Название: Schwerwettersegeln
Автор: Peter Bruce
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783667116475
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In der Bildersequenz sieht man, dass die Wellen in den Modellversuchen so angelegt wurden, dass sie sich auf ihrer gesamten Länge auf einmal brachen, anders als die Wellen auf See, die kürzere brechende Wellenkämme haben, weil sich verschiedene Wellensysteme gegenseitig beeinflussen. Sobald der sich brechende Wellenkamm beim Aufprall so breit wie die Yacht lang ist, kriegt man die volle Wirkung zu spüren.
Wie kann man eine Kenterung vermeiden?
Die einfachste Antwort heißt: »Brechende Welle meiden!« Die Folgerung daraus lautet nicht: »Verharre festgezurrt am Liegeplatz!«, sondern: »Meide solche Seegebiete, in denen sich mit großer Wahrscheinlichkeit eine brechende See aufbaut!« Fischer zum Beispiel helfen ihren schmalen Booten, indem sie brechende Wellen meiden. Die zuständigen norwegischen Behörden geben in ihren Wetterberichten die unbedingt zu meidenden Seegebiete, in denen mit brechenden Wellen gerechnet werden muss, bekannt.
Der Test verdeutlicht die seitliche Kenterung eines Grundmodells mit Finnkiel.
aQuer zur Welle
bDer Wellenkamm beginnt zu brechen
cKrängung um 90°
dAuf dem Kopf! Kiel und Ruder in der Luft
eFast wieder auf den Beinen
fAlles wieder normal
Für die Fälle, dass man von extremen Wind- und Wellenbedingungen überrascht wird, sollte man eine Technik entwickeln, wie man sich überschlagende Wellen aus dem Weg gehen kann. Während des Fastnet-Rennens 1979 waren viele Yachten in der Lage, aktiv segelnd ihre Fahrt fortzusetzen. Ihre Taktik kann man mit der eines Surfers vergleichen, der vom oberen Wellenkamm quer über die Vorderseite einer Welle seine Bahn zu dem nicht brechenden Teil einer Welle zieht und somit dem brechenden Teil aus dem Weg geht. Befindet sich eine Yacht vor oder hinter dem brechenden Teil eines Wellenkamms, ist die Gefahr vorbei und, solange die Welle beim Ausrollen Energie verliert, schiebt sich der Moment des Aufpralls weiter hinaus, und das Risiko einer Kenterung nimmt ab. Die Welle hat ihre größte zerstörerische Kraft, wenn sie gerade bricht – und unmittelbar danach. Aktives Segeln verhindert also, seitlich von der See getroffen zu werden. Das ist nämlich die Achillesferse einer Yacht. Es gibt bei dieser Taktik jedoch ein Risiko, das durch einen Steuerfehler hervorgerufen wird. Dadurch kann die Yacht querschlagen und dwars zu den Wellen kommen. Diese Taktik erfordert also eine harte und kompetente Crew mit großem Durchhaltevermögen. Trotzdem ist und bleibt sie eine vielfach angewandte und erfolgreiche Methode, um mit schwerem Wetter fertig zu werden.
Wie die Erfahrungen der Crews aus den Sturmberichten in Kapitel 3, 15, 17 und 22 zeigen, kann man nicht grundsätzlich Kenterungen vermeiden. Ermüdung der Crew oder der unglückliche Stern einer Yacht, besonders einer unterbemannten, sind wohl eher Gründe für eine Kenterung oder einen K.-o.-Schlag. Die Untersuchung nach dem Fastnetrennen hat eine Quantifizierung der Merkmale angestrebt, die ein Yachtentwurf für eine Überlebenschance in schwerem Wetter haben muss. Bisher habe ich in allgemeinen Begriffen über die Stabilität gesprochen. Wir kommen aber nicht weiter, wenn wir nicht auf die Einzelheiten und Physik eingehen, die eine segelnde Yacht aufrecht hält, und nicht untersuchen, wie sich die Dinge verhalten, wenn der Mast auf dem Wasser liegt. Abbildung 2.1 zeigt die typische Kurve des aufrichtenden Moments (oder Stabilitätsmoments). Sie beschreibt die Änderung des aufrichtenden Moments bei zunehmendem Krängungswinkel. Wir gehen davon aus, dass das gesamte Gewicht einer Yacht im Gewichtsschwerpunkt vertikal nach unten wirkt. Gleichzeitig wirkt die Auftriebskraft im Verdrängungsschwerpunkt vertikal nach oben. Unter dem aufrichtenden Moment versteht man das Drehmoment, das durch die zunehmende Verlagerung des Gewichtsschwerpunktes G gegenüber dem Verdrängungsschwerpunkt B erzeugt wird. Dabei liegt der Gewichtsschwerpunkt, solange die Crew das Boot nicht ausreitet, auf der Mittellinie des Bootsrumpfes, wogegen sich der Verdrängungsschwerpunkt je nach Krängung leewärts verlagert.
