Alexander von Ungern-Sternberg: Historische Romane, Seesagen, Märchen & Biografien. Alexander von Ungern-Sternberg
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Читать онлайн книгу Alexander von Ungern-Sternberg: Historische Romane, Seesagen, Märchen & Biografien - Alexander von Ungern-Sternberg страница 72

СКАЧАТЬ Die beiden Jünglinge sahen sich finster und schweigend an. Der Herzog trat einen Schritt zurück und lächelte höhnisch, indem er die Blicke der beiden beobachtete; dann sagte er: »Mein Freund Lulu! Hier ist ein neuer Ritter! Zeige ihm, daß du dasselbe Zeichen trägst, dann umarmt euch als Freunde!« –

      »Gnädiger Herr, Sie werden entschuldigen!« rief Georg und wollte eine Verbeugung machen und das Zimmer verlassen. »Der Befehl meiner Gebieterin ruft mich von dannen.«

      »Sie wird einen Augenblick warten!« rief der Herzog.

      Die Jünglinge blieben in derselben Stellung, den Rücken einander zugewendet. Der Herzog schritt auf sie zu, wendete sie um und führte sie lachend zusammen. »Wollt ihr euch wohl einer den andern ansehen, ihr kleinen Bestien! Muß man sich so viel Mühe geben um euch! Geschwind, ich habe nicht viel Zeit, umarmt euch! Wird's bald?«

      »Herr Graf!« rief Lorraine.

      »Herr Chevalier!« brachte nach einer Weile der gutmütige und leicht beschwichtigte Georg hervor. »Wenn ich wüßte, daß Sie jene Äußerungen, um die es sich hier handelt, und die ich als Diener meiner Prinzessin notwendig rächen müßte, nicht getan hätten –«

      »Meine Gesinnung gegen Madame«, bemerkte Lorraine mit Blicken auf den Herzog, »ist vollkommen einer Dame von so hohem Stande und so seltenem Verdienste angemessen gewesen; dies behaupte ich und besiegle es jetzt mit meinem Ehrenwort.«

      »Alsdann bin ich falsch berichtet worden!« nahm Georg das Wort, »und ich eile in Gegenwart Seiner Hoheit mein Unrecht wieder gutzumachen, indem ich Ihnen, Herr Chevalier, die Hand reiche.«

      Er gab redlich und offen die Rechte hin. Der Chevalier schlug nicht ein, aber er legte beide Arme um Georgs Nacken und sah über dessen Schultern hinüber. Dies galt für eine Umarmung. Der Friede war geschlossen; von Georgs Seite mit guter und treuherziger Miene, von Lorraines Seite aber mit der ihm eigentümlichen Schlauheit und Verstocktheit.

      »Es ist gut!« rief der Herzog, »und nun tauscht eure Degen gegeneinander aus. So will es die Ordenspflicht.«

      »Ich muß bedauern,« rief Georg, »mein Degen ist sehr einfach, der Chevalier hat, wie ich sehe, einen sehr kostbaren!«

      »Er wird erst kostbar«, entgegnete der neue Freund mit einer graziösen Verbeugung, »wenn er sich an Ihrer Seite befindet. Erlauben Sie, verehrter Graf, daß ich Ihnen selbst die Waffe umschnalle.« Er tat es, und Georg befestigte dagegen seine Waffe um die Hüften des Chevaliers. Der Herzog stand dabei und lächelte äußerst zufrieden. »So ist's recht, Herr Graf!« rief er, »das macht mir Freude. Ja, wahrhaftig, so ist's! Nichts Schöneres gibt es als die Freundschaft.« Er ging, und die Freunde folgten ihm Arm in Arm. –

      28.

       Hofluft

       Inhaltsverzeichnis

      Beim Herzog war große Damengesellschaft. Die Zimmer waren geöffnet; in dem mittelsten derselben, das von Spiegeln, schönen Stoffen und vergoldeten Figuren prangte, saß der Herzog und war bemüht, der Frau Marschallin von Grançay aus einem Buche vorzulesen. Es ging nicht besonders; der Herzog machte öfters Fehler, die von den Damen unter Lachen verbessert wurden. Er trug einen gelben Seidenrock mit einer Stickerei von Braun und Gold, sein Haar war frisiert nach der Weise der hohen Damenscheitel. Rot und Weiß war dem Gesicht stark aufgelegt, in welchem seine kleinen Augen vor Vergnügen blitzten, sich in so guter und angenehmer Gesellschaft zu sehen. Sein Beinkleid war von dunkelm Rot, die Strümpfe wiederum gelb, mit Strumpfbändern von Diamanten zusammengehalten, auf den Schuhen, die hohe Büschel von farbigen Bändern trugen, prangten ebensolche Schnallen. Während er las, beschäftigten sich die Damen mit Arbeiten. Ein Teil der jungen Schönen saß an dem Fenster, sie blickten verstohlen in den Gang hinüber, der mit Glastüren verschlossen war, und in welchem ein paar hübsche Gardesoldaten wachehaltend auf und ab schritten. Die älteren Frauen hatten sich dicht um den Herzog gesetzt und begleiteten jede Miene, jede Bewegung desselben mit Ausrufungen schmeichelhaften Lobes. Die Marschallin lag auf einem Ruhebett und hatte den Blick ihrer schönen Augen abwechselnd auf ihre Umgebung und auf den Vorleser gerichtet. Sie verbarg ein Gähnen hinter den goldenen Stäben ihres Fächers.

