Der Gott, der uns nicht passt. Tobias Wolff
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Gott, der uns nicht passt - Tobias Wolff страница 6

СКАЧАТЬ erlaubt … im Gebet

      Es scheint eine Eigenschaft des modernen Menschen zu sein, sein Gottesbild, wenn er denn an Gott glaubt, entsprechend eigener Wünsche und Vorstellungen zu modifizieren. Texte, die nicht in dieses Bild passen, werden uminterpretiert bzw. der darin beschriebene Gott kritisiert.

      Dass der Mensch das Recht habe, Gott zu hinterfragen, unterstützt die Bibel offenbar nicht:

      • Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR. Denn wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken. (Jes 55,8f)

      • Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unaufspürbar seine Wege … (Röm 11,33)

      • Du wirst nun zu mir sagen: Warum tadelt er noch? Denn wer hat seinem Willen widerstanden? Ja freilich, o Mensch, wer bist du, der du das Wort nimmst gegen Gott? Wird etwa das Geformte zu dem Former sagen: Warum hast du mich so gemacht? (Röm 9,19f)

      Hiob bekam keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn seines Leidens. Aber Gott gibt ihm seine souveräne Macht zu verstehen, die alles schuf und alles in Ordnung hält (38–41), auch wenn der Mensch das nicht erkenne. Gott rechtfertigt sich hier auch nicht, sondern weist Hiob sogar noch zurecht (38,1.2: „Da antwortete der HERR dem Hiob aus dem Sturm und sprach: Wer ist es, der den Ratschluß verdunkelt mit Worten ohne Erkenntnis?“ 40,8: „Willst du etwa mein Recht zerbrechen, mich für schuldig erklären, damit du gerecht dastehst?“)

      Hiob sprach zu Gott, hielt an ihm fest, selbst in Verzweiflung über Gottes Handeln. Seine Freunde redeten über Gott. Ihre Theologie war ein reines Vergeltungsdogma: Sie reduzierten Gottes Wesen auf den Tun-Ergehen-Zusammenhang. Hiob gibt Gott in seiner Bußrede 42,1–6 vollkommen Recht und hört auf, sich selbst und sein Leiden als Mittelpunkt der Welt zu sehen. Er hatte sich zum Maßstab der Beurteilung von Gott und Welt gemacht:

      Ich habe erkannt, daß du alles vermagst und kein Plan für dich unausführbar ist … So habe ich denn mich geäußert und verstand nichts, Dinge, die zu wunderbar für mich sind und die ich nicht kannte … Vom Hörensagen hatte ich von dir gehört, jetzt aber hat mein Auge dich gesehen. Darum verwerfe ich mein Geschwätz und bereue in Staub und Asche. (42,2–3.5–6)

      Warum hast du mich verlassen? (Ps 22,2)

      Jahwe, Gott der Heerscharen! Bis wann zürnst du trotz des Gebets deines Volkes? Du hast sie mit Tränenbrot gespeist, sie in reichem Maß getränkt mit Tränen. Du setztest uns zum Streit unseren Nachbarn, und unsere Feinde spotten über uns. (Ps 80,5–7)

      Du hast zu reine Augen, um Böses mitansehen zu können, und Verderben vermagst du nicht anzuschauen. Warum schaust du den Räubern zu, schweigst, wenn der Gottlose den verschlingt, der gerechter ist als er? (Hab 1,13)

      5 Gnade und Gericht