Название: DER FEUERVOGEL
Автор: Daphne Niko
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Sarah Weston Abenteuer
isbn: 9783958353909
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Sarah lächelte beim Anblick der verfallenen Missionskirche, die die Spanier gebaut und die Hopi, überaus siegreich, während des Aufstands von 1680 zerstört hatten. Sie erzählte vom Mut dieser Menschen, die sich, wenngleich äußerst friedfertig, nicht unsinnigen Doktrinen anderer beugten.
Zwei junge Mädchen liefen vorbei; sie beschrieben einen weiten Bogen um Daniel und Sarah. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte Sarah, dass sie sie anstarrten. Als sie zu ihnen hinsah, um sie zu grüßen, wandten sie die Augen ab und gingen schneller.
Einige Meter entfernt stand ein Mann auf dem flachen Dach eines zerfallenden Steinhauses und überblickte die Gegend. Daniel ging auf ihn zu.
»Guten Morgen, Sir«, rief er. »Wir suchen die Angehörigen von Michael Gonzales. Könnten Sie uns wohl sein Haus zeigen?«
Der Mann machte ein finsteres Gesicht. »Ich kenne niemanden dieses Namens.« Er drehte sich um und stieg über eine Holzleiter auf die untere Ebene hinunter.
»Ich will doch meinen, dass hier jeder jeden kennt«, sagte Sarah.
»Oh, das stimmt. Sie wollen bloß nichts darüber erzählen.«
Ein verwahrloster Streuner schnüffelte an Sarahs schmutzigen Lederstiefeln. Sie streckte sich, um seinen Kopf zu streicheln. Der Hund leckte ihre Hand ab und trottete über einen schmalen Weg davon, wo ein alter Pick-up-Truck vor einem Betonsteinhaus geparkt war. Ein Cowboystiefelpaar hing vom Rand der Ladefläche. Sie registrierte das Nummernschild – GZ 568 – und bedeutete Daniel, ihr zu folgen.
Der Mann, der zu den Stiefeln gehörte, war über eine Holzschnitzerei gebeugt, an der er mit einem Taschenmesser arbeitete. Neben ihm standen Kachina-Figuren in unterschiedlichen Fertigstellungsstadien.
»Die sind wunderschön«, sagte Sarah. »Darf ich sie mir ansehen?«
Er zuckte mit den Schultern und widmete sich wieder seiner Schnitzerei.
Sie zeigte auf eine schmale Figur, die einen Umhang trug, eine blaue Maske mit schwarzen Federn und einen Korb aus grünen Blättern. »Die Krähen-Mutter«, sagte sie. »Jene, die Yucca-Blätter bringt, mit denen die Jungen gegeißelt werden.«
Der Mann sah auf, betrachtete die Besucher mit einem argwöhnischen Blick.
