Название: Im Zeichen der Liebe
Автор: Barbara Cartland
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland
isbn: 9781788670746
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Eben noch hatte Mademoiselle wortreich und ausführlich über ihre Seekrankheit geklagt, hatte gejammert und gestöhnt, und im nächsten Moment war sie verstummt und tot!
Jetzt sah sie so klein und zart aus, daß man sich fragte, wie jemals ein Zögling ihr gehorcht, ja, wie sie überhaupt an der Schule Autorität hatte ausüben können.
Tot!
Ein schreckliches Wort! ging es Bettina durch den Sinn. Ein Wort, das etwas Endgültiges an sich hat. Im Moment fiel es ihr ungemein schwer, sich vorzustellen, daß Mademoiselle, die sehr fromm gewesen war, in den Himmel kommen würde.
„Ich hole Ihnen eine Tasse Tee“, unterbrach Lord Eustaces Stimme Bettinas Gedankengänge. Er verließ den Wartesaal, und Bettina, die in einem Stuhl vor dem Kamin saß, warf einen scheuen Blick auf die auf der Sitzbank liegende Tote.
Ich muß für sie beten, da sonst niemand ein Gebet für sie spricht, dachte sie.
Und sie fragte sich gleich darauf allen Ernstes, ob sie auf der Überfahrt Mademoiselle Bouvais gegenüber freundlich genug gewesen war. Die alte Dame war nicht unbedingt eine Frau gewesen, der man Aufmerksamkeit oder gar Liebe oder Zuneigung entgegengebracht hatte.
Mademoiselle Bouvais war bei ihren Zöglingen nicht beliebt gewesen. Vielleicht war es ihrer kleinen, gedrungenen Statur zuzuschreiben, daß sie sich als Tyrannin gebärdete und dazu neigte, alle zu bevormunden und sich dabei ständig und grundlos über alles Mögliche zu beklagen.
Arme Mademoiselle, dachte Bettina. Vielleicht war die alte Dame jetzt glücklicher als in ihrem langen und frustrierenden Leben als Lehrerin.
Bei allen anderen Lehrerinnen - dank Madame de Vesaries Sorgfalt bei der Auswahl ihrer Lehrkräfte meist bemerkenswerte Persönlichkeiten, die den Ruf des Instituts als eines der besten in ganz Frankreich begründeten - hatten die Mädchen eifersüchtig um ein ermutigendes Lächeln oder gar ein Lob gekämpft.
„In ganz Europa existiert keine Schule, die sich mit unserer messen könnte“, hatte Madame sich oft gerühmt.
Mademoiselle Bouvais hatte am Institut viele Jahre gelehrt, so daß sie über die Geschichte der Schule besser Bescheid wußte als Madame selbst. Sicher war dies einer der Gründe ihres Verbleibs an der Schule, denn sie war auch noch da, als sie schon zu alt war, um selbst noch zu unterrichten.
Bettina wußte, daß der Tod der alten Lehrerin für die Schule und Madame de Vesarie keine besondere Bedeutung hatte. Man würde den Zöglingen die traurige Nachricht nach dem gemeinsamen Morgengebet mitteilen, worauf alle noch ein Gebet für Mademoiselles Seele sprechen würden. Und alsbald würde sie ganz vergessen sein.
Es erschien Bettina sehr bedauerlich, daß ein langes Menschenleben mit einem einzigen Gebet und anschließendem raschen Vergessen abgetan sein sollte. Sie wünschte sich, weinen zu können oder wenigstens imstande zu sein, Mademoiselle aufrichtiger zu betrauern.
Dann aber regte sich ihr Widerspruchsgeist, und sie sagte sich: Wozu trauern? Ich mochte Mademoiselle nicht besonders, als sie noch am Leben war. Warum sollte ich jetzt so tun als ob, nur weil sie tot ist?
Unwillkürlich mußte sie daran denken, was ihr Vater vor langer Zeit einmal vor einer Beerdigung gesagt hatte: „Eine Fülle teurer Blumen am Grab, doch als sie noch lebte, hatte niemand auch nur ein welkes Gänseblümchen für sie übrig.“
Nichts könnte falscher sein, sagte sich daraufhin Bettina. Wir sollten mit den Menschen liebevoller umgehen und weniger Aufhebens um die Toten machen.
