Название: Die großen Revolutionen der Welt
Автор: Prof. Dr. Jürgen Nautz
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: marixwissen
isbn: 9783843800341
isbn:
Artikel 5
Die gesetzgebende und die ausführende Gewalt des Staates sollen von der richterlichen getrennt und unterschieden sein …
Artikel 6
Die Wahlen der Abgeordneten, die als Volksvertreter in der Versammlung dienen, sollen frei sein …
Artikel 8
Bei allen schweren oder kriminellen Anklagen hat jedermann ein Recht, Grund und Art seiner Anklage zu erfahren, den Anklägern und Zeugen gegenübergestellt zu werden, Entlastungszeugen herbeizurufen und eine rasche Untersuchung durch einen unparteiischen Gerichtshof … zu verlangen, ohne dessen einmütige Zustimmung er nicht als schuldig befunden werden kann; auch kann er nicht gezwungen werden, gegen sich selbst auszusagen; niemand darf seiner Freiheit beraubt werden außer durch Landesgesetz oder das Urteil von seinesgleichen.
Artikel 9
Es sollen keine übermäßigen Bürgschaften verlangt, keine übermäßigen Geldbußen auferlegt, noch grausame und ungewöhnliche Strafen verhängt werden.
…
Artikel 12
Die Freiheit der Presse ist eines der starken Bollwerke der [allgemeinen] Freiheit und kann nur durch despotische Regierungen beschränkt werden.
Artikel 13
Eine wohlgeordnete Miliz, aus der Masse des Volkes gebildet und im Waffendienst geübt, ist der geeignete … Schutz eines freien Staates …
Artikel 16
Die Religion oder die Ehrfurcht, die wir unserem Schöpfer schulden, und die Art, wie wir sie erfüllen, können nur durch Vernunft und Überzeugung bestimmt sein und nicht durch Zwang oder Gewalt; daher sind alle Menschen in gleicher Weise zur freien Religionsausübung berechtigt, entsprechend der Stimme ihres Gewissens; es ist die gemeinsame Pflicht aller, christliche Nachsicht, Liebe und Barmherzigkeit aneinander zu üben.
Die in Virginia entstandene Erklärung hatte eine starke Wirkung auf die Beratung der am 4. Juli 1776 erfolgten Unabhängigkeitserklärung der 13 Vereinigten Staaten (The Unanimous Declaration of The Thirteen United States of America). Die Präambel der vom Kongress-Präsidenten John Hancock (1737 - 1793) und vom Kongress-Sekretär Carl Thomson unterzeichneten Unabhängigkeitserklärung lautet in der Übersetzung der in Philadelphia erscheinenden deutschsprachigen Zeitung »Pennsylvanischer Staatsbote« vom 5. Juli 1776 (Es war die erste Veröffentlichung der Deklaration. Für die Kongressmitglieder war der Text am 4. Juli abends aufgelegt worden. In englischer Sprache wurde der Bevölkerung das Dokument erst am 6. Juli 1776 durch die »Pennsylvania Evening Post« zur Kenntnis gebracht):
»Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen worden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter Leben, Freiheit und das Bestreben nach Glückseligkeit sind. Dass zur Versicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten; dass, sobald eine Regierungsform diesen Endzwecken verderblich wird, es das Recht des Volkes ist, sie zu verändern oder abzuschaffen, und eine neue Regierung einzusetzen, die auf solche Grundsätze gegründet, und deren Macht und Gewalt solchergestalt gebildet wird, als ihnen zur Erhaltung ihrer Sicherheit und Glückseligkeit am schicklichsten zu seyn dünket. Zwar gebietet Klugheit, daß von langer Zeit her eingeführte Regierungen nicht um leichter und vergänglicher Ursachen willen verändert werden sollen; und demnach hat die Erfahrung von jeher gezeigt, daß Menschen, so lang das Uebel noch zu ertragen ist, lieber leiden und dulden wollen, als sich durch Umstoßung solcher Regierungsformen, zu denen sie gewöhnt sind, selbst Recht und Hülfe verschaffen. Wenn aber eine lange Reihe von Mißhandlungen und gewaltsamen Eingriffen auf einen und eben den Gegenstand unabläßig gerichtet, einen Anschlag an den Tag legt, sie unter unumschränkte Herrschaft zu bringen, so ist es ihr Recht, ja ihre Pflicht, solche Regierung abzuwerfen, und sich für ihre künftige Sicherheit neue Gewähren zu verschaffen. Di[e]s war die Weise, wie die Kolonien ihre Leiden geduldig ertrugen; und so ist jetzt die Nothwendigkeit geschaffen, welche sie zwinget ihre vorigen Regierungssysteme zu verändern …«