Abbildung 2.1 Typische Stabilitätskurve
Man sieht sofort, dass einer normalen Krängung bis 45° ein entsprechendes aufrichtendes Moment entgegensteht. Die Krängung durch den Winddruck in den Segeln kann konstruktiv entweder durch eine Verbreiterung der Yacht, wodurch der Verdrängungsschwerpunkt weiter nach außen verlagert wird, oder durch einen tieferen Gewichtsschwerpunkt, wodurch man diesen weiter von dem Verdrängungsschwerpunkt entfernt, ausgeglichen werden. Was immer der Konstrukteur auch macht, eine Yacht muss im Bereich von 30°–40° Krängung ein angemessenes aufrichtendes Moment haben, damit sie eine anständige Segelfläche tragen kann.
Die ungarische Yacht K&H BANQUE MATAV ist im Südpolarmeer auf 66° gekrängt, während sie an der Einhand-Regatta Vendee Globe teilnimmt. Bei so einem Winkel ist eine Yacht nicht in der Lage, sich schnell selbst aufzurichten.
Einige Yachten sind steif. Das bedeutet, dass das aufrichtende Moment bei Krängungen sehr schnell anwächst. Bei ranken Booten steigt das aufrichtende Moment nicht so schnell an. Bei ihnen sitzt die Crew auch häufig auf der hohen Kante oder hängt im Trapez, um das aufrichtende Moment zu vergrößern. Durch ihre Gewichtsverlagerung verlagern sie zusätzlich den Gewichtsschwerpunkt weiter nach außen.
Wenn das aufrichtende Moment sein Maximum erreicht, liegt der Verdrängungsschwerpunkt gleichzeitig an seinem äußersten, leewärtigen Punkt. Von da an nimmt mit zunehmendem Krängungswinkel der vertikale Abstand (der aufrichtende Hebelarm) zwischen dem Verdrängungs- und dem Gewichtsschwerpunkt kontinuierlich ab – und damit das aufrichtende Moment! Bei 90° ist es schon so klein, dass ein flatternder Spinnaker ohne Schwierigkeit den Mast einer quergeschlagenen Yacht auf dem Wasser festhalten kann. Bei ein paar Graden weiter liegen der Gewichts- und der Verdrängungsschwerpunkt in einer Linie. Aber leider in der falschen Reihenfolge! Hier liegt auch der Winkel, bei dem die Stabilität verloren geht. Man bezeichnet diese Stelle als Nullpunkt der Stabilität oder Kenterwinkel. An diesem Punkt befindet sich die Yacht in einem instabilen Gleichgewicht – wie ein Bleistift, der zu jeder beliebigen Seite fallen kann. Für die Yacht heißt das, entweder zurück zur stabilen Lage oder weiter bis zur totalen Überkopflage. Bei der 180°-Drehung sind die beiden Schwerpunkte in einer Linie, aber in einer ganz anderen Stabilitätslage zueinander; es sei denn, die Yacht ist total selbstaufrichtend. Bevor die hydrostatischen Kräfte wirken und die Yacht wieder aufrichten, müssen Kräfte von außen die Yacht bis zum Stabilitätsnullpunkt zurückdrehen. Den Bereich zwischen dem Kenterwinkel und der totalen Überkopflage (180°) bezeichnet man als den Bereich der inversen Stabilität.
Um das Stabilitätsmoment einer Yacht zu berechnen, muss man mit einem Computer anhand der Rumpflinien die Lage СКАЧАТЬ