Bayerland, das blau mit Wäldern Fluren und offenen Stellen dahin lag bis zu den noch blaueren Alpenbergen, in denen manche Matte mit Schnee glänzte. Gegen Morgen davon sah er auf die Ostmark mit den blauen Fluren und Wäldern und Feldern, in der der junge Leopold herrschte. Es war ein weites Gebiet, das er betrachtete, und zu seinen Füßen lag der Wald, durch den sie herauf gekommen waren, und andere Wälder. Und als Witiko sich gegen Mitternacht wendete, ging der Wald, auf dessen Schneide er stand, so dicht und breit hinab, wie der gewesen war, durch den er herauf geritten war. Und unten floß die Moldau, nicht wie gestern in kurzen Stücken sichtbar, sondern in langen Schlangen von dem oberen Waldlande niederwärts wandelnd. Und jenseits des Wassers lag das Land Böhmen in schönen Wäldern und dann wieder in Wäldern und dann in Gefilden, die mit Gehölz, wechselnd mit nahrungtragenden Fluren, bedeckt waren. Den Wald sah er, auf dem er gestern gestanden war, den Wald, in welchem sich der schwarze See befand, und dann noch weiterhin stark dämmerige Wälder. Auch gegen Morgen war Forst an Forst dahin.
»Da sollte eine Königsburg stehen«, sagte Witiko.
»Ja, da könnte ein hoher Herr hausen«, sagte Florian.
»Der Wald ist weit größer, weit dichter und weit undurchdringlicher«, sagte Witiko, »als der um Heinrichs Wohnung unter den drei Sesseln, und es ist hier weit und frei und herrlich.«
»Es ist schon einmal etwas da gewesen«, sagte Florian, »nicht eine Wohnung, sondern ein heiliges Ding, eine Betstelle. Es stand da auf dem höchsten Platze das Bild des heiligen Apostels Thomas in einem Häuschen von Tannenholz zur Verehrung aufgerichtet. Es war dies in alten Zeiten, da noch mehr christliche Herren in dem Walde herrschten. Es ist ein großes Geschlecht da gewesen. Dann sind sie aber zu den Tryznen gegangen, die in Böhmen noch abgehalten wurden, das heilige Haus ist weggetragen worden, oder hat es das Feuer verzehrt, oder ist es sonst zu nichte geworden, und der Ort heißt nur mehr der Thomasgipfel.«
»Wessen ist der Grund, auf dem wir hier stehen?« fragte Witiko.
»Des Herzogs Sobeslaw von Böhmen«, antwortete Florian, »er kann ihn gebrauchen, oder verschenken, wie er will.«
»Und in wessen Land wohnest du?« fragte Witiko.
»Ich bin ein Mann des Herzogs Sobeslaw«, antwortete Florian, »in der reichen Aue da unten gegen den Oswaldberg steht meine Waldhütte mit Wiese und Vieh. Wir haben weithin keine Nachbarn, und müssen lange gehen, um zur Mihel zu kommen. Wir sind aber keines Herrn Gefolge als des Herzogs, und wir gehören zur Zupe Daudleb, die wohl sieben Stunden von hier an der Malsch in der Richtung ist, in welcher Ihr immer hinschaut.«
»Ja, ich schaue in dieser Richtung«, sagte Witiko, »aber laß uns weiter gehen.«
Er lenkte sein Pferd auf das Pfadlein jenseits des Bühels abwärts.
Sie kamen wieder in einen Wald, der so schön und dicht war, wie der, durch den sie herauf gekommen waren.
Als eine Stunde vergangen war, und die Dämmerung schon anfing, gelangten sie an das Wasser der Moldau hinab.
»Das ist die Moldau«, sagte Florian.
»Sei mir gegrüßt, du dunkles Wasser, das ich so lange nicht gesehen habe«, sagte Witiko.
Sie überschritten die Moldau auf einer schmalen Brücke, und stießen jenseits auf einen niederen langen Hügel.
»Das ist der Friedberg«, sagte Florian, »und hier werden wir die Nachtruhe halten.«
Sie stiegen den Hügel, welcher Wiesen und kleine Feldei trug, hinan, und trafen oben mehrere Häuser. Sie waren alle von Holz mit breiten Dächern. Eines aber war von Stein, und hatte einen sehr starken runden steinernen Torbogen. Zu diesem Hause leitete Florian den Reiter, СКАЧАТЬ