Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth - Ödön von Horváth страница 75

Название: Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth

Автор: Ödön von Horváth

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027226405

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СКАЧАТЬ MATROSE

      Was würd man uns für dich zahlen?

      SLADEK

      Für mich? Wer?

      ERSTER MATROSE

      Der Staatsanwalt.

       Stille.

      SLADEK

      Ich hab doch nichts getan, obwohl auch Belohnungen auf die Ergreifung unschuldiger Verbrecher ausgesetzt werden, oft, ich bin keiner. Es werden, glaub ich, sehr viele verfolgt, schuldig und unschuldig, da kann man nichts machen, das läßt sich nicht anders organisieren. Daß ich aus Europa will, das hat einen sogenannten bevölkerungspolitischen Grund. Es ist nämlich zu eng hier – ich hab zum Beispiel immer das Gefühl, man müßt ein Fenster aufmachen, damit frische Luft herein kann, es ist zu dumpf hier. In der Ferne ertönt die Internationale.

      ERSTER MATROSE

      Hörst du?

      ERSTER MATROSE

      Ja.

      SLADEK

      Nehmt mich mit, bitte. Nach Nikaragua.

      ERSTER MATROSE

      Wir fahren nicht nach Nikaragua. Wir fahren überhaupt nicht.

      SLADEK

      Ihr seid doch Matrosen.

      ERSTER MATROSE

      Rindvieh.

      SLADEK

      Wieso?

      ERSTER MATROSE

      Wir warten doch genau wie du, daß sich manches ändert. Wir würden nach Nikaragua rudern, sogar um dein Kap der Guten Hoffnung herum, Elefant, aber heut trifft auf hundert Matrosen ein Kahn.

      SLADEK

      Ihr habt also auch nichts zu tun?

      ERSTER MATROSE

      Weil wir faul sind, hat neulich ein Professor gesagt.

      SLADEK

      Da hat er sich geirrt, wir sind nämlich nicht faul, wir sind zuviel, auch wenn wir faul wären. Das war eigentlich mein erster wirklicher Gedanke auf der Welt. Wenn wir zwanzig Millionen weniger wären, das wär fein.

      ERSTER MATROSE

      Wir sind nur um zehntausend zuviel, aber diese zehntausend wiegen zwanzig Millionen. Tumult in der Ferne.

      SLADEK

      Man schreit.

      ERSTER MATROSE

      Das hat doch alles keinen Sinn.

      ERSTER MATROSE

      Sondern?

      ERSTER MATROSE

      Sie werden mit Schupo und Sipo die Straßen säubern, und wer weitergeht, wird wieder erschossen, aber sie werden ihn nicht amnestieren.

      SLADEK

      Wen?

      ERSTER MATROSE

      Das weißt du nicht?

      SLADEK

      Vielleicht.

      ERSTER MATROSE

      Sie haben ihn zu Zuchthaus verurteilt, weil er es bewiesen hat, daß es eine schwarze Armee gab, die uns über den Haufen schießen wollte, wie tolle Hunde.

      ERSTER MATROSE

      Sie nennen das Landesverrat. Überall.

      ERSTER MATROSE

      Ich hab den mal reden gehört, vor zwei Jahren. Er ist ein braver Mann.

      ERSTER MATROSE

      Er war in den ewigen Frieden verliebt, heut wird er wohl bekehrt sein! Er hat gegen Moskau geschwätzt, gegen die Tat, er wollt die Republik mit der Gösch gesundbeten.

      ERSTER MATROSE

      Er ist ein braver Kerl. In der Ferne fällt ein Schuß; Kreischen; Musik bricht ab.

      ERSTER MATROSE

      Das deutsche Volk einig in seinen Stämmen und gewillt, den gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern, gibt sich den Artikel 48. Rasch ab.

      SLADEK

      zum zweiten Matrosen, der dem ersten folgen will: Halt! Kennst du eigentlich die Reichsverfassung?

      ERSTER MATROSE

      Und ob!

      SLADEK

      Ich möcht sie gern mal lesen. Ich bin nämlich in der letzten Zeit etwas von der Gewalt abgekommen, es ist ja schon richtig, daß alles Gewalt ist, aber trotzdem möcht man mal sozusagen ruhig sein können, nicht?

      ERSTER MATROSE

      Nein! Noch lange nicht, du Schleimer! Noch lange nicht! Ab.

      SLADEK

      allein: Das hab ich auch schon gehört. Ich hab Hunger.

       Stille.

      Ob sie einen erschossen haben, zuvor? Wahrscheinlich. Jetzt ist wieder alles vorbei, das Meer ist auch still und groß und tief. Sozusagen majestätisch. Ich dacht mir das Meer eigentlich grün, es ist nämlich grau. Auch so einen Hafen hab ich mir anders gedacht, sozusagen romantischer, aber es ist doch nicht so dreckig. Was ist eigentlich besser: Verhungern oder Verdursten? In der Wüste waren mal Reisende, die haben nirgends Wasser gefunden, und haben ihr eigenes Blut gesoffen, bis nichts mehr drinnen war – man müßt ein Kamel sein, dann hielt man es länger aus. Und dabei gibt es auf der Welt mehr Wasser als Land. Das ist falsch. Es müßt mehr Land geben, das wär gerechter, wir sind nämlich wirklich zuviel. Was ist denn jetzt nur die Hauptstadt von Nikaragua?

       Stille.

      Nikaragua ist sicher schön. Dort gibt es keinen Winter, nur Palmen, und es wächst alles von allein. Man kann so ohne weiteres satt sein. Ich möcht mich dort unter einen Baum legen und kein Haus mehr sehen, und dann müßt ein Bächlein so dahinfließen, und dann würd ich sagen: Das gibt es auch.

       Stille.

      Der Dampfer. Der große Dampfer. Vier Stock hoch und wahrscheinlich noch höher. Und ganz beleuchtet, von oben bis unten, СКАЧАТЬ