Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

isbn:

СКАЧАТЬ und ei­ner Be­we­gung der Hand. Der Kell­ner aber muss­te mir, je nä­her der Uhr­zei­ger der Neun rück­te, noch eine und schließ­lich eine drit­te Kar­af­fe Ko­gnak brin­gen – moch­te er von mir den­ken, was er woll­te. So bald wür­de ich wohl kaum wie­der sein Gast.

      Fünf Mi­nu­ten vor neun hat­te ich be­zahlt, stand auf, nahm mei­nen Kof­fer und ging in die Stadt. Ich ging die Bahn­hof­stra­ße ent­lang, dann ohne Scheu durch un­se­re Haupt­pro­me­na­de, die Ul­me­n­al­lee, bis zum Markt­platz, an dem die Bank liegt. Hier war ich mit­ten in Fein­des­ge­län­de: Gera­de ge­gen­über der Bank liegt das Rat­haus, in des­sen Erd­ge­schoss sich die Po­li­zei­wa­che be­fin­det, die heu­te Nacht mei­net­we­gen wohl alar­miert wur­de, und eine Mi­nu­te vom Markt­platz ent­fernt mein ei­ge­nes Ge­schäft, dem viel­leicht die­ser mit Korn­sä­cken be­la­de­ne Bau­ern­wa­gen zu­roll­te. Ich war doch recht auf­ge­regt und trock­ne­te mir, ehe ich die Bank be­trat, mei­ne schweiß­nas­sen Hän­de mit dem Ta­schen­tuch ab. Dann trat ich ein.

      Im Schal­ter­raum wa­ren, wie mich ein Blick be­lehr­te, zu die­ser Zeit di­rekt nach Öff­nung erst ein paar be­lang­lo­se Bü­ro­jüng­lin­ge und -mäd­chen, mit Pa­pie­ren in den Hän­den. Ich setz­te den Kof­fer ab, häng­te mei­nen Hut an den Ha­ken und ging zu dem noch frei­en Schal­ter, an dem der Buch­hal­ter saß, der mein Kon­to führ­te. Ich sag­te ihm lä­chelnd »Gu­ten Mor­gen«, teil­te mit, dass ich eben von ei­ner län­ge­ren Rei­se zu­rück­ge­kehrt sei (wo­bei ich auf mei­nen Kof­fer an der Tür deu­te­te) und dass ich mich ger­ne über den Stand mei­nes Kon­to­kor­rent-Gut­ha­bens un­ter­rich­tet hät­te. Und wäh­rend ich das al­les leicht­hin, ohne je­des Sto­cken sag­te, prüf­te ich, in­ner­lich zit­ternd, sein Ge­sicht, such­te nach ir­gend­ei­nem An­zei­chen von Miss­trau­en, Arg­wohn, Zwei­fel.

      Aber nichts von al­le­dem war dem jun­gen Men­schen an­zu­se­hen, wil­lig schlug er das Buch auf, rech­ne­te einen Au­gen­blick mit dem Blei­stift ei­ni­ge Zah­len zu­sam­men und sag­te dann ganz gleich­gül­tig, dass der Stand mei­nes Gut­ha­bens sich au­gen­blick­lich auf Sie­ben­tau­sen­dacht­hun­dert und ei­ni­ge Mark und Pfen­ni­ge be­lau­fe.

      Kaum konn­te ich eine Ge­bär­de freu­di­ger Über­ra­schung ver­ber­gen. So viel hat­te ich in mei­nen kühns­ten Träu­men nicht er­war­tet. Wie Mag­da das fer­tig­ge­bracht hat­te, war mir ei­ni­ger­ma­ßen rät­sel­haft; wahr­schein­lich war be­reits die Zah­lung der Ge­fäng­nis­ver­wal­tung für ge­lie­fer­tes Tau­werk ein­ge­gan­gen, aber auch sie konn­te nicht an­nä­hernd so viel aus­ma­chen. Nun, je­den­falls war, sag­te ich mir, mei­ne freu­di­ge Er­re­gung un­ter­drückend, Geld ge­nug da, ge­nug für das Ge­schäft und ge­nug vor al­lem für mich und mei­ne Plä­ne. Ei­nen Au­gen­blick kämpf­te ich mit der Ver­su­chung, den gan­zen Be­trag ab­zu­he­ben. Aber ich be­zwang mich. Ich woll­te doch nicht ge­mein ge­gen Mag­da und das Ge­schäft han­deln, so ge­mein sie sich auch ge­gen mich be­nom­men hat­te. Au­ßer­dem wäre eine so voll­stän­di­ge Ent­nah­me, die ei­ner Auf­lö­sung mei­nes Kon­tos gleichsah, doch wohl auf­fäl­lig ge­we­sen.

      All das war blitz­schnell durch mei­nen Kopf ge­gan­gen, nun sag­te ich fast bei­läu­fig, dass ich heu­te eine grö­ße­re Zah­lung zu leis­ten habe, und bat um Tin­te und Fe­der. Am Schal­ter ste­hen­blei­bend, schrieb ich in dem Scheck­buch, das ich aus mei­ner Ta­sche ge­zo­gen, einen Über­brin­ger­scheck auf fünf­tau­send Mark aus und reich­te ihn dem Buch­hal­ter. Mit ei­nem letz­ten Rest von Furcht prüf­te ich wie­der sein Ge­sicht, aber ohne auch nur einen Au­gen­blick zu zö­gern, mach­te er die nö­ti­gen Bu­chun­gen, stem­pel­te den Scheck und brach­te ihn per­sön­lich zum Kas­sen­schal­ter. Auch ich ging dort­hin.

