Название: Gesammelte Werke von Nikolai Gogol
Автор: Nikolai Gogol
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027211272
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Die Kosaken sahen sich um. Am rechten Flügel geigte der Kosak Metelitza den Polacken zum Tanz und machte manchem den Garaus, am linken drang der Oberst Newylytschki stürmisch vor; bei der ersten Wagenburg drosch Sakrutyguba sieghaft auf den Feind ein, bei der zweiten hatte der eine Pißarenko die Angreifer zurückgeworfen, bei der dritten war man schon auf den Wagen selber handgemein.
»Wie stehts, ihr Herren?« rief der Hetman Taraß und ritt durch die Reihen. »Habt ihr noch Pulver in den Pulverhörnern? Ist die Kosakenkraft noch nicht erlahmt? Und halten die Kosaken durch?«
»Ja, Alter! Noch haben wir Pulver in den Pulverhörnern, noch ist die Kosakenkraft stark und gesund, noch halten die Kosaken durch!«
Von einem der Wagen stürzte Bowdjug zur Erde. Mitten ins Herz hatte ihn eine Kugel getroffen; aber der Alte raffte die letzte Kraft zusammen und sagte: »Gern scheid ich vom Lichte. Schenke Gott einem jeden solch einen Tod! Ruhm und Ehre bis an den Jüngsten Tag dem russischen Land!«
Zu den himmlischen Höhen schwang sich die Seele Bowdjugs, dort zu melden, wie man auf russischer Erde zu kämpfen versteht, wie man – was mehr heißt – zu sterben versteht auf russischer Erde.
Bald nach Bowdjug stürzte auch Balaban, der Oberst, dröhnend zu Boden. Drei tödliche Wunden trug er, von einer Lanze die erste, von einer Kugel die zweite, die dritte von einem schweren Pallasch. Er war der tapfersten Kosaken einer. In manchem Seekrieg hatte er den Befehl geführt, den größten Ruhm aber gewann ihm sein Zug an die anatolische Küste. Gar viele Zechinen erbeuteten sie da, kostbares türkisches Gut, herrliche Stoffe und allerlei Schmuck. Doch auf dem Heimweg hatten sie viel Bitternis zu kosten. Die armen Teufel kamen ins Feuer türkischer Schiffsgeschütze. Die feindlichen Kugeln machten die Hälfte ihrer Kähne leck und brachten sie zum Kentern; so mancher mußte da im Meer sein Leben lassen. Aber die Schilfbündel an den Bordwänden bewahrten die Kähne vor dem Sinken. Balaban hieß die Kosaken rudern, was sie konnten, und hielt gerade auf die Sonne zu. So machte er sich unsichtbar für das türkische Schiff. Die ganze Nacht dann schöpften sie mit Schaufeln und Mützen das Wasser aus und flickten die Lecke; aus ihren Pluderhosen schnitten sie sich Segel zu, hißten sie und entrannen so der schnellsten unter den türkischen Fregatten. Und nicht nur, daß sie wohlbehalten ins Lager kamen – sie brachten dem Abt des Meschigorer Klosters zu Kiew auch ein goldgesticktes Meßgewand mit und für das heilige Bild der Schützerin und Fürbitterin Maria im Lager eine Fassung aus gediegnem Silber. Noch lange priesen die Pandoraspieler diesen siegreichen Heerzug der Kosaken.
Jetzt aber senkte Balaban im bittern Todeskampf das Haupt und sagte leise: »Ihr Herren und Brüder, mich will bedünken, ich sterb einen guten Tod: sieben hab ich aus dem Sattel gehauen, neun Feinden die Lanze in den Leib gerannt. Gar viele hat mein Gaul unter die Füße getreten, die Zahl der Feinde aber, die meine Kugel traf, hab ich vergessen. In alle Ewigkeit soll blühen das russische Land! …«
Und seine Seele floh von hinnen.
