Название: Starmord am Wörthersee
Автор: Roland Zingerle
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Wörthersee Krimi
isbn: 9783966615877
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Sie sah sich um, und als ihr Blick auf einen Mann traf, in dem sie einen Bekannten zu erkennen glaubte, setzte ihr Herz einen Schlag aus. Nein, das konnte unmöglich Heinz Sablatnig sein, dazu war er zu ungepflegt. Außerdem schleppte sich Heinz nicht so gebückt dahin; aber die Ähnlichkeit war schon frappierend. Aber als der Mann sich ihr zuwandte und sie sein Gesicht sehen konnte, hatte sie Sicherheit.
„Heinz“, rief sie und lief auf ihn zu, „Heinz!“
Der Gerufene hielt inne, sah sich suchend um, und als er Verena erkannte, blieb er regungslos stehen. Das irritierte sie, warum machte er keine Anstalten, ihr entgegenzugehen, sich von ihr abzuwenden, sich peinlich berührt umzusehen oder was auch immer? Er reagierte einfach nicht, war wie eine Aufziehpuppe mit abgelaufener Feder. Folgerichtig fühlte es sich albern an, als sie ihn nun umarmte, weshalb sie sich auch gleich wieder von ihm löste.
Sie sah ihn an und erschrak. Heinz wirkte wie um Jahre gealtert, sein Gesicht war fahl und eingefallen und grobe Bartstoppel drangen aus einer faltig gewordenen Haut. Am meisten entsetzt war sie jedoch vom leblosen Ausdruck seiner Augen, die mit tiefen Ringen unterfurcht waren. Er sah sie an, als würde er sie überhaupt nicht wahrnehmen.
„Um Gottes willen, Heinz, was ist mit dir passiert?“, wisperte sie.
„Servus, Verena.“
Sie wich von ihm weg und fragte ungläubig: „Servus, Verena? Ist das alles?“
„Es ist schon eine Weile her.“
„Allerdings. Fast ein Jahr.“
„Nicht ganz.“
„Ich weiß, du hast mich einmal kurz im Geschäft besucht, nachdem du von deinem Urlaub zurückgekommen bist. Wo warst du, in Kuba?“
„Kolumbien.“
„Kolumbien, genau. Erholt schaust du aber nicht gerade aus.“
„Ist ja auch schon eine Weile her.“
Verena spürte, wie sich ein Knödel in ihrem Hals bildete. Das Gespräch belastete sie, sie versuchte es mit einem Themenwechsel: „Was treibt dich hierher? Ein neuer Fall?“
Heinz nickte. „Ich kann aber noch nicht darüber reden.“
„Stell dir vor, ich bin auch zum Arbeiten hier“, platzte sie heraus. „Die Chefgarderobiere der Starnacht, die sich um die Ausstattung der Moderatoren und der Tänzer kümmert, hat kurzfristig eine Gehilfin gebraucht, weil ihr eine Arbeitskraft überraschend ausgefallen ist. Da bin ich eingesprungen.“
„Ich habe gedacht, die Bühnenbekleidung wäre Sponsorensache.“
„Ist sie auch, aber die Sponsoren stellen ein ganzes Sortiment zur Verfügung, aus dem die Garderobiere die passenden Stücke auswählt. Außerdem kann immer eine Naht aufgehen oder ein Hosenboden reißen, weil ein Moderator aus Eitelkeit vergisst, dass er letztens ein paar Kilo zugelegt hat.“ In Verenas Ohren hörte sich ihr eigenes Lachen wie das eines kleinen Mädchens an. „Da braucht es dann eine Änderungsschneiderin – und das bin für die heurige Starnacht ich.“
„Gratuliere.“ Das Lächeln kostete Heinz sichtlich Kraft, doch es schien ehrlich zu sein.
