Название: EAT LOCAL(s) - Rate, wer zum Essen kommt
Автор: Danny King
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783958353084
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Er billigte keineswegs, was Thomas getan hatte. Thomas hatte die Regeln des Zirkels gebrochen und von diesem Punkt aus gab es kein Zurück. So gerne Boniface auch davon redete, im Alleingang zu handeln – getan hätte er es nie. Nicht wirklich. Es war nur eine Verhandlungsposition; etwas, womit man den Duke und den Rat in Zugzwang brachte. Warum hatten sie ihn nicht vermitteln lassen? Er hätte mit Thomas sprechen können. Ihn in den Kreis der Familie zurückholen.
Nun, Boniface würde ihnen das nicht so einfach durchgehen lassen. Während er zusah, wie seine verräterischen Kameraden die Möbel zurechtrückten und die Tischdecke glattstrichen, damit ihr verpisstes kleines Treffen weitergehen konnte, schwor er sich, dass er seinen Freund rächen würde. Und wenn er noch 3000 Jahre weiterlebte – irgendwann würde er sie für diese Tat zur Verantwortung ziehen.
Wie sich herausstellen sollte, musste Boniface nicht ganz so lange warten.
***
»Ist dein Kumpel ein Farmer oder so?«, fragte Sebastian, als die Scheinwerfer endlich am Ende des holprigen Feldwegs das rostige Schild der Thatchers über dem ebenso rostigen Tor beleuchteten.
»Wir sind nur für heute Nacht hier.« Vanessa verriet wieder einmal nicht mehr, als sie unbedingt musste.
So war es schon während der ganzen Fahrt vom Bahnhof gegangen. Vanessa hatte nicht einmal erwähnt, dass sie noch irgendjemanden treffen würden, bis sie von der Hauptstraße in die Wildnis abgebogen war. Sebastian fragte sich, ob er wohl bei Bedarf seinen Weg zurück in die Zivilisation finden würde, und musste sich eingestehen, dass er das wahrscheinlich nicht konnte. Tatsächlich war er nicht einmal mehr sicher, wo eigentlich die Hauptstraße war. Links, rechts, links, rechts, über gewundene schmale Wege und durch eine blubbernde Furt. Die Bäume drängten sich von allen Seiten heran und verdeckten das Licht der Sterne, sodass die Nacht undurchdringlich schwarz erschien; jedenfalls, bis sie an der Farm ankamen. Dort öffnete sich der Weg, Felder erstreckten sich vor ihnen und aus der Höhe übergoss der glänzende Mond das unheimliche Farmhaus mit gespenstisch silbrigem Licht.
»Das wird doch nichts Perverses, oder?«
»Definiere pervers«, war Vanessas nicht gerade beruhigende Antwort.
»Ich will nicht die Ströme kreuzen, wenn du verstehst, was ich meine.«
Vanessa verstand nicht. Sie war nicht in einem Waisenhaus mit wenigen Brettspielen und ohne Fernseher aufgewachsen, wo eins der raren verfügbaren Freizeitvergnügen darin bestanden hatte, herauszufinden, wie viele Jungs gleichzeitig in dieselbe Kloschüssel pinkeln konnten – was unweigerlich zu einer Extraladung Schmutzwäsche geführt hatte.
»Ich meine nur, weißt du, ich mag dich.« Sebastian betonte das »Dich« in der Hoffnung, dass Vanessa umdrehen und zu diesem mythischen schicken Hotel fahren würde, das ihm versprochen worden war.
»Ich mag dich auch, Sebastian«, gab Vanessa zurück und fügte hinzu: »Und ganz bestimmt werden meine Freunde dich auch mögen.«
»Ich dachte nur, als du mich über das Wochenende eingeladen hast, dass wir zwei allein wären, weißt du?«
»Du bist so was von süß, wenn du schüchtern bist«, kicherte Vanessa.
»Etwas herablassend, aber okay.« Da ihm keine bessere Entgegnung einfiel, zuckte Sebastian mit den Schultern und kratzte sich am Kopf.
»Wir bleiben nicht allzu lange. Bloß ein Bissen auf die Schnelle, und dann ab ins Bett. Versprochen.« Ausnahmsweise war Vanessa einmal absolut ehrlich zu Sebastian.
Der fühlte sich einigermaßen beruhigt. »In Ordnung, damit kann ich leben«, willigte er ein.
Vanessa schenkte ihm ein betörendes Lächeln. »Das werden wir sehen.«
Als sie am Farmhaus vorfuhren, wartete dort bereits Chen, der immer noch seine Sonnenbrille trug, allerdings nicht mehr die Flinte. Sebastian spürte Chens Blick auf sich, während er aus dem Auto kletterte, auch wenn er seine Augen nicht sehen konnte. Chen lächelte nicht, sah aber aus, als wolle er das jeden Moment tun. Sebastian wusste nur nicht genau, worüber.
»Hey, Chen! Wunderbar, dich wiederzusehen.« Vanessa erdrückte Chen in einer warmen Umarmung, wenngleich keiner von beiden wirklich Wärme abgab. »Sind alle hier?«
»Alle waren hier.« Die verschlüsselte Antwort verriet Vanessa alles, was sie wissen musste.
»Das ist Sebastian«, stellte sie ihren alten und neuen Freund einander vor.
»Hey, Sebastian! Schön, dass du es geschafft hast.« Irgendwie vermittelte Chen Sebastian den Eindruck, als wisse er schon über ihn Bescheid.
»Du nimmst mir die Worte aus dem Mund, Kumpel«, gab Sebastian halbherzig zurück.
»Geht ihr schon rein. Sie warten alle. Ich kümmere mich um das Auto.« Chen sprang in den Fahrersitz und fuhr Vanessas Jaguar hinters Haus, wo er vor neugierigen Blicken geschützt war.
»Komm mit,« sagte Vanessa. Sie ging vor Sebastian her durch den Garten auf das Haus zu.
»Aber er hat meine Tasche!«, protestierte Sebastian. Vanessa verschwand durch die Haustür, ohne auf ihn zu warten. So gerne er auch umkehren wollte, zurück zum Bahnhof, zurück nach London und zurück in den Pub – ohne Mitfahrgelegenheit und ohne sein Zugticket ging er nirgendwohin, wie er sehr wohl wusste.
»Drauf geschissen«, murmelte er und folgte seiner Verabredung zögerlich vom Regen in die Traufe.
18 hatte das Auto vorfahren gesehen, aber nicht, wer ausgestiegen war. Sein Aussichtspunkt war an der falschen Stelle, mit Blickrichtung auf die Rückseite des Hauses, da er von hinten durch den Wald gekommen war. Er erwog einen Standortwechsel, entschied sich aber dagegen. Hier war er gut aufgehoben. Wenn Colonel Bingham wollte, dass jemand die Vordertür auskundschaftete, dann sollte er doch hingehen und selber an das verdammte Ding klopfen. 18 würde sich heute Nacht nicht mehr von der Stelle rühren. Er hatte genug. Es war an der Zeit, etwas anderes zu tun, vielleicht Teppichleger werden oder eine Pommesbude eröffnen, und gleich morgen würde er damit anfangen.
Er musste nur noch diese Nachtschicht beenden und sich ehrenvoll zur Ruhe setzen.
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