Название: Die beliebtesten Geschichten, Sagen & Märchen zur Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe)
Автор: Walter Benjamin
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9788027223077
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»Er folgte dem Affen.«
Da ich das für einen Slangausdruck hielt, sagte ich:
»O Sir, erklären Sie einer liebenden Großmutter, was für ein Affe!«
Darauf er:
»Der in der Kappe mit den Flittern und dem Riemen unter dem Kinn, die niemals oben bleiben will – der, der auf einem runden Tisch die Straßenecken fegt und nicht öfter seinen Säbel ziehen will, als nötig ist.«
Da begriff ich die ganze Sache und dankte ihm von ganzem Herzen. Ich fuhr dann mit ihm und dem Major nach Kennington, und dort fanden wir unsern Jungen, wie er ganz behaglich vor einem lustigen Feuer lag. Er hatte sich auf einer kleinen Ziehharmonika von der Größe eines Bügeleisens, die einem jungen Mädchen abgenommen worden war und die man ihm zu diesem Zweck überlassen hatte, süß in den Schlaf gespielt.
Meine Liebe, das System, nach dem der Major Jemmy zu unterrichten begann und ihn, wie ich wohl sagen kann, zur Vollkommenheit führte, sollte vor dem Thron und im Ober- und Unterhaus bekanntgemacht werden. Dann würde der Major wohl die Beförderung erhalten, die er vollauf verdient und die er (unter uns gesagt) auch in finanzieller Beziehung sehr gut gebrauchen könnte. Jemmy war damals noch so klein, daß man, wenn er auf der anderen Seite des Tisches stand, unter den Tisch, statt über ihn blicken mußte, um das Lockenköpfchen mit dem schönen blonden Haar, das er von seiner Mutter hatte, zu Gesicht zu bekommen. Als der Major anfing, ihn zu unterrichten, sagt er zu mir:
»Ich beabsichtige, Madam«, sagte er, »aus unserem Kinde einen rechnenden Jungen zu machen.«
»Major«, sage ich, »Sie erschrecken mich. Sie können dem Liebling einen dauernden Schaden zufügen, den Sie sich niemals vergeben würden.«
»Madam«, meint der Major, »nach meiner Reue darüber, daß ich damals den Schurken nicht mit meinem Stiefelschwämmchen auf der Stelle erstickt habe ...«
»Still! Um Gottes willen!« unterbreche ich ihn. »Möge ihn sein Gewissen ohne Schwämmchen ausfindig machen.«
»... ich sage, nach meiner Reue darüber, Madam«, fährt er fort, »würde die Reue kommen, die meine Brust«, auf die er sich schlägt, »bedrängen würde, wenn dieser glänzende Verstand nicht frühzeitig entwickelt würde. Aber verstehen Sie wohl, Madam«, sagt der Major, »entwickelt nach einem Prinzip, das das Lernen zur Lust machen wird.«
»Major«, sage ich, »ich will aufrichtig gegen Sie sein und sage Ihnen geradeheraus, wenn ich je finde, daß das liebe Kind nicht mehr so gut ißt, dann werde ich wissen, es sind seine Rechenaufgaben, und in diesem Falle mache ich ihnen in zwei Minuten ein Ende. Oder wenn ich finde, daß sie ihm zu Kopf steigen«, sage ich, »oder sich ihm kalt auf den Magen legen oder zu etwas wie Schwäche in seinen Beinen Anlaß geben, dann wird das Resultat dasselbe sein. Aber, Major, Sie sind ein kluger Mann und haben viel gesehen, und Sie lieben das Kind und sind sein Pate, und wenn Sie es für richtig halten, den Versuch zu machen, so tun Sie es.«
»Gesprochen, Madam«, sagt der Major, »wie Emma Lirriper. Ich bitte Sie nur darum, Madam, daß Sie meinem Patenkind und mir eine Woche oder zwei für die Vorbereitung Zeit lassen wollen, um Sie zu überraschen, und daß Sie mir gestatten wollen, mir gelegentlich einige kleine, gerade nicht benutzte Gegenstände aus der Küche heraufbringen zu lassen, die ich brauche.«
»Aus der Küche, Major?« frage ich mit einer unklaren Vorstellung, als beabsichtige er, das Kind zu kochen.
»Aus der Küche«, erwiderte der Major und lächelt und scheint gleichzeitig größer zu werden.