      Ein Ge­fühl un­end­li­cher Freu­de, ein stol­zer Tri­umph be­se­lig­te mich. Da hat­te ich Mag­da bild­schön her­ein­ge­legt! Dass sie so dumm ge­we­sen war, dass sie der Bank nicht einen klei­nen Wink ge­ge­ben hat­te, das ließ erst mei­ne gren­zen­lo­se Über­le­gen­heit im rech­ten Lich­te er­schei­nen. Ich hät­te tan­zen und schrei­en mö­gen vor Freu­de, nur mit Mühe be­zwang ich eine Art Lach­krampf, der mich an­kam.

      »Wie möch­ten Sie das Geld, Herr Som­mer?«, frag­te der Kas­sie­rer mich.

      »Groß, groß«, sag­te ich ei­lig. »Das heißt in Fünf­zig- und Hun­dert­mark­schei­nen. Etwa zwei­hun­dert Mark dann in klei­ne­ren Schei­nen.«

      In zwei Mi­nu­ten hat­te ich mein Geld, ver­wahr­te es sorg­fäl­tig in mei­ner Brust­ta­sche, nahm den Kof­fer und trat als stol­zer Sie­ger wie­der auf den Markt­platz. Gera­de wäh­rend ich durch die Dreh­tür ging, kam mir der Ein­fall, dass die­ser Tri­umph un­be­dingt ge­fei­ert wer­den müss­te. Ich woll­te trotz der frü­hen Mor­gen­stun­de in eine klei­ne Wein­stu­be am Markt­platz ge­hen und dort zu ei­ner oder zwei Fla­schen Bur­gun­der einen Hum­mer es­sen oder Aus­tern oder was Rohloff eben der Jah­res­zeit ent­spre­chend da­hat­te. Ich tre­te aus der Tür, und vor mir steht der un­ver­meid­li­che, der wi­der­li­che Po­la­kow­ski, die­se Pest mei­nes Le­bens, und sieht mich schlei­mig lä­chelnd an.

      20

      Wenn es nicht der of­fe­ne Markt­platz ge­we­sen wäre, ich hät­te die­sen Kerl er­würgt! So sah ich ihn nur einen Au­gen­blick fins­ter dro­hend an, fass­te dann mei­nen Kof­fer fes­ter und schlug, ohne ihn zu be­ach­ten, den Weg zum Bahn­hof ein. Aber ich hör­te wohl, dass er hin­ter mir her­ging, und nun ver­nahm ich auch schon sei­ne ver­hass­te schmei­cheln­de und flüs­tern­de Stim­me: »Las­sen Sie mich doch den Kof­fer tra­gen, Herr! – Bit­te, las­sen Sie mich doch den Kof­fer tra­gen, Herr!«

      Ich tat, als habe ich ihn nicht ge­hört, und schritt schnel­ler aus. Aber plötz­lich fühl­te ich eine Hand ne­ben der mei­nen am Kof­fer­griff, und nun hat­te schon am hel­len Tage auf of­fe­ner Stra­ße Po­la­kow­ski mir den Kof­fer aus der Hand ge­nom­men! Wü­tend dreh­te ich mich um und schrie: »Wol­len Sie mir auf der Stel­le den Kof­fer wie­der­ge­ben, Po­la­kow­ski!!«

      Er lä­chel­te de­mü­tig. »Nicht so laut, Herr«, bat er flüs­ternd. »Die Leu­te gu­cken ja schon, das ist für Sie pein­lich, Herr. Nicht für einen ar­men Ar­bei­ter, wie ich es bin, aber für Sie, Herr …«

      »Sie wer­den mir so­fort den Kof­fer zu­rück­ge­ben, Po­la­kow­ski«, wie­der­hol­te ich, aber lei­ser, denn die Leu­te guck­ten wirk­lich schon.

      »Nach­her, nach­her«, sag­te er be­ru­hi­gend. »Ich tra­ge ihn ger­ne, Herr. Zur Bahn, nicht wahr?« Und ohne eine Ant­wort ab­zu­war­ten, ging er an mir vor­bei und jetzt mir vor­aus, dem Bahn­hof zu.

      Mit ei­nem Ge­fühl hilflo­ser Ohn­macht folg­te ich ihm. Mit ei­nem Hass sah ich auf die leicht vorn­über­ge­beug­te Ge­stalt in ei­nem dun­kelblau­en Jackett und auf das schlicht zu­rück­ge­kämm­te, leicht gol­di­ge Haar, das einen röt­lich gol­de­nen Schim­mer hat­te. Wie ei­nem Mör­der di­rekt vor sei­ner Tat zu­mu­te ist, das weiß ich seit je­nen Mi­nu­ten, die ich hin­ter Po­la­kow­ski zum Bahn­hof ge­gan­gen bin. Und ich konn­te ihm nichts tun, gar nichts, er war stär­ker als ich, so­wohl phy­sisch wie mo­ra­lisch. Er brauch­te nur den nächs­ten Po­li­zis­ten an­zu­ru­fen, und ich war СКАЧАТЬ