Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane. Arthur Conan Doyle
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane - Arthur Conan Doyle страница 53

Название: Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane

Автор: Arthur Conan Doyle

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788026850861

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СКАЧАТЬ sein. Ich versuchte zu lesen, aber meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Beruhte nicht vielleicht die ganze Schlußfolgerung meines Gefährten auf einem Irrtum? Konnte er nicht in einer großen Selbsttäuschung befangen sein und seine Theorie auf falscher Grundlage aufgebaut haben? Die schärfsten Verstandesmenschen täuschen sich ja zuweilen, gerade weil sie die einfachere Lösung eines Rätsels verschmähend, nach schwierigen und verwickelten Erklärungen suchen.

      Am Nachmittag gegen drei Uhr wurde stark an der Glocke gezogen. Im Hausflur ward eine befehlende Stimme laut und zu meiner großen Ueberraschung trat niemand Geringeres als Athelney Jones zu mir ins Zimmer. Sein Gesichtsausdruck war niedergeschlagen und seine Haltung gedrückt; ja fast demütig.

      »Guten Tag, Herr Doktor,« sagte er. »Holmes ist nicht zu Hause, wie ich höre?«

      »Nein, auch weiß ich nicht, wann er zurück sein wird. Aber vielleicht möchten Sie ihn erwarten. Bitte, setzen Sie sich und versuchen Sie eine von diesen Zigarren.«

      »Danke, das will ich thun,« sagte er, sich die Stirne mit einem rotseidenen Taschentuch trocknend.

      »Vielleicht ist Ihnen ein Glas Whisky mit Sodawasser gefällig?«

      »Ein halbes Glas, wenn ich bitten darf. Man braucht eine Erquickung, wenn man sich bei der Hitze so quälen und abplagen muß, wie ich. – Erinnern Sie sich noch an meine Auffassung des Norwood-Falles?«

      »Jawohl, Sie haben uns ja Ihre Theorie auseinandergesetzt.«

      »Leider habe ich mich genötigt gesehen, sie von neuem in Ueberlegung zu ziehen. Ich hatte mein Netz fest um Herrn Scholto gesponnen, als er mir plötzlich durch die Maschen ging. Er konnte ein Alibi beweisen. Von der Zeit an, daß er seines Bruders Zimmer verließ, hatten verschiedene Zeugen ihn nicht aus den Augen verloren. So konnte er es nicht gewesen sein, der über Dächer und durch Fallthüren geklettert war. Es ist ein sehr dunkler Fall und mein Ruf steht auf dem Spiele; da würde ich es nicht ungern sehen, wenn mir jemand ein wenig zu Hilfe käme.«

      »Und wer wäre dieser Jemand?«

      »Ihr Freund, Sherlock Holmes, ist ein wunderbarer Mann,« fuhr er mit seiner heiseren Stimme vertraulich fort. »Ihm thut es keiner gleich. Ueber jeden Fall, den er untersucht, weiß er Licht zu verbreiten. Seine Methode ist nicht regelrecht und sein Urteil etwas zu rasch, aber im ganzen hatte er, glaube ich, einen tüchtigen Beamten abgeben können – das sage ich jedem, der es hören will. Heute früh habe ich ein Telegramm von ihm erhalten. Er scheint in der Scholto-Angelegenheit eine Fährte gefunden zu haben. Hier ist die Depesche.«

      Sie war in Poplar um zwölf Uhr aufgegeben und lautete:

      »Gehen Sie sogleich nach der Bakerstraße; wenn ich nicht da bin, erwarten Sie mich. Bin den Scholto-Räubern auf der Spur. Sie können uns heute nacht begleiten, wenn Sie den Fang mitmachen wollen.«

      »Das klingt gut. Er ist offenbar wieder im rechten Fahrwasser,« sagte ich.

      »Also hatte er auch die Richtung verloren,« rief Jones mit sichtlicher Befriedigung. »Ja, ja, selbst die Besten werden zuweilen aus dem Sattel geworfen. Möglich, daß auch dies wieder nur ein blinder Lärm ist; aber meine Pflicht als Polizeibeamter zwingt mich, keine Gelegenheit zu versäumen. – Doch, da kommt jemand herauf. Vielleicht ist er’s selbst.«

