Название: Alexander von Ungern-Sternberg: Historische Romane, Seesagen, Märchen & Biografien
Автор: Alexander von Ungern-Sternberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9788027237890
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Nach diesem Auftritt war die Stellung der Herzogin entschieden. Man wußte, daß sie ihr Glück beim König gemacht, das war genug. Der Herzog war von jetzt an der feinste Hofmann gegen sie. Charlotte mußte sich fragen: »Wodurch ist dies entstanden? Was ist geschehen, daß plötzlich die Dinge um mich her sich verändert haben?« – Man hätte ihr erwidern können: »Das ist die Luft des Hofes!«
29.
Die Familie Gervais
Georg hatte noch nicht Zeit gefunden, sich Paris zu besehen. Sein Dienst bei seiner Cousine verhinderte sein Ausgehen; jetzt hatte er einen halben Tag frei, und er beschloß, ihn dazu anzuwenden, Erkundigungen einzuziehen, ob noch irgendetwas von dem Etablissement des guten alten Jacques vorhanden war, oder ob alles, was ihn damals umgab, rettungslos in dem ewigen Umgestalten und Verschönern der Stadt verschwunden war. Er nahm sich vor, bei seinen Nachforschungen vorsichtig zu Werke zu gehen, denn er bedachte, daß er sowohl als seine ganze Umgebung sich völlig umgeformt hatten, und daß ein Erkennengeben von seiner Seite mit unangenehmen Folgen verbunden sein konnte.
Auf den Treppenstufen des Palais Royal, woselbst die Wohnung des Herzogs sich befand, entdeckte er einen träumerischen jungen Mann, der ihn anfangs fremd anblickte, dann lebhaft aufsprang und ihn auf das freundlichste begrüßte. Georg erkannte einen der Favoriten des Herzogs. »Ei, sieh da, Lafiat!« rief er, »was tun Sie hier? Ist Ihnen etwas Schlimmes begegnet?« –
»Durchaus nicht!« rief der junge Mann lebhaft, »und jetzt, da ich Sie sehe, halte ich den Tag für einen glücklichen. Wo wollen Sie hin? Darf ich Sie nicht begleiten?«
Georg war der Vorschlag nicht ganz angenehm. »Bedarf Ihrer der Herzog nicht?« fragte er, um anzuzeigen, daß die Begleitung ihm nicht gefiele.
»Nein!« rief der junge Mann mit einem trüben Blicke. »Lorraine ist bei ihm, und wenn der bei ihm ist, so hat er uns andere nicht nötig.«
Georg schwieg, und sie gingen beide die Treppe hinab.
»Welch einen schönen Degen Sie haben, mein Herr Graf,« hub sein Begleiter nach einer Weile an, indem er seine Hand an den Griff der Waffe legte, »es ist mir doch, als hätte ich ihn bereits gesehen. Hat nicht der Chevalier einen ähnlichen?«
»Es war früher der seine,« entgegnete Georg. »Wir haben die Waffen getauscht.«
»Ach, nun begreife ich!« rief der junge Mann, »und Sie haben ihm die schöne Waffe gegeben, mit der er jetzt herumgeht.«
»Die schöne?« bemerkte Georg lächelnd. »Sagen Sie das im Spott?«
»Sicherlich nicht. Es ist ein prachtvoller Smaragd am Knopfe oben. Dieser Stein allein ist über fünftausend Livres wert.«
»So hat er meinen Degen beiseitegestellt!« rief Georg. »Das sieht ihm ähnlich. Was sollte ein Zierbengel mit einem einfachen Eisen? Ich werde etwas Ähnliches mit dem seinen tun. Zudem liebe ich diese kostbaren Spielereien nicht.«
»Der Teufel soll meine Zunge holen!« rief Lafiat. »Es sieht bei meiner Treu so aus, als hätte ich da einen dummen Streich gespielt. Ich habe nicht gewußt, daß Sie die Waffe getauscht haben. Wie kann ich aber auch so einfältig sein! Ich muß Sie um Verzeihung bitten wegen meines Geschwätzes, Herr Graf.«
»Lieber Lafiat, wozu die Umstände!« rief Georg. »Was ich durch Sie erfahren habe, hätte ich auch ohnedies erfahren. Wir wollen von der Sache nicht weiter sprechen.«
»O; ich bitte sehr!« sagte der Jüngling schmeichelnd. »Es liegt mir alles daran, Ihre Freundschaft zu gewinnen, teurer Graf, und ich werde mir alle Mühe geben, Ihnen gefällig zu sein.«
»Sehr verbunden. Sie kennen den Chevalier?«
»Lorraine? O, sicherlich!« war die Antwort. »So weit man einen so buntscheckigen Burschen kennen kann. Es ist wahr, er ist ein sehr schöner Junge, aber weiter ist auch nichts an ihm, und Seine königliche Hoheit haben sich da ein hübsches Präsent gemacht.«
»Inwiefern?«
»Wir wollen die Sachen ruhen lassen,« bemerkte Lafiat. »Da ich mit zu der Brüderschaft gehöre, so will es sich nicht schicken, wenn ich meine Zunge daransetzte, sie hübsch vor anderer Leute Augen herauszuputzen. Aber Lorraine ist, so jung er ist, der verderbteste unter uns. Er weiß alles, was in des Teufels Küche gebraut wird, und wo er es irgend machen kann, ist er auch der erste, der davon kostet. Kennen Sie die Gesellschaft der Müllerknechte?«
»Nein.«
»Da hinein sollen Sie, da lernen Sie Paris kennen, und besonders den Hof,« sagte Lafiat mit einem Tone der Würde, die seltsam zu seinem runden, frischen Gesicht stand. »Da gibt es Geschichten! Wenn wieder Vereinigungstag ist, werde ich es Ihnen kundtun. Da müssen Sie aber für eine gespickte Börse sorgen, denn in der Mühle wird hoch gespielt.«
Während dieses Gespräches waren die zwei rüstig vorwärts geschritten, und kamen jetzt in eine Gegend, wo mehrere kleine Wege sich kreuzten. Georg blieb stehen und sah sich um. Er machte Miene, den ersten besten anzusprechen. Lafiat bemerkte dies und sagte gefällig: »Was wollen Sie wissen? Fragen Sie mich, ich kenne so ziemlich diese Gegend.«
»Ich möchte wissen, wo die Straße Recolliet sich befindet,« fragte Georg.
»Diese Straße ist weiter rechts, aber es ist eine Winkelgasse, und niemand wohnt dort von unserer Bekanntschaft,« entgegnete Lafiat.
»Tut nichts, liebster Lafiat, vielleicht wohnt doch der Mann dort, den ich suche.«
»Ah, das ist möglich! Hier ist die Gasse.«
Gleich am Anfang der Straße lag das Gasthaus zu den СКАЧАТЬ