Название: Atemlos aus Lauter Liebe
Автор: Barbara Cartland
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland
isbn: 9781788671088
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»Sie meinen doch nicht etwa . . .«
»Doch, Miss Prunella. Der neue Earl of Winslow ist wieder zu Hause, wenn man Mrs. Goodwin Glauben schenken kann. Nach vierzehn Jahren!«
»Das kann nicht wahr sein. Ich dachte schon, er würde niemals kommen.«
»Nun, er ist da«, stellte Charity lakonisch fest. »Wenn Sie mich fragen, wahrscheinlich nur um nachzuschauen, was er verkaufen kann.«
»O nein!«
Prunella flüsterte zwar, doch die Worte schienen tief aus ihrem Inneren zu kommen.
Während Charity vor den Kleiderschrank trat, sprach Prunella wie zu sich selbst.
»Der Earl ist ein Verwandter Pascoe Lowes und . . .«
Ihre Stimme erstarb. Aber Charity schien zu wissen, worauf sie hinauswollte.
»Falls Sie denken, er könnte Ihnen helfen, diesen jungen Dandy daran zu hindern, Miss Nanette nachzulaufen, dürften Sie sich irren. Er ist nämlich genauso schlimm, wenn nicht sogar schlimmer als sein Neffe.«
Es war auch müßig, sich näher darüber auszulassen. Prunella hatte schon ihr ganzes Leben lang über das indiskrete und extravagante Benehmen Geralds, des einzigen Sohnes des Earls, reden hören.
Als Gerald noch daheim lebte, hatten die Leute auf dem Gut, im Dorf und in der Grafschaft über kaum etwas anderes gesprochen als über seine wilden Feste, seine verrückten Freunde und die schönen, verführerischen Frauen, die ihn umschwärmten.
Im Jahre 1803, während des Waffenstillstandes zwischen Frankreich und England, erreichten die Dinge ihren Höhepunkt.
Prunella war damals erst sieben und konnte die Situation noch nicht überblicken. Später wurde ihr die Geschichte so oft erzählt, daß sie sie auswendig kannte. Obwohl sie inzwischen einige Variationen davon gehört hatte, fiel es ihr genau wie beim ersten Mal schwer zu glauben, daß sie der Wahrheit entsprachen. Bei dem selbstherrlichen alten Earl mußte alles nach seinen Wünschen gehen. Sein Sohn war offenbar aus dem gleichen Holz geschnitzt.
Beide waren starrköpfig, selbstgerecht und anmaßend. Der Earl verlangte von seinem Sohn, einen Schlußstrich unter seine Affären zu ziehen und nicht mehr so viel Geld zu verschwenden. Er solle endlich heiraten. und eine Familie gründen.
Gerald aber antwortete, daß er nichts dergleichen zu tun gedenke.
»Sie waren wie zwei Kampfhähne«, erzählte einer der alten Gefolgsleute Prunella. »Keiner wollte nachgeben. Widerstand konnte Seine Lordschaft nicht ertragen; dann verlor er regelrecht die Beherrschung.«
Prunella hatte selbst so manchen Tobsuchtsanfall des alten Earl erlebt. Er gab dann kein besonders erfreuliches Bild ab. Jetzt erfuhr sie, daß Mr. Gerald ebenfalls ein solch ungezügeltes Temperament besaß.
Die beiden standen also einander in nichts nach. Am Ende drohte der Earl, begleitet von vielen Beleidigungen, seinen Sohn zu enterben.
Gerald teilte seinem Vater mit, was er mit seinem Geld anfangen könnte.
»Nichts als schöne Worte«, höhnte der Earl. »Ohne Geld wirst du bald im Schuldenturm landen und mich um Hilfe bitten.«
»Lieber würde ich sterben«, erwiderte Gerald. »Du kannst dein verdammtes Geld, deine unerbetenen Ratschläge und deine ständigen Besserwissereien für dich behalten. Und was mein Erbe und dieses Gut betrifft, das dir so viel bedeutet, kann es soweit es mich betrifft, getrost verrotten. Ich würde keinen Finger rühren, um das Haus vor dem Einstürzen zu bewahren.«
Er hätte nichts Schlimmeres sagen können, um seinen Vater mehr aufzubringen. Doch ehe dem Earl eine passende Antwort einfiel, war Gerald bereits gegangen.
