Название: Atemlos aus Lauter Liebe
Автор: Barbara Cartland
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland
isbn: 9781788671088
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»Wenn Sie einige der Bilder verkaufen wollen, dann bitte nicht dieses«, rief Prunella. »Es ist das Beste von allen. Ihr Vater pflegte dazu immer folgende Geschichte zu erzählen: Als van Dyck das Bild beendet hatte, wollte er in jenem Augenblick sterben, weil er überzeugt war, niemals mehr ein besseres Portrait zu malen.«
Daraufhin entstand ein betroffenes Schweigen.
»Woraus folgern Sie, daß ich beabsichtige, eines dieser Bilder zu verkaufen«, begann der Earl schließlich.
»Ich fürchtete, Sie hätten das im Sinn«, gestand Prunella. »Wenn Sie erlauben, zeige ich Ihnen eine Liste, auf der ich die Gegenstände im Haus aufgeführt habe, die einen guten Preis erzielen, von zukünftigen Generationen aber nicht so vermißt werden wie die Gemälde in der Galerie.«
»Ich verstehe kein Wort, Miss Broughton. Was veranlaßt Sie dazu, sich derart mit meinen privaten Angelegenheiten zu beschäftigen?«
Prunella zog den Atem ein.
»Um das zu erklären, bin ich hier, Mylord.«
Der Earl schaute sich um, als wolle er vorschlagen, sich hinzusetzen. Die Sessel in der Galerie aber trugen Hüllen, die die Polster am Verblassen hindern sollten.
Prunella las seine Gedanken.
»Wir sollten nach unten in die Bibliothek gehen«, schlug sie vor. »Ich habe immer dafür gesorgt, daß der Raum in Ordnung ist.«
»Sie haben dafür gesorgt?« fragte der Earl ungläubig.
»Das muß ich Ihnen auch erklären«, setzte sie leicht errötend hinzu.
»Ich bin sehr gespannt auf Ihre Erklärung.«
In seiner Stimme schwang eine gewisse Härte mit.
Sie gingen schweigend durch die Galerie die Treppe hinunter in die Halle. Dort stießen sie auf einen Mann, von dem Prunella annahm, daß es sich um den Kammerdiener handelte.
»Da sind Sie ja, Mylord«, rief er in einem Ton, den Prunella ein wenig zu vertraulich fand. »Da nichts zu essen im Haus ist, dachte ich mir, ich fahre ins Dorf und kaufe ein.«
»In Ordnung, tu das«, stimmte der Earl zu.
Der Kammerdiener wandte sich schon zum Gehen, als Prunella sich einmischte.
»Ich fürchte, in Little Stodbury gibt es nicht viel zum Einkaufen. Fahren Sie lieber zur Home Farm. Mrs. Gabriel wird Ihnen einen hervorragenden selbstgeräucherten Schinken geben. Falls sie gerade geschlachtet haben, hat sie vielleicht auch eine Hammelkeule für Seine Lordschaft.«
»Vielen Dank, Madam«, sagte der Kammerdiener.
»Mrs. Carter hätte Sie informieren können, daß die Home Farm Sie auch mit Butter, Milch und Eiern versorgt, nur werden Sie dafür bezahlen müssen.«
Mit einem etwas ängstlichen Blick auf den Earl fuhr sie fort: »Die Vereinbarungen, die die Farmersfamilie mit ihrem Vater getroffen hatte, endeten mit seinem Tode. Die Leute haben nun sehr zu kämpfen und können Ihnen daher nicht umsonst Lebensmittel liefern.«
»Ich habe nicht vor, sie darum zu bitten«, erwiderte der Earl scharf. »Bezahle sofort alles, was du kaufst, Jim«, wandte er sich an seinen Kammerdiener.
»Sehr wohl, Mylord.«
Prunella fragte sich, woher das Geld wohl kam. Sie fand es seltsam, daß der Diener seinen Herrn nicht darum bat. Vielleicht benutzte er sein eigenes und wartete mit der Rückzahlung, bis der Earl etwas aus dem Haus verkauft hatte.