„Zu verdanken habe ich das meiner Mutter“, plapperte Verena weiter. „Die ist bei irgendeiner Gala mit der Chefgarderobiere zum Reden gekommen, und als sie von ihrer Arbeit bei der Starnacht am Wörthersee gehört hat, hat sie gleich mich ins Rennen gebracht. Daran hat sich die Dame wohl erinnert, als sich ihre Gehilfin das Bein gebrochen hat.“
Heinz lächelte noch immer. „Eine große Chance für dich“, sagte er.
„Ja. Ja, das ist es allerdings.“
„Verena, ich muss ... du musst ...“
„Schon klar.“ Gar nichts war klar – aber was sollte sie tun? Sie fand keinen Zugang zu ihm.
„Vielleicht können wir zwei ... wenn das hier vorbei ist ... uns einmal wieder ...“
Sie horchte auf. „Treffen? Du willst dich mit mir treffen?“
„Nur, wenn es für dich okay ist. Ich will nicht, dass du glaubst, ich brauche einen seelischen Mistkübel.“
Verena war irritiert, wovon zum Teufel redete er da? „Was, wieso? Nein!“
Er schien sich etwas zu entspannen. „Gut, in Ordnung. Dann wünsche ich dir viel Erfolg bei deiner Arbeit für die Starnacht.“
Er wollte ihr die Hand reichen, doch sie ignorierte das, umarmte ihn, küsste ihn auf beide Wangen und meinte: „Ich freue mich auf unser Treffen, ehrlich!“
Er quittierte ihre Worte mit einem weiteren angestrengten Lächeln, dann wandte er sich ab und ging in einer Art davon, als fiele ihm jeder Schritt schwer.
Verena sah ihm noch lange nach. Heinz war für sie ein enger Vertrauter gewesen, jemand, der einem Lebensgefährten am nächsten kam. Dann, etwa ein Jahr war das jetzt her, hatte sie ihn bitter enttäuscht, und danach war der Kontakt fast abgebrochen. Als er sie nach seinem Urlaub in ihrer Boutique in der Klagenfurter Innenstadt besucht hatte, war er auch schon so seltsam gewesen wie gerade eben, doch das hatte sie auf ihr gespanntes Verhältnis zurückgeführt. Seinen schon damals desolaten körperlichen Zustand hatte sie einer Magen-Darm-Erkrankung zugeschrieben, die man sich in tropischen Ländern fast zwangsläufig zuzog. Doch dass er jetzt, rund ein halbes Jahr später, noch immer so schlecht beieinander war, erfüllte sie mit Sorge und Angst. Immerhin, er wollte sich mit ihr treffen, vielleicht brauchte er jemanden, dem er vertraute.
Aber – vertraute er ihr?
Kapitel 3
Donnerstag, 13 Uhr
Ortrud Anderwald, die Geschäftsführerin des Seepark Hotels, war eine elegante, resolute Frau Mitte vierzig. Sie hatte Heinz in der Hotellobby mit einem energischen Händedruck begrüßt und ging mit ihm in ihr Büro, wo sie ihn nach seinem Getränkewunsch fragte und mit einem knappen Telefonat einen Kaffee orderte.
Dann begann Sie, die Hintergrundgeschichte zu erzählen, auf die Heinz sie beim morgendlichen Telefonat angesprochen hatte: „Frau Frenzen und ihr Team waren letztes Jahr im Mai für ein paar Tage Gäste in unserem Haus, und anscheinend ist es da zu einigen Differenzen mit unserem Personal gekommen. Frau Frenzen scheint in gewissen Punkten etwas speziell zu sein. Mir wurde das durch eine unserer Rezeptionistinnen zugetragen, Frau Pachoinig, eine Vorzeigekraft übrigens. Nun, ich bin der Sache nachgegangen, und nachdem Frau Frenzen, ich wiederhole mich, sehr speziell war, habe ich mich beim restlichen Personal umgehört und noch weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefunden, deren Arbeit Frau Frenzen ebenfalls beanstandet hat. Selbstverständlich ist mir daran gelegen, dass sich unsere Gäste in unserem Haus wohlfühlen, deshalb habe ich das Gespräch mit ihr gesucht und sie gefragt, wo wir ihrer Meinung nach unseren СКАЧАТЬ