      Man hörte einen schweren Tritt auf der Treppe und ein starkes Schnaufen und Keuchen, wie von jemand, dem das Atemholen recht sauer fällt. Ein-oder zweimal blieb er stehen, als könne er nicht weiter. Endlich aber hatte er die Thüre erreicht und trat ein. Es war ein alter Mann in Matrosentracht. Die dicke Wolljacke trug er am Halse fest zugeknüpft; sein Rücken war gekrümmt, seine Kniee zitterten. Auf den Knotenstock gestützt, stand er da und rang nach Atem, wobei sich ihm die Schultern vor Anstrengung hoben. Der bunte Shawl, den er um Hals und Kinn gewickelt hatte, verbarg sein Gesicht, so, daß wenig mehr davon zu sehen war, als ein paar scharfe, dunkle Augen, die unter buschigen, weißen Brauen hervorblickten, und ein langer, weißer Backenbart. Im Ganzen machte er den Eindruck eines wackern, alten Seemannes, der in Armut geraten war.

      »Was wollt Ihr, mein Freund,« fragte ich. Er schaute sich langsam und bedächtig um.

      »Ist Herr Sherlock Holmes zu Hause?«

      »Nein, aber ich bin sein Stellvertreter und werde jede Botschaft ausrichten, die Ihr für ihn habt.«

      »Ihm selbst habe ich sie zu bestellen.«

      »Aber ich sage Euch ja, daß ich ihn vertrete. Bezieht es sich auf Mordecai Smiths Boot?«

      »Ja. Ich weiß just, wo es liegt. Ich weiß auch, wo die Kerls sind, hinter denen er her ist. Und ich weiß, wo der Schatz ist. Ich weiß alles.«

      »Dann sagt es mir, und ich will’s ihn wissen lassen.«

      »Ich muß es ihm selbst bestellen,« wiederholte er mit dem trotzigen Eigensinn alter Leute.

      »Gut denn, so müßt Ihr auf ihn warten.«

      »Warten? Ich soll wohl gar hier den ganzen Tag verlieren, irgend wem zuliebe! Wenn Herr Holmes nicht hier ist, so muß Herr Holmes eben alles allein herausfinden. Ich traue euch beiden nicht recht, und ich sage kein Wort.«

      Er schlürfte nach der Thür, aber Jones kam ihm zuvor.

      »Wartet ein wenig, guter Freund,« sagte er, »Ihr habt wichtige Nachrichten, und Ihr dürft nicht davon gehen. Wir werden Euch hier behalten, Ihr mögt wollen oder nicht, bis unser Freund heimkommt.«

      Der alte Mann nahm einen kleinen Anlauf nach der Thür, aber da Athelney Jones seinen breiten Rücken dagegen stemmte, erkannte er die Nutzlosigkeit jedes Widerstandes.

      »Eine schöne Behandlung,« schrie er, mit dem Stock auf den Boden stampfend. »Ich komme den Herrn zu besuchen, und ihr zwei, die ich in meinem Leben noch nicht gesehen habe, packt mich und verfahrt mit mir auf solche Manier.«

      »Es soll Euer Schaden nicht sein,« sagte ich. »Wir werden Euch den Verlust Eurer Zeit vergüten. Setzt Euch dort auf das Sofa. Ihr werdet nicht lange zu warten brauchen.«

      Er kam verdrießlich zurück und setzte sich, den Kopf in die Hand stützend, während Jones und ich unsere Zigarren weiter rauchten und das Gespräch wieder aufnahmen. Plötzlich aber erscholl dicht neben uns Holmes’ Stimme:

      »Ihr könntet mir wohl auch eine Zigarre anbieten, sollte ich meinen.«

      Wir schreckten beide von unseren Stühlen auf. Da saß Holmes mit höchlich belustigter Miene, ruhig auf dem Sofa.

      »Holmes!« rief ich aus. »Sie hier! Wo ist denn aber der alte Mann?«

      »Hier ist der alte Mann,« sagte er und hielt einen Haufen weißen Haares in die Höhe. »Hier ist er – Perücke, Bart, Augenbrauen und alles. Ich habe meine Maske wohl für ziemlich gut gehalten, doch dachte ich nicht, daß sie eine solche Probe bestehen könnte.« »Ach, Sie Spaßvogel« rief Jones voll Ergötzen. »Was für einen Schauspieler würden Sie abgegeben haben! – Das war der richtige Greisenhusten, und diese zittrigen Beine sind allein zehn Pfund Sterling die Woche wert. Die blitzenden Augen kamen mir aber doch bekannt vor. Sie wären nicht so leichten Kaufes wieder von uns losgekommen, wie Sie sehen.«

      »Ich habe den ganzen Tag in diesem Aufzuge gearbeitet,« sagte er, seine Zigarre anzündend. »Die Spitzbuben kennen mich jetzt СКАЧАТЬ