Wieder spürte sie bei dem Gedanken einen Stich im Herzen, die Kostbarkeiten, die sie ihr ganzes Leben lang gekannt und bewundert hatte, irgendwann nicht mehr zu sehen.
Während des Krieges hatten sie sehr isoliert gelebt. Die Pferde waren von der Armee beschlagnahmt worden. Die jungen Männer kämpften entweder unter Wellington oder sie stürzten sich in den Trubel von Vergnügungen, den der Prinzregent in London veranstaltete. Der alte Earl hatte sich sehr einsam gefühlt.
Er ermutigte Prunella, sich Bücher aus seiner Bibliothek zu leihen. Lesen sei gut für ihre Bildung, behauptete er. In Wirklichkeit liebte er die Unterhaltung mit ihr. Abgesehen von der Dienerschaft kam niemand mehr in das große Haus.
Er erzählte ihr Geschichten über die Gemälde und Möbel. Da er von der Familie geradezu besessen war, drehten sie sich hauptsächlich um seine Vorfahren: Soldaten, Staatsmänner, Forscher, Spieler und Wüstlinge.
Und jetzt war wieder ein Wüstling nach Hause gekommen, um sich am Verkauf von Kunstschätzen zu bereichern, die für sie ein Teil dieser Geschichten waren.
Vor der Bibliothek angekommen, trat der Earl zur Seite, um sie zuerst eintreten zu lassen. Irgendwie empfand sie diese Geste als spöttisch.
In der Bibliothek wurde ihr plötzlich bewußt, wie schäbig der Raum wirkte. Das war ihr gar nicht aufgefallen. Auf einmal schien sie alles mit den Augen eines Neuankömmlings zu sehen. Der Teppich war zerschlissen, die Sesselpolster hatten jede Farbe verloren. Und die Risse in den Vorhängen waren beim besten Willen nicht mehr zu flicken.
Der Earl konnte eigentlich nur denken, daß seit seinem Weggehen alles vernachlässigt worden war.
Prunella setzte sich in einen Sessel seitlich des Kamins. Gerald stand mit dem Rücken dagegen gelehnt, bohrte die Hände in die Hosentaschen und schaute sie durchdringend an.
»Nun, was hat das alles zu bedeuten?«
Prunella hielt seit ihrer Ankunft ein Notizbuch in der Hand, das sie jetzt auf ihren Knien aufschlug.
»Höflicherweise sollte ich Sie wohl zuerst zu Hause willkommen heißen. So unerwartet Ihre Rückkehr auch ist - besser spät als niemals.«
»Entdecke ich da möglicherweise einen Tadel in Ihrer Stimme, Miss Broughton?« spottete der Earl.
»Sie müssen wissen, daß die Dinge nach dem Tode Ihres Vaters sehr . . . schwierig wurden, Mylord.«
»Weshalb?«
»Nun, erstens wußte niemand, wo Sie waren, und zweitens war auch keiner da, der sich um das Gut kümmerte.«
»Was ist mit Andrews geschehen? Ich dachte immer, er wäre ein sehr tüchtiger Mann.«
»Vor vierzehn Jahren sicherlich«, bestätigte Prunella. »Leider ist er seit achtzehn Monaten bettlägerig. Auch schon einige Jahre früher war er nicht mehr wirklich in der Lage, das Gut zu beaufsichtigen.«
Der Earl mußte diese Nachricht erst einmal verarbeiten.
»Es ist doch bestimmt jemand engagiert worden, der seine Stelle einnehmen konnte«, erkundigte er sich schließlich.
»Wie hätte man diesen Ersatz bezahlen sollen?«
Ein Schweigen entstand, das der Earl dann unterbrach: »Wollen Sie damit andeuten, daß kein Geld vorhanden ist?«
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