Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth - Ödön von Horváth страница 77

Название: Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth

Автор: Ödön von Horváth

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027226405

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СКАЧАТЬ das ist freilich Mist, aber unter welchem Sternlein könnt ich geboren sein? Man sollt das ausrechnen können und ein Kind nur dann auf die Welt lassen, wenn grad ein guter Stern droben ist. Einmal hat mir die alte Kartlerin gesagt, 1922 wird Polen vernichtet, Frankreich halb vernichtet, Paris ganz, England im Meer versinken und der Vesuv ausbrechen, ganz fürchterlich – und Deutschland wird wieder Monarchie und der bayerische Rupprecht wird zum Deutschen Kaiser gekrönt, in Berlin. Das hätt schon voriges Jahr sein sollen, aber man kann nichts geben auf Prophezeiungen, obwohl es eine sogenannte Vorsehung sicher gibt. Es geht nämlich alles nach einem bestimmten Gesetz, das ist traurig. Ich hab mal gedacht, daß, wenn kein Gesetz wär, wär das ganze Leben sinnlos, aber es ist trotzdem sinnlos, das ist nämlich ein schlechtes Gesetz. Ein Kriminalkommissar und zwei Detektive sind erschienen.

      DER KOMMISSAR

      dieselbe Person wie der Untersuchungsrichter: Im Namen des Gesetzes! Sladek, ich verhafte Sie!

      SLADEK

      mechanisch: Mich?

      DER KOMMISSAR

      Sie! Leugnen Sie nicht, Sie sind der Sladek, wir wissen alles! Im Namen des Gesetzes verhafte ich Sie wegen Mord an der Witwe Schramm.

      SLADEK

      Also doch. Ein Detektiv fesselt ihn an sich.

      DER KOMMISSAR

      Widerstand ist sinnlos.

      SLADEK

      Das weiß ich, meine Herren.

      X. DER FALL SLADEK

       Mit Richter, Staats- und Rechtsanwalt. Unter dem Gekreuzigten.

      RICHTER

      dieselbe Person wie der Kriminalkommissar: Ihr Name?

      SLADEK

      Sladek.

      RICHTER

      Geboren?

      SLADEK

      Am 7. Juli 1902, in Hohenstein, das ist an der Grenze.

      RICHTER

      Beruf?

      SLADEK

      Ich wollt Kellner werden.

      RICHTER

      Und?

      SLADEK

      Ich bin keiner geworden.

      RICHTER

      Sie haben sich von der ermordeten Witwe Schramm aushalten lassen?

      SLADEK

      Nein.

      RICHTER

      Sondern?

      SLADEK

      Sie hat mir nichts geschenkt, das war nämlich ein richtiges Geschäft, das wir abgeschlossen haben, das war nur scheinbar, daß ich von ihr gelebt hab so ohne weiteres, ich hab ihr nämlich für das alles auch etwas gegeben.

      STAATSANWALT

      Was denn?

      SLADEK

      Mich. Man hört die Öffentlichkeit lachen.

      RICHTER

      Angeklagter. Ich warne Sie!

      SLADEK

      Warum? Wieso?

      RICHTER

      Schweigen Sie! – Angeklagter! Bekennen Sie sich schuldig?

      SLADEK

      Das ist sehr kompliziert. Da kann man sehr schwer was sagen, weil es zuviel zu sagen gäb. Es ist alles richtig, daß Anna und ich uns nicht so recht verstanden haben, wenigstens oft, daß es Streit gab, daß es sogar zu sogenannten Tätlichkeiten kam, des öfteren sogar, daß ich ihr auch mal aus dem Schrank was nahm und mit fremden Weibern zu Gartenunterhaltungen ging, das geb ich alles zu, denn ich hab die Gerechtigkeit lieb, aber deshalb fühl ich mich nicht schuldig. Wenn ich nämlich so nachdenk, so war das doch nur der Altersunterschied. Meine Herren! Als ich sie kennenlernte, war sie um fünfzehn Jahr jünger als zuletzt, obwohl bis dahin nur vier Jahr vergangen sind, aber der Reiz war schon eigentlich nach zwei Jahr weg, der natürliche Reiz –. Meine Herren, das alles ist doch kein Problem, das ist nur traurig.

      RECHTSANWALT

      Ich beantrage, den Angeklagten auf seinen Geisteszustand hin untersuchen zu lassen.

      STAATSANWALT

      Ich beantrage, den Antrag der Verteidigung abzulehnen und den Angeklagten mit den schärfsten Mitteln zu zwingen, sich der Würde des Gerichtes entsprechend zu benehmen.

      SLADEK

      Wie?

      RICHTER

      Angeklagter! Sie leugnen also, die Witwe Schramm ermordet zu haben?

      SLADEK

      Ich leugne es sogar sehr, ich hab noch nie jemand ermordet.

      RICHTER

      Sie wiederholen also, daß dieser Mord ein sogenannter Fememord war, ein Akt verbrecherischer Selbstjustiz der sogenannten schwarzen Armee. Angeklagter, heute können wir laut über jene verworrene Zeit sprechen, wir sehen klar. Jene furchtbaren Tage der Inflation haben wir nun gottlob überwunden. Das deutsche Volk befindet sich im kraftvollen Wiederaufstieg, es hat Unglaubliches ertragen und Ungeheueres vollbracht. Man hört die Öffentlichkeit applaudieren.

      SLADEK

      Ich kann trotz Wiederaufstieg undsoweiter nur sagen, daß ich sozusagen unschuldig bin.

      STAATSANWALT

      »Sozusagen«!

      SLADEK

      Zu guter Letzt. Ich hab immer darüber geredet, daß in der Natur eben gemordet wird, und daß sich das nicht ändert, aber – meine Herren, ich war sehr dagegen. Als ich hernach mit den vier Soldaten in jenem Auto nach dem Hauptquartier fuhr, da hat es schaurig geregnet in der Nacht, ich werd das nie vergessen.

      RICHTER

      Die vier Soldaten sind verschollen.

      SLADEK

      Alle. Ich glaub, in Nikaragua.

      STAATSANWALT

      Sie СКАЧАТЬ