Ihr tapfern Kosaken! Ihr opfert ja die beste Blüte eures Heers! Schon ist Kukubenko umzingelt. Nur noch sieben Mann sind übrig vom wackern Regiment Nesamoiko; und auch die wehren sich mit schwerer Mühe der Haut. Von Blut besudelt ist Kukubenkos Panzerhemd. Taraß Bulba sieht seine Not und eilt selbst herbei, ihn herauszuhauen. Doch die Kosaken kommen zu spät: bevor der Ring der Feinde gesprengt ist, dringt eine scharfe Lanzenspitze Kukubenko mitten ins Herz. Matt hängt er in den Armen der Kameraden, die ihn stützen, und wie ein Bächlein plätschert sein junges Blut. So rinnt der köstliche Wein zur Erde, den unvorsichtige Diener in gläsernem Gefäß aus dem Keller holten. Sie stolpern an der Schwelle und zerschlagen den teuern Krug. Der Herr des Hauses kommt gelaufen und rauft sich das graue Haar. Hat er den edeln Wein, der jetzt den Estrich netzt, doch für den schönsten Festtag seines Lebens aufgehoben …
Kukubenko ließ seine Augen im Kreis wandern und murmelte: »Ich danke Gott, daß er mich in eurer Mitte sterben läßt, Kameraden! Mögen, die nach uns kommen, noch bessere Leute sein als wir; mag ewig blühen das gottgeliebte russische Land!«
Die junge Seele fuhr ihm aus dem Leib. Die Engel faßten sie an den Händen und führten sie in den Himmel. Wohl aufgenommen wurde sie dort oben. Der Heiland sprach zu ihr: »Setz dich zu meiner Rechten nieder, Kukubenko! Du hast der Kameradschaft Treue gehalten, du hast keine ehrlose Tat getan, hast keinen Menschen im Unglück verlassen, hast meine heilige Kirche als treuer Kämpfer verteidigt und beschützt!«
Mit Trauer erfüllte alle Kukubenkos Tod. Locker waren die Reihen der Kosaken geworden, viele, sehr viele von den Tapfern fehlten schon in der Schar. Aber noch wankten die Kosaken nicht und trotzten jedem Ansturm.
»Wie steht es, ihr Herren?« rief Taraß den Leuten zu, die ihm geblieben waren. »Habt ihr noch Pulver in den Pulverhörnern? Sind eure Säbel noch nicht stumpf? Ist die Kosakenkraft noch nicht erlahmt? Und halten die Kosaken durch?«
»Ja, Alter! An Pulver fehlt es nicht. Die Säbel sind noch scharf. Noch nicht erlahmt ist die Kosakenkraft. Noch halten die Kosaken durch!«
Von neuem legten sich die Wackern ins Zeug, als hätten sie nicht den kleinsten Verlust erlitten. Nur drei der Obersten waren noch am Leben, blutrote Bächlein strömten rings, hoch türmten sich zu Wällen die Leichen der Kosaken und der Polen. Taraß blickte zum Himmel auf und sah eine Kette von Geierfalken darüber hinziehen. Ja, denen war die Beute sicher! Und da wurde schon Metelitza von einer Lanze durchbohrt, dort drüben flog des einen Pißarenko abgehauener Kopf im Bogen durch die Luft und blinzelte noch mit den Augen, und auf der andern Seite brach Ochrim Gußka zusammen und zuckte, in vier Stücke gehauen, auf der Erde.
»Jetzt!« sagte Taraß und winkte mit seinem Tüchlein.
Ostap verstand das Zeichen. Er brach aus seinem Hinterhalt hervor und stürzte sich wütend auf die feindlichen Reiter. Dem starken Anprall hielten die Polacken nicht stand; Ostap scheuchte sie vor sich her und trieb sie dorthin, wo das Feld mit Fußangeln und Lanzenspitzen gespickt war. Da strauchelten und stürzten die Gäule, und über ihre Hälse zu Boden schossen die Polacken. Zugleich erkannten die Korßuner, die weiter hinten in Reserve standen, daß sie den Feind nun auf Schußweite hatten, und begannen aus ihren Hakenbüchsen in ihn hineinzufeuern. Blasses Entsetzen packte die Polacken, die Russenkämpfer aber faßten frischen Mut.
»Sieg, Sieg! Nun haben wir gewonnen!« schrieen von allen Seiten die Kosaken, die Trompeten schmetterten, das Siegesbanner wurde geschwenkt. Über das Feld hin wimmelte flüchtig der geschlagne Feind.
»Nein, nein, so sicher gewonnen ist der Sieg noch nicht!« sagte Taraß mit einem forschenden Blick zum Stadttor. Und er sprach wahr.
Das Tor sprang auf; im Trab unter seiner Wölbung hervorgesprengt kam ein Husarenregiment, die Zierde aller Reiterregimenter. Die Krieger saßen einer wie der andre auf schwarzbraunen Hengsten von kaukasischem Schlag. Als Führer an der Spitze ritt ein stolzer Recke, der feurigste und schönste aus der ganzen Schar; lustig flogen ihm schwarze Locken unter dem bronzenen Helm, von seinem Arme flatterten die Enden einer kostbaren Schärpe, gestickt von den Händen der schönsten Maid. Gleich einem Schwindel packte es Taraß, als er in diesem Mann Andri erkannte. Der aber dachte mitten in Staub und Hitze der Schlacht nur an das eine: wie er sich das Pfand verdienen könnte, das seine Schöne ihm um den Arm geschlungen hatte. Er stürmte СКАЧАТЬ