Schloss Gripsholm. Kurt Tucholsky
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Название: Schloss Gripsholm

Автор: Kurt Tucholsky

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Klassiker bei Null Papier

isbn: 9783954188116

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СКАЧАТЬ ohne Stimm­recht – aber eben nicht mit den Bei­nen, son­dern durch ihre Ver­nunft. Und sie sei­en lie­bens­wür­di­ge Ma­the­ma­tik und hät­ten ein ver­nünf­ti­ges Herz, das manch­mal mit ih­nen durch­gin­ge, doch pfif­fen sie es im­mer wie­der zu­rück. Ich ver­stän­de sie nicht ganz.

      »Es schei­nen Frau­en zu sein«, sag­te Ly­dia.

      Die Fäh­re schau­kel­te nicht gra­de – sie deu­te­te das nur an. Auch ich deu­te­te et­was an, und die Prin­zes­sin be­fahl mich in den Spei­se­raum. Da sa­ßen sie und aßen, und mir wur­de gar nicht gut, als ich das sah – denn sie es­sen viel Fet­tes in Dä­ne­mark, und die­ses war eine dä­ni­sche Fäh­re. Die Herr­schaf­ten aßen zur Zeit: Spickaal und He­ring, He­rings­fi­let, ein­ge­mach­ten He­ring, dann et­was, was sie »sild« nann­ten, fer­ner vom Baum ge­fal­le­nen He­ring und He­ring schlecht­hin. Auf fes­tem Land eins im­mer bes­ser als das an­de­re. Und dazu tran­ken sie je­nen herr­li­chen Schnaps, für den die nor­di­schen Völ­ker, wie sie da sind, ins Him­mel­reich kom­men wer­den. Die Prin­zes­sin ge­ruh­te zu spei­sen. Ich sah ehr­fürch­tig zu; sie war ess­fest. »Du nimmst gar nichts?« frag­te sie zwi­schen zwei He­rin­gen. Ich sah die bei­den He­rin­ge an, die bei­den He­rin­ge sa­hen mich an, wir schwie­gen alle drei. Erst als die Fäh­re lan­de­te, leb­te ich wie­der auf. Und die Prin­zes­sin strich mir lei­se übers Knie und sag­te ehr­fürch­tig: »Du bi­scha mei­nen klei­nen Klaus Stör­te­be­cker!« Und ich schäm­te mich sehr.

      Und dann ru­ckel­ten wir durch Laa­land, das dalag, flach wie ein Eier­ku­chen, und wir kram­ten in un­sern Zei­tun­gen, und dann spiel­ten wir das Bü­cher­spiel: je­der las dem an­de­ren ab­wech­selnd einen Satz aus sei­nem Buch vor, und die Sät­ze füg­ten sich gar schön in­ein­an­der. Die Prin­zes­sin blät­ter­te die Sei­ten um, ich sah auf ihre Hän­de … sie hat­te so zu­ver­läs­si­ge Hän­de. Ein­mal stand sie im Gang und sah zum Fens­ter hin­aus, und dann ging sie fort, und ich sah sie nicht mehr. Ich tas­te­te nach ih­rem Täsch­chen, es war noch warm von ih­rer Hand. Ich strei­chel­te die Wär­me. Und dann setz­ten sie uns wie­der über ein Meer­was­ser, und dann roll­ten wir wei­ter, und dann – end­lich! end­lich! – wa­ren wir in Ko­pen­ha­gen.

      »Wenn wir nach hin­ten her­aus woh­nen«, sag­te ich im Ho­tel, »dann riecht es nach Kü­che, und au­ßer­dem muss noch vom vo­ri­gen Mal ein be­sof­fe­ner Spa­nier da sein, der kom­po­niert sich seins auf dem Pia­no, und das macht er zehn Stun­den lang täg­lich. Wenn wir aber nach vorn her­aus woh­nen, dann klin­gelt da alle Vier­tel­stun­de die Rat­hau­suhr und er­in­nert uns an die Ver­gäng­lich­keit der Zeit.«

      »Könn­ten wir nicht in der Mit­te … ich mei­ne …« Wir wohn­ten also nach dem Rat­haus­platz zu, und die Uhr klin­gel­te, und es war al­les sehr schön.

      Ly­dia pick­te auf ih­rem Tel­ler her­um, mir sah sie be­wun­dernd zu. »Du frisst …«, sag­te sie freund­lich. »Ich habe schon Leu­te ge­se­hen, die viel ge­ges­sen ha­ben – und auch Leu­te, die schnell ge­ges­sen ha­ben … aber so viel und so schnell …« – »Der rei­ne Neid –«, mur­mel­te ich und fiel in die Ra­dies­chen ein. Es war kein fei­nes Abendes­sen, aber es war ein nahr­haf­tes Abendes­sen.

      Und als sie sich zum Schla­fen wen­de­te und gra­de die Rat­hau­suhr ge­klin­gelt hat­te, da sprach sie lei­se, wie zu sich selbst: »Jetzt auf See. Und dann so ein rich­tig schau­keln­des Schiff. Und dann eine Tas­se war­mes Ma­schi­nen­öl …« Und da muss­te ich auf­ste­hen und viel Sel­ters­was­ser trin­ken.