Nach der Aufzählung einer langen Liste von Vorwürfen gegen das englische Mutterland folgt die Erklärung der Unabhängigkeit; auch diese wiedergegeben in der Übersetzung des Pennsylvanischen Staatsboten:
»Indem wir, derohalben, die Repräsentanten der Vereinigten Staaten von America, im General-Congress versammlet, uns wegen der Redlichkeit unserer Gesinnungen auf den allerhöchsten Richter der Welt berufen, so Verkündigen wir hiemit feyerlich, und Erklären, im Namen und aus Macht der guten Leute dieser Colonien, Daß diese Vereinigten Colonien Freye und Unabhängige Staaten sind, und von Rechtswegen seyn sollen; daß sie von aller Pflicht und Treuergebenheit gegen die Brittische Krone frey- und losgesprochen sind, und daß alle Politische Verbindung zwischen ihnen und dem Staat von Großbrittannien hiemit gänzlich aufgehoben ist, und aufgehoben seyn soll; und daß als Freye und Unabhängige Staaten sie volle Macht und Gewalt haben, Krieg zu führen, Frieden zu machen, Allianzen zu schliessen, Handlung zu errichten, und alles und jedes andere zu thun, was Unabhängigen Staaten von Rechtswegen zukömmt.«
Die Unabhängigkeitserklärung war von Thomas Jefferson (1743 - 1826) ausgearbeitet worden. Deutlich beeinflusst sind diese Dokumente von den Ideen John Lockes (1632 - 1704), wie sie bereits Thomas Paine (1737 - 1809) aufgegriffen hatte, der mit seiner Flugschrift Common Sense vom 10. Januar 1776 einen wichtigen publizistischen Beitrag zum Erfolg der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung leistete: Amerika müsse unabhängig werden und ein demokratisches Regierungssystem einführen, das auf den Menschenrechten basiere, so die Botschaft, die die amerikanische Bevölkerung faszinierte. Zentral für Paines Denken war die Gesellschaft, während er Staat und Regierung nur als Hilfsorgane der Gesellschaft betrachtete. In seiner Schrift Common Sense fand er dafür diese Worte: »Die Gesellschaft ist ein Segen, eine Regierung, sogar die beste, ist nichts anderes als ein notwendiges Übel; die schlechteste ist unerträglich.«
Mit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 finden zum ersten Mal die Menschrechte Eingang in ein offizielles staatliches Dokument. Das unerhört Neue, das Revolutionäre liegt in dem darin entwickelten Verständnis eines vorstaatlichen Rechts, das Ziel und Zweckbestimmung allen staatlichen Handels sein müsse. Das Regierungssystem sollte derart gestaltet werden, wie es zur Gewährleistung der Sicherheit und des Glücks der Bürger notwendig erschien.
Zum ersten Mal gab sich ein Staat eine Verfassung, die auf den natürlichen Rechten des Einzelnen und der Souveränität des Volkes beruhte sowie demokratische Strukturen festlegte. Allerdings war das Wahlrecht noch kein allgemeines, sondern durch Eigentumsklauseln eingeschränkt, die von rund drei Vierteln der männlichen Weißen erfüllt wurden. Trotz dieser Einschränkungen entstand in den Neuenglandstaaten ein neuer Demokratietypus: die Verfassungs- und Grundrechtsdemokratie. Deren Herrschaft beruht (a) auf der Basis vorstaatlicher Menschenrechte, die auch die Volkssouveränität begründen, (b) auf Gewaltenteilung und zeitlicher Begrenzung aller Staatsämter, schließlich (c) auf der Trennung von СКАЧАТЬ