So willigte ich denn ein, und der Major und der liebe Junge schlossen sich eine Zeitlang auf jeweils eine halbe Stunde ein. Niemals konnte ich wahrnehmen, daß etwas anderes zwischen ihnen vorging, als daß geschwatzt und gelacht wurde und daß Jemmy in die Hände klatschte und Zahlen schrie. Infolgedessen sagte ich zu mir selbst: »Es hat ihm noch nicht geschadet.« Auch konnte ich, wenn ich mir den lieben Jungen daraufhin ansah, nirgends an ihm etwaige Zeichen entdecken, daß es ihm nicht zusagte, was gleichfalls eine große Erleichterung für mich war. Schließlich bringt mir eines Tages Jemmy eine scherzhafte Einladungskarte, auf der in des Majors sauberer Handschrift geschrieben steht:
»Die Herren Jemmy Jackman«, denn wir hatten ihm noch den anderen Namen des Majors beigelegt, »geben sich die Ehre, um Mrs. Lirripers Anwesenheit in dem Jackman-Institut im ersten Stock heute abend um fünf Uhr (mit militärischer Pünktlichkeit) zu bitten, um einigen kleinen Vorführungen in elementarer Arithmetik beizuwohnen.«
Und wenn Sie mir glauben wollen, auf die Minute pünktlich um fünf Uhr stand der Major im Wohnzimmer des ersten Stocks hinter dem zu beiden Seiten aufgezogenen Klapptisch, auf dem eine Menge Küchengegenstände auf altem Zeitungspapier fein säuberlich aufgestellt waren, und da stand auch der Knirps auf einem Stuhl, seine rosigen Bäckchen flammten, und seine Augen blitzten wie Diamanten.
»Nun, Großmutti«, sagt er, »setz dich hin und rühre niemanden an.« Denn er hatte mit seinen beiden Diamanten gesehen, daß ich beabsichtigte, ihn an mich zu drücken.
»Sehr wohl, Sir«, sage ich. »In dieser guten Gesellschaft tue ich natürlich, was man von mir verlangt.«
Und damit setze ich mich in den Lehnstuhl, der für mich bereitgestellt war, und schüttle mich vor Lachen. Aber stellen Sie sich mein Erstaunen vor, als der Major mit so raschen Bewegungen, als wäre er ein Zauberkünstler, alle Gegenstände, die er nennt, auf dem Tisch zusammenstellt und dabei sagt:
»Drei Untertassen, ein Kräuseleisen, eine Handglocke, eine Röstgabel, ein Reibeisen, vier Topfdeckel, eine Gewürzbüchse, zwei Eierbecher und ein Hackbrett – das macht zusammen?«
Worauf der Knirps augenblicklich ausruft: »Fünfzehn.« Dann klatscht er in die Hände, zieht seine Beine hoch und tanzt auf seinem Stuhl.
Meine Liebe, mit derselben verblüffenden Leichtigkeit und Richtigkeit rechneten er und der Major die Tische, die Stühle und das Sofa, die Bilder an der Wand, das Kamingitter und die Schüreisen, ihre beiden Personen, mich, die Katze und die Augen in Miß Wozenhams Kopf zusammen, und sooft das Resultat herauskommt, klatscht mein rosig-diamantner Junge in die Hände, zieht seine Beine hoch und tanzt auf seinem Stuhl herum.
Den Stolz des Majors hätten Sie sehen müssen!
» Das ist ein Verstand, Ma'am!« sagt er hinter der vorgehaltenen Hand zu mir.
Dann sagt er laut:
»Wir kommen nun zu der zweiten Elementarregel, die genannt wird ...«
»Subtraktion!« ruft Jemmy.
»Richtig«, sagt der Major. »Wir haben hier eine Röstgabel, eine ungeschälte Kartoffel, zwei Topfdeckel, einen Eierbecher, einen hölzernen Löffel und zwei Bratspieße, von denen für geschäftliche Zwecke abgezogen werden müssen ein Sprottenbratrost, ein kleines Einmachegefäß, zwei Zitronen, eine Pfefferbüchse, ein Küchenschabenfänger und ein Knopf von dem Speiseschrankkasten – was bleibt?«
»Die Röstgabel!« ruft Jemmy.
»In Zahlen wieviel?« sagt der Major.
»Eins!« ruft Jemmy.
»Das ist ein Junge, СКАЧАТЬ