Sie dachte an die vielen Blumen in der Kirche, als ihre Mutter zu Grabe getragen worden war. Viele Kränze waren von Leuten gekommen, die ihre Mutter nicht gemocht hatte und die sie in ihrem Haus nie geduldet hätte.
Ich möchte wissen, warum diese Blumen geschickt wurden? hatte Bettina sich damals gefragt.
Diese Frage hätte ihre Mutter belustigt, da diese gewußt hatte - ohne es je auszusprechen -, daß die Spender der Blumen sich ihren Vater warmhalten wollten, da dieser zum engsten Kreis des Prince of Wales gehörte und viele einflußreiche und mächtige Freunde hatte.
Verknüpft mit der Erinnerung an die Beerdigung ihrer Mutter war der Gedanke, daß ihrem Vater damals fast das Herz gebrochen war, er sich aber von dem Schock glücklicherweise rasch erholt hatte.
„Das Leben geht weiter“, hatte er gesagt, während seine Tochter noch rotgeweinte Augen hatte.
Sie selbst litt unter dem Verlust so sehr, daß ihr immer die Tränen kamen, wenn sie an ihre Mutter dachte.
„Ja, ich weiß, Papa“, hatte sie sich als Antwort abgerungen, da sie wußte, daß er es erwartete.
„Als nächstes werde ich deiner Taufpatin Lady Buxton einen Besuch abstatten“, hatte ihr Vater erklärt. „Sie hatte stets großes Interesse an dir, und ich fürchte auch, daß sie im Augenblick die einzige ist, die uns helfen kann.“
„Auf welche Weise, Papa?“
„Da bin ich nicht sicher“, hatte ihr Vater erwidert. „Sicher bin ich nur, daß Sheila Buxton wissen wird, was zu tun ist.“
Lady Buxton hatte es tatsächlich gewußt, denn ehe Bettina wußte, wie ihr geschah, hatte man sie nach Frankreich geschickt, wo sie die nächsten drei Jahre in Madame de Vesaries Institut verbringen sollte.
In diesem Jahr war sie nun achtzehn geworden und hatte geglaubt, sie würde im April die Schule verlassen, um wie ihre gleichaltrigen Freundinnen in die Gesellschaft eingeführt zu werden.
Als sie ihrem Vater davon schrieb, mußte sie erfahren, daß Lady Buxton erkrankt war.
„Bleib, wo du bist“, hatte ihr Vater geantwortet. „Im Moment kann ich deine Taufpatin nicht behelligen, und ehrlich gesagt glaube ich nicht, daß sie dich präsentiert, solange sie bettlägerig ist.“
Bettina war es nicht leichtgefallen, plötzlich als ältester Zögling dazustehen und Briefe von ihren Freundinnen zu bekommen, in denen diese begeistert Bälle, Theateraufführungen und Unterhaltungen beschrieben, die sie besuchten, während Bettina von einer eigenen Lehrerin Privatstunden erhielt, da sie auch für den Unterricht in der obersten Klasse zu fortgeschritten war.
Vor zwei Wochen hatte ihr Vater sie wissen lassen, daß ihre Taufpatin gestorben war und daß sie unverzüglich nach Hause kommen sollte. Es war für sie und auch für Madame de Vesarie eine große Überraschung.
„Bettina, eigentlich hatte ich angenommen, dein Vater würde dich das Jahr hier beenden lassen“, sagte Madame.
„Wenn du ihn wiedersehen wirst, könntest du ihn daran erinnern, daß er das Schulgeld, das immer im Voraus bezahlt wird, noch nicht überwiesen hat. Natürlich gibt es in deinem Fall Abzüge, er sollte aber nicht vergessen, daß das Schuljahr bereits am ersten September begonnen hat.“
„Ja, Madame.“
Ohne daß man es ihr ausdrücklich hätte sagen müssen, wußte Bettina sofort, warum man sie nach Hause beordert hatte. Ihre Taufpatin war für das Schulgeld aufgekommen, und mit ihrem Tod hatte auch ihre Großzügigkeit ein Ende gefunden. Nur aus diesem Grund mußte sie gehen.
Solange Bettina zurückdenken СКАЧАТЬ