»Vielleicht können Sie uns helfen, guter Mann.« Der Wind blies Daniel das ungekämmte Haar ins Gesicht und über den Hals. »Wir suchen nach einem Mädchen, das verschwunden ist. Sie wurde das letzte Mal in einem Truck ähnlich Ihrem gesichtet. Haben Sie sie gesehen?«
»Es gibt viele Trucks wie diesen im ganzen Reservat. Bringen Sie Ihre Anschuldigungen woanders vor.«
»Niemand zeigt hier mit dem Finger auf irgendwen. Wir folgen einfach nur einer Spur.« Er griff in seinen Rucksack und holte die Kachina heraus. »Haben Sie eine Idee, was das ist?«
Die Augen des Mannes weiteten sich. »Woher haben Sie die?«
»Erst meine Frage.«
»Das geht Sie nichts an. Sie würden es sowieso nicht verstehen.«
»Versuchen Sie es doch.«
»Ich habe diese Kachina selbst hergestellt, zur Verwendung in unseren Zeremonien. Sie wurde vor einiger Zeit gestohlen.« Er streckte seine Hand aus. »Geben Sie sie zurück.«
Daniel zog sie fort. »Nicht so schnell. Erst will ich ein paar Antworten.«
Der Schnitzer läutete eine Handglocke. Das Geklingel klang über den Weg und zum Platz. »Gibt man etwas nicht an seinen rechtmäßigen Besitzer zurück, ist man so gut wie schuldig.« Er stieß den Finger in Daniels Richtung. »Sie sind der Dieb.«
»Ganz ruhig, Mann. Ich hab etwas, das Sie wollen; vielleicht haben Sie was, das ich will. Ich bitte Sie nur um ein Gespräch.«
»Ich habe nichts, das Ihnen gehört.«
Sarah sah über Daniels Schulter. Eine Gruppe Männer kam über den Weg auf sie zu. Drei unangeleinte Hunde begleiteten sie. »Wir haben Gesellschaft.«
Ehe sich Daniel umdrehen konnte, sagte einer der Männer etwas zu einem Hund, der bellend auf den Truck zurannte. Er stürzte sich auf Daniel und biss ihm in den Knöchel. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war es eine schlimme Attacke. Der Hund sprang nach oben, schnappte mit dem Maul, und ein zweiter Hund fiel ein. Daniel schwang eine Tasche nach ihnen. »Rufen Sie sie verdammt noch mal zurück!«
Einer der Männer, ein kleiner, stämmiger Kerl mit raspelkurzen Haaren und einer schwarzen Panoramasonnenbrille, schnippte mit den Fingern und die Hunde flitzten davon. »Was ist hier los?«
Der Kachina-Schnitzer zeigte auf Daniel. »Dieser Mann hat einen heiligen Hopi-Gegenstand in seinem Besitz.«
Der kräftige Kerl näherte sich. »Diese Kachina ist sehr selten. Einzigartig. In unserem Stamm gilt es als ernstes Verbrechen, etwas von solchem Wert an sich zu nehmen.«
»Hören Sie, ich hab sie nicht genommen, okay?« Daniel hob die Stimme ein wenig. »Ich hab sie hundert Meilen die Straße rauf gefunden, in der Nähe des Zimmers eines Mädchens, das verschwunden ist. Ich will wissen, wie sie da hingekommen ist.«
»Hundert Meilen die Straße rauf ist kein Hopi-Land mehr. Das verhandeln Sie besser mit einem anderen Stammesrat.« Der Mann rückte seine Sonnenbrille zurecht. »Ich interessiere mich nur für Hopi-Besitz. Ich empfehle ihnen, den zurückzugeben.«
Sarah bemerkte, dass sich ein Schweißfilm auf Daniels Stirn bildete. Er war in die Ecke gedrängt worden. Man hatte sie reingelegt.
»Ich gebe sie zurück. Aber nicht, bevor ich nicht mit ihrem rechtmäßigen Besitzer gesprochen habe.«
»Ich wiederhole: Zu wissen, dass etwas gestohlen wurde, und es nicht zurückzugeben, ist ein schweres Vergehen. Ich werde Sie festnehmen müssen.« Er winkte den anderen beiden Männern zu.
Ein Aufnäher am Ärmel eines marineblauen Hemds identifizierte einen der Männer als Hopi-Polizist. Sein Bauch war so rund, dass sich die Knöpfe spannten, um das Hemd zusammenzuhalten. Er näherte sich Daniel und streckte eine Hand aus. »Folgen Sie mir, Sir.«
»Er hat nichts Unrechtes getan«, sagte Sarah. »Dazu haben Sie kein Recht.«
Daniel hielt eine Hand in die Höhe. »Nein, Sarah. Ich gehe mit. Ich hab nichts zu verbergen.«
»Danny …«
»Lass ihn gehen, Martin.«
Alle drehten sich in die Richtung der Stimme. Ein junger Mann stand am Ende des Wegs, die Hände in den Taschen. Sein langes schwarzes Haar wehte im Wind.
»Ich kenne diese Leute«, sagte er. »Sie wollen nichts Böses.«
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