      Der Roman, der vorgelesen wurde, war › la reine de Navarra‹, den Fräulein von Laforce geschrieben und der Prinzessin Conti gewidmet hatte.

      »Es ist genug!« rief die Marschallin, als eben wieder eine schwierige Stelle überwunden worden war, wo zwei fremde Namen, die beide von dem Vorleser falsch ausgesprochen wurden, vorkamen.

      »Es kommt jetzt zur Liebesszene!« bemerkte der Herzog.

      »Wir haben schon zwei solcher Szenen erlebt!« rief die Marschallin. »Legen Eure Hoheit das Buch hin und helfen Sie mir etwas Goldfäden zupfen.«

      »Mit Vergnügen. Übrigens wieder auf den Roman zu kommen, so ist nichts leichter, als eine mittelmäßige Geschichte mit fremden Namen auszuputzen. Man kann davon sehr viele und sehr sonderbare erfinden, die sämtlich für den Vorleser schwierige Aufgaben bilden.«

      »Indessen waren jene zwei Namen in Languedoc sehr gebräuchlich!« bemerkte die Marquise. »Haben Eure Hoheit nicht die Laforce gekannt?«

      »Ich habe sie gekannt, und man sagt sogar, daß sie mich in ihr Herz geschlossen hat,« erwiderte der Herzog. »Allein man sagt dies von so vielen Damen meiner Bekanntschaft, daß ich auf diesen einzelnen Umstand kein Gewicht legen will.« Einige ältere Frauen sahen sich bei dieser Bemerkung lächelnd und fragend an. Der Herzog fuhr fort. »Mademoiselle Laforce begnügt sich nicht allein, Romane zu schreiben, sie spielt auch welche, und man hat mir versichert, daß ihr Leben den eigentümlichsten Roman, den man finden kann, gebildet habe.«

      »Ei, erzählen Sie!« rief die Marschallin.

      »Zuvörderst sehen wir sie als ein armes Fräulein im Vorzimmer der Herzogin von Guise ihren Platz einnehmen. Dort lernt sie den Marquis von Nesle kennen, den Vater des jetzigen, und bringt es zuwege, daß dieser elegante und gesuchte Kavalier sich in sie so sterblich verliebt, daß er auf seine Verwandten nicht hört, sondern sie heiraten will. Sie müssen wissen, daß Fräulein von Laforce häßlich war.«

      »Wie geschah denn das alles?« fragte die Herzogin von Nellville.

      »Hören Sie! Der große Condé, mit dem der Marquis nahe verwandt war, führte ihn, um ihn zu heilen, mit sich nach Chantilly. Dort waren alle Verwandten versammelt, die nochmals erklärten, sie würden die Heirat nicht zugeben. Der Marquis erklärte, nie eine andere Frau nehmen zu wollen. In Verzweiflung lief er in den Garten und würde sich ohne Zweifel das Leben genommen haben, wenn er nicht zufällig an der Schnur gerissen, an der ein Amulett hing, das ihm Fräulein von Laforce gegen Alpdrücken umgehängt hatte. Das Band reißt, das Amulett fällt zur Erde, und von dem Augenblick ist er von aller Liebesqual befreit. Er kehrt zur Gesellschaft zurück und erklärt ihr das. Man besichtigt das Amulett und findet –«

      »Nun, was findet man?« fragten mehrere Damen neugierig.

      »Zwei Krötenpfoten,« erzählte der Herzog weiter, »die hielten ein Herz, von einem Fledermausflügel umwickelt, und um das Ganze war ein Stück Papier gehüllt, beschrieben mit Charakteren.«

      »Ei, wie sonderbar! Doch dabei nicht ohne Beispiele!« rief die Herzogin von Allion. »Ich kannte einen Herrn in Lille, der konnte einem Liebe eingeben mit Krebssteinen. Diese Liebe dauerte gerade vierundzwanzig Stunden.«

      »Vierundzwanzig СКАЧАТЬ