Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane. Arthur Conan Doyle
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane - Arthur Conan Doyle страница 52

Название: Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane

Автор: Arthur Conan Doyle

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788026850861

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СКАЧАТЬ zwei fahrende Ritter als Befreier,« fügte Fräulein Morstan hinzu, indem sie mir freundlich zulächelte.

      »Aber Mary, wie können Sie nur so ruhig sein? Ihr ganzes Geschick hängt ja von dem glücklichen Ausgang der Sache ab. Stellen Sie sich nur vor, was es heißt, reich zu sein und die Welt zu seinen Füßen zu haben!« –

      Mit innerlicher Freude nahm ich wahr, daß diese verlockende Aussicht sie keineswegs aus ihrer Ruhe brachte. Sie warf nur ihren edlen Kopf zurück, als handle es sich um etwas, woran sie wenig Interesse habe.

      »Ich mache mir nur Sorge um Thaddäus Scholto,« sagte sie, »um weiter nichts. Er hat sich von Anfang an sehr gütig und ehrenhaft benommen, und mir scheint es unsere Pflicht, ihn von der völlig grundlosen, schrecklichen Anklage zu befreien.«

      Erst gegen Abend verließ ich Camberwell, und es war ganz dunkel, als ich unser Haus erreichte. Buch und Pfeife meines Gefährten lagen neben seinem Stuhl, aber er selbst war verschwunden.

      »Herr Holmes ist wohl ausgegangen?« fragte ich Frau Hudson, welche kam um die Läden zu schließen.

      »Nein, Herr Doktor, er ist in seinem Zimmer. Wissen Sie,« fuhr sie mit gedämpfter Stimme fort, »ich bin recht besorgt um ihn.«

      »Weshalb denn?«

      »Ja, Herr Doktor, er ist so sonderbar. Als Sie weg waren, ist er immerfort auf-und abgegangen, bis mir’s ganz wirr im Kopf war von den unaufhörlichen Tritten über mir. Dann hörte ich ihn mit sich selbst sprechen, und so oft die Glocke ging, war er draußen an der Treppe und rief: ›Was giebt’s, Frau Hudson?‹ Jetzt ist er in seinem Zimmer und hat die Thüre ins Schloß geworfen, aber ich kann ihn wieder ebenso auf-und abstampfen hören. Wenn er nur nicht krank wird, Herr Doktor. Ich wollte etwas von einem niederschlagenden Mittel sagen, aber da hat er mich mit einem Blick angesehen, daß ich gar nicht weiß, wie ich nur aus dem Zimmer gekommen bin.«

      »Sie beunruhigen sich ohne Ursache, Frau Hudson,« antwortete ich. »Ich habe ihn schon öfters so gesehen. Er hat jetzt gerade eine Angelegenheit im Kopfe, die ihn ruhelos macht.«

      Ich versuchte, unserer guten Wirtin gegenüber sorglos zu erscheinen, aber mir selbst war unbehaglich zu Mute, wenn ich die lange Nacht hindurch von Zeit zu Zeit den dumpfen Ton seines Schrittes hörte. Ich wußte nur zu gut, wie sehr sein lebhafter Geist sich gegen diese gezwungene Unthätigkeit empörte.

      Beim Frühstück sah er abgearbeitet aus, ein kleiner Fleck auf seiner Wange glühte in fieberhafter Röte.

      »Sie richten sich zu Grunde, Freund,« bemerkte ich. »Auch in der Nacht haben Sie sich keine Ruhe gegönnt.«

      »Ich konnte nicht schlafen. Dies verdammte Rätsel zehrt an mir. Es ist zu toll, durch ein so jämmerliches Hindernis gehemmt zu werden, wenn alles andere schon überwunden war. Ich kenne die Leute, kenne das Boot, weiß alles und kann doch keine Nachricht bekommen. Ich habe noch andere Kräfte in Bewegung gesetzt, habe alle Mittel gebraucht, die mir zu Gebote standen. Der ganze Fluß ist auf beiden Seiten abgesucht worden – aber umsonst; auch Frau Smith hat nichts von ihrem Manne gehört. Ich werde bald zu dem Schluß kommen, daß sie das Fahrzeug angebohrt und versenkt haben. Aber auch diese Annahme ist nicht stichhaltig.«

      »Oder, daß Frau Smith uns auf eine falsche Fährte gewiesen hat?«

      »Nein, ich denke, das brauchen wir nicht in Betracht zu ziehen. Es giebt wirklich ein Dampfboot, das ihrer Beschreibung entspricht, soviel habe ich ermittelt.«

      »Kann es etwa flußaufwärts gegangen sein?«

      »Auch diese Möglichkeit habe ich ins Auge gefaßt und meine Boten zur Nachforschung bis nach Richmond geschickt. Wenn heute keine Kunde einläuft, breche ich morgen selbst auf und suche nach den Männern, statt nach dem Boot. Aber hoffentlich erhalten wir noch zuvor Nachricht.«