Als nächstes wurde bekannt, daß Mr. Gerald England verlassen hatte, nicht ohne die hübsche, junge Frau eines Nachbarn mitzunehmen. Ihr um viele Jahre älterer Ehemann drohte, Gerald wie einen tollwütigen Hund niederzuschießen.
Von diesem Augenblick an herrschte Schweigen.
Einen Monat später flammte erneut der Krieg mit Frankreich auf. Man wußte nur, daß Gerald England verlassen hatte. Falls er sich nach Paris gewandt hatte, was wahrscheinlich war, war die Dame, die ihn begleitet hatte, jedenfalls nicht zurückgekehrt.
Nur wenigen Menschen war die Flucht aus den Gefängnissen geglückt, in die Napoleon alle britischen Besucher gesperrt hatte. Gerald befand sich aber nicht darunter.
Nach fünf Jahren sprach sich herum, daß die Dame, die er mitgenommen hatte, im Fernen Osten an Cholera gestorben war. Keiner wußte danach, ob Gerald ebenfalls ein Opfer dieser Krankheit geworden war. Prunella erinnerte sich, was der Earl ihrem Vater vor vier Jahren erzählt hatte. Er habe einen Brief von einem Freund erhalten, in dem stand, daß Gerald in Indien gesehen worden sei.
Von einer Heimkehr konnte nicht die Rede sein. Sie wäre auch sehr schwierig gewesen, falls er nicht auf einem Truppentransporter gefahren wäre. Obwohl das britische Königreich die Meere beherrschte, war es eine lange und gefährliche Reise von Indien nach England. Die einzigen Schiffe, die diese Fahrten unternahmen, waren solche, die Truppen nach Indien brachten oder sie nach Hause holten.
Ein Jahr bevor Prunellas Vater starb, erlitt der Earl einen Schlaganfall.
Nach einem seiner Temperamentsausbrüche sank er bewußtlos zu Boden. Er siechte noch zwei oder drei Monate dahin und starb schließlich, ohne jemanden wiederzuerkennen.
Es war teilweise dem schmerzlichen Verlust seines alten Freundes zuzuschreiben, daß der ohnehin nur noch schwache Lebenswille ihres Vaters erloschen war.
Prunella hatte ihn Tag und Nacht gepflegt. Er verabscheute es, fremde Leute um sich zu haben, und klammerte sich so fest an sie, daß sie ihn in seinen letzten Lebenstagen nicht allein lassen durfte.
Hielt sie sich tagsüber nicht in seinem Schlafzimmer auf, rief er nach ihr. Auch nachts schickte er manchmal zwei- oder dreimal nach ihr nur um sie zu sehen.
Gleichzeitig wurde er so nörgelig und schwierig, wie es nur ein Invalide sein kann. Als er schließlich starb, war die erschöpfte Prunella einem Zusammenbruch nahe.
Nachdem Charity sie ins Bett gesteckt hatte, schlief sie achtundvierzig Stunden durch.
»Ich muß aufstehen«, befahl sie sich mit schwacher Stimme nach diesen zwei Tagen.
»Sie bleiben, wo Sie sind, Miss Prunella«, bestimmte Charity mit fester Stimme.
»Aber . . .«
»Miss Nanette und ich schaffen es allein. Schlafen Sie weiter, Miss Prunella. Ich wecke Sie, wenn wir Sie brauchen.«
Prunella fühlte sich zu schwach und müde, um zu widersprechen. Später wurde ihr klar, daß Charitys Behandlung sie vor einem Zusammenbruch bewahrt hatte.
Zuerst vermochte sie kaum zu glauben, daß sie nun frei war, ihr eigenes Leben zu führen, ohne ihren Vater nach ihr rufen zu hören, ohne jede Minute des Tages an seine Bequemlichkeiten zu denken. Aber es gab ihrer Meinung nach viele Dinge, die nur sie tun konnte. Während sie aufstand und sich ankleidete, fragte sie sich, ob der neue Earl sich СКАЧАТЬ