      1 Ca­pri­ce: Ei­gen­sinn, Lau­ne, wun­der­li­cher Ein­fall <<<

      Ja, Ko­pen­ha­gen.

      »Soll ich dir das Fischre­stau­rant zei­gen, in dem Lu­den­dorff im­mer zu Mit­tag ge­ges­sen hat, als er noch eine Denk­mals­fi­gur war?« – »Zeig es mir … nein, ge­hen wir lie­ber auf Lan­ge Li­nie!« – Wir sa­hen uns al­les an: den Ti­vo­li­park und das schö­ne Rat­haus und das Thor­wald­sen-Mu­se­um, in dem al­les so aus­sieht, wie wenn es aus Gips wäre. »Ly­dia!« rief ich, »Ly­dia! Bei­nah hätt ich es ver­ges­sen! Wir müs­sen uns das Po­ly­san­dri­on an­sehn!« – »Das … was?« – »Das Po­ly­san­dri­on! Das musst du sehn. Komm mit.« Es war ein lan­ger Spa­zier­gang, denn die­ses klei­ne Mu­se­um lag weit drau­ßen vor der Stadt.

      »Was ist das?« frag­te die Prin­zes­sin.

      »Du wirst ja sehn«, sag­te ich. »Da ha­ben sich zwei Bal­ten ein Haus ge­baut. Und der eine, Po­ly­san­der von Kuckers zu Tie­sen­hau­sen, ein bal­ti­scher Baron, ver­meint, ma­len zu kön­nen. Das kann er aber nicht.« – »Und des­halb gehn wir so weit?« – »Nein, des­halb nicht. Er kann also nicht ma­len, malt aber doch – und zwar malt er im­mer­zu das­sel­be, sei­ne Ju­gendträu­me: Jüng­lin­ge … und vor al­lem Schmet­ter­lin­ge.« – »Ja, darf er denn das?« frag­te die Prin­zes­sin. »Frag ihn … er wird da­sein. Wenn er sich nicht zeigt, dann er­klärt uns sein Freund die gan­ze His­to­rie. Denn er­klärt muss sie wer­den. Es ist wun­der­voll.« – »Ist es denn we­nigs­tens un­an­stän­dig?« – »Führ­te ich dich dann hin, mein schwar­zes Glück?«

      Da stand die klei­ne Vil­la – sie war nicht schön und pass­te auch gar nicht in den Nor­den; man hät­te sie viel eher im Sü­den, in Ober­ita­li­en oder dort­her­um ver­mu­tet … Wir tra­ten ein.

      Die Prin­zes­sin mach­te große Kul­ler­au­gen, und ich sah das Po­ly­san­dri­on zum zwei­ten Mal.

      Hier war ein Traum Wahr­heit ge­wor­den – Gott be­hü­te uns da­vor! Der bra­ve Po­ly­san­der hat­te etwa vier­zig Qua­drat­ki­lo­me­ter teu­rer Lein­wand voll ge­malt, und da stan­den und ruh­ten nun die Jüng­lin­ge, da schweb­ten und tanz­ten sie, und es war im­mer der­sel­be, im­mer der­sel­be. Blass­ro­sa, blau und gelb; vorn wa­ren die Jüng­lin­ge, und hin­ten war die Per­spek­ti­ve.

      »Die Schmet­ter­lin­ge!« rief Ly­dia und fass­te mei­ne Hand.

      »Ich fle­he dich an«, sag­te ich, »nicht so laut! Hin­ter uns kriecht die Auf­wär­te­rin her­um, und die er­zählt nach­her al­les dem Herrn Ma­ler. Wir wol­len ihm doch nicht weh tun.« Wirk­lich: die Schmet­ter­lin­ge. Sie gau­kel­ten in der ge­mal­ten Luft, sie hat­ten sich auf die run­den Schul­tern der Jüng­lin­ge ge­setzt, und wäh­rend wir bis­her ge­glaubt hat­ten, Schmet­ter­lin­ge ruh­ten am liebs­ten auf Blü­ten, so er­wies sich das nun als ein Irr­tum: die­se hier sa­ßen den Jüng­lin­gen mit Vor­lie­be auf dem Popo. Es war sehr ly­risch.

      »Nun bit­te ich dich …«, sag­te die Prin­zes­sin. – »Still!« sag­te ich. »Der Freund!« Es er­schi­en der Freund des Ma­lers, ein ält­li­cher, sym­pa­thisch aus­se­hen­der Mann; er war brav­bür­ger­lich an­ge­zo­gen, doch schi­en es, als ver­ach­te­te er die grau­en Klei­der uns­res grau­en Jahr­hun­derts, und der An­zug ver­galt ihm das. Er sah aus wie ein Ephe­be a. D. Mur­melnd stell­te er sich vor und be­gann zu er­klä­ren. Vor ei­nem Jüng­ling, der stramm mit Schwert und Schmet­ter­ling da­stand und die Rech­te wie zum Gruß an sein Haupt ge­legt hat­te, sprach der Freund in schöns­tem СКАЧАТЬ