      Es blieb indessen alles still. Weder durch Wiggins, noch von anderer Seite erfuhren wir das geringste. In den Zeitungen wurde das Trauerspiel von Norwood viel besprochen. Die meisten Artikel schienen dem unglücklichen Thaddäus Scholto feindlich gesinnt. Etwas Neues erfuhren wir jedoch daraus nicht, außer, daß am nächsten Tage eine Gerichtsverhandlung stattfinden werde. Abends ging ich nach Camberwell, um die Damen von unserem Mißerfolg zu unterrichten und fand bei meiner Rückkehr Holmes mürrisch und niedergeschlagen. Er war sehr wortkarg und beschäftigte sich mit einer schwierigen chemischen Analyse. Nach vielem Erhitzen von Retorten und Destillieren von Dämpfen entwickelte sich endlich ein Geruch, der mich aus dem Zimmer trieb. Bis zu den frühen Morgenstunden konnte ich ihn unter seinen Kolben und Flaschen hantieren hören; offenbar machte er sich noch immer mit seinem übelriechenden Experiment zu schaffen.

      Bei Tagesanbruch erwachte ich plötzlich und sah zu meiner Verwunderung Holmes in Matrosenkleidung vor meinem Bette stehen. Er trug eine derbe, wollene Jacke und einen groben, roten Shawl um den Hals.

      »Ich gehe den Fluß hinunter, Watson. Ich habe es hin und her überlegt und finde keinen anderen Ausweg. Jedenfalls muß der Versuch gemacht werden.«

      »So kann ich doch mit Ihnen kommen?« sagte ich.

      »Nein. Sie nützen mir viel mehr, wenn Sie hier bleiben, als mein Stellvertreter. Ich gehe sehr ungern, denn es ist durchaus nicht unmöglich, daß im Lauf des Tages eine Botschaft kommt, obgleich Wiggins gestern abend so entmutigt war. Ich bitte Sie, alle Zuschriften und Telegramme zu öffnen und nach Ihrer Einsicht zu handeln, wenn irgend etwas Neues einläuft. Kann ich mich auf Sie verlassen?«

      »Versteht sich.«

      »Ich fürchte, es wird nicht angehen, daß Sie mir schreiben, da ich selber nicht sagen kann, wohin. Wenn ich Glück habe, bleibe ich vielleicht nicht lange aus. Irgend etwas muß ich ermitteln, ehe ich zurückkomme.«

      Bis zur Frühstücksstunde hatte ich noch nichts von ihm gehört. Im Standard fand ich indessen einen neuen Artikel über die Angelegenheit, welcher lautete:

      »Das Trauerspiel von Norwood scheint sich viel verwickelter und geheimnisvoller zu gestalten, als wir ursprünglich glaubten. Neuere Zeugnisse haben bewiesen, daß Thaddäus Scholto ganz unbeteiligt an der Sache ist. Er sowohl als die Haushälterin, Frau Bernstone, sind gestern abend aus der Haft entlassen worden. Die Polizei soll jedoch den wirklichen Verbrechern auf der Spur sein. Athelney Jones von Scotland Yard [Quartier der Londoner Geheimpolizei. Anm. d. Uebers.] verfolgt dieselben mit seinem bekannten Eifer und Scharfsinn. Weitere Gefangennahmen werden jeden Augenblick erwartet.«

      »Also Freund Scholto ist jedenfalls in Sicherheit,« dachte ich, »das ist ja höchst befriedigend. Ich bin begierig, was es mit der neuen Spur auf sich hat; fast scheint mir dies die hergebrachte Redensart, so oft die Polizei eine Dummheit begeht. Eben wollte ich die Zeitung beiseite legen, als mein Auge auf folgende Anzeige fiel:

      »Vermißt: Der Bootsmann Mordecai Smith und sein Sohn Jim verließen vorigen Dienstag, ungefähr um drei Uhr morgens, Smiths Werft in dem Dampfboot ›Aurora‹, schwarz, mit zwei roten Streifen; Schlot schwarz, mit weißem Rundreif. Wer über das Verbleiben des besagten Mordecai Smith und der Aurora Nachricht bringen kann, entweder an Frau Smith selbst oder nach der Bakerstraße 221 b, erhält die Summe von fünf Pfund Sterling ausgezahlt.«

      Das hatte offenbar Holmes einrücken lassen; die Adresse in der Bakerstraße bewies das zur Genüge. Die Maßregel schien mir sehr sinnreich, denn die Flüchtlinge konnten die Anzeige lesen, ohne mehr darin zu sehen, als die natürliche Angst einer Frau um ihren verschwundenen Mann.

      Der СКАЧАТЬ