Название: Butler Parker Jubiläumsbox 6 – Kriminalroman
Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Butler Parker
isbn: 9783740931360
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Neben der Ladeluke mit dem Laufband war eine Leichtmetallrutsche zu sehen. Auf ihr wurde die nach Hongkong eingeflogene Last hinunter in den Elektrokarren befördert.
Mike Rander stieg in den Laderaum. Er hatte riesiges Glück, denn die beiden Stauer verschwanden in der Tiefe des Laderaums und mühten sich mit einigen Kisten ab. Sie sahen nicht, daß sie Besuch erhielten.
Der junge Anwalt zögerte nicht lange. Er schwang sich auf die Rutsche, stieß sich ab und … segelte mit erstaunlichem Schwung und großer Schnelligkeit hinunter in den hochbordigen Elektrokarren. Mit angewinkelten Beinen fing er den Aufprall ab und verkroch sich sofort unter einigen Postsäcken.
Er hatte den richtigen Zeitpunkt gewählt.
Die vier Düsen begannen zu arbeiten. Die Boeing 707 wurde startklar gemacht. Laute Kommandos ertönten. Rander riskierte einen schnellen Blick nach oben.
Die Rutsche war bereits ausgehakt worden und wurde weggezogen. Das Laufband rollte zur Seite, die Luken schlossen sich. Mike Rander verschwand wieder unter dem Gepäck. Eine knappe Minute später ruckte der Elektrokarren an und nahm Kurs auf die Abfertigungsgebäude.
Mike Rander atmete auf.
Bisher hatte alles geklappt, bisher war er nicht entdeckt worden. Nun kam es darauf an, möglichst ungesehen aus dem Karren zu kommen. Er brauchte keine Augenzeugen, die ihn vielleicht an die Gelben Drachen verrieten. Das Gelingen seines Plans hing einzig und allein davon ab, daß er ungesehen und unerkannt zurück in die Stadt kam.
Ruckartig hielt der Elektrokarren an.
Rander schob seinen Kopf vorsichtig über den Rand des Laderaums. Der Elektrokarren stand unter dem Wellblechdach eines Schuppens. Zwei Chinesen verschwanden hinter einem Glasverschlag. Es mußten die beiden Männer sein, die den Wagen gelenkt hatten.
Der Anwalt sprang aus dem Wagen, lief in geduckter Haltung auf eine lange, niedrige Arbeitstheke zu, schwang sich darüber und versteckte sich hinter einigen Postwagen.
Schritte näherten sich, schrille chinesische Laute drangen an seine Ohren.
War er entdeckt worden?
Mike Rander preßte sich gegen die Wand, arbeitete sich tiefer in den Halbschatten hinein und fand zu seiner ehrlichen Überraschung einen Ausgang.
Er pirschte sich an die Tür heran und schloß geblendet die Augen. Grelles, gleißendes Licht stach in seine Pupillen. Mike Rander wischte durch die Tür, sprang hinter einen Postwagen und konnte von dort aus ungehindert an den langen Drahtzaun gelangen, der das Flughafengelände absicherte.
Von dort aus beobachtete er die Abfertigung der Postwagen. Er hatte sich vorgenommen, solch einen Postwagen zu benutzen, um zurück auf die Insel Hongkong zu gelangen. Dieser Plan erwies sich allerdings als undurchführbar. Er hätte zu leicht gesehen und entdeckt werden können. Rander wartete, bis das große Drahttor zur Durchfahrt des Postwagens geöffnet wurde.
Wie er es erwartet hatte, wurde es nicht sofort wieder geschlossen. Der Anwalt schob sich vorsichtig an diese Ausfahrt heran, wartete einige Minuten und ging dann mit der größten Selbstverständlichkeit hinaus. Innerhalb weniger Sekunden hatte er das Flughafengelände von Kaitak verlassen.
Im Kampf mit den Gelben Drachen konnte er die zweite Runde antreten. Er nahm sich vor, ein gerissener und entschlossener Gegner zu sein …
*
Josuah Parker hatte einige vollkommen nutzlose Schrauben auf der Rückseite des Gitterkäfigs wahrgenommen. Er hatte zwar einige Mühe, sie aus ihren Gewinden zu lösen und zu drehen, zumal sie stark angerostet waren. Doch er hatte ja Zeit und war froh, sich etwas beschäftigen zu können. Daß er zu seiner Arbeit eine kleine Nagelfeile benutzte, verstand sich am Rande. Wenn improvisiert werden mußte, fühlte Josuah Parker sich stets ungemein wohl.
Er kümmerte sich ausschließlich um zwei Schrauben. Sie öffneten nicht sein Gefängnis, doch darauf kam es im Moment gar nicht an. Wichtig war und blieb, daß die beiden kräftigen Chinesen nichts bemerkten. Das Klappern der Mah-jong-Steine unterstützte Parkers Arbeit. Er konnte sich ungehindert entfalten.
Die zähe Arbeit hatte Erfolg.
Bald schon wog Parker die beiden Schrauben in der Hand. Sie waren groß und schwer genug, um jede für sich als Wurfgeschoß verwenden zu können. Es galt nur noch das geeignete Katapult zum Befördern dieser beiden Geschosse zu finden.
Der Butler wußte Rat.
Er kümmerte sich angelegentlich um seine beiden Sockenhalter. Als konservativer Mann von Welt fand er keinen Gefallen an den üblichen Fesselsocken mit Gummizug. Er bevorzugte weiterhin Sockenhalter und ehrlich gewirkte Wollstrümpfe.
Die Sockenhalter sollten sich bald schon als Rettungsanker erweisen. Parker löste sie ungeniert von seinen gut entwickelten Waden und bastelte sie zu einer strammen, starken Schleuder zusammen. Sein angeborenes Geschick half ihm, diese Arbeit ebenfalls gut zu vollenden.
Nun besaß Parker nicht nur zwei handliche Wurfgeschosse, sondern darüber hinaus noch eine wahrscheinlich sehr wirkungsvolle Schleuder. Dann brauchte er nur noch den richtigen Zeitpunkt abzuwarten. An Zielen mangelte es ihm nicht. Er brauchte sich nur zu entscheiden, welchen von den beiden Chinesen er zuerst außer Gefecht setzen sollte. Eine Frage, die für einen Mann wie Josuah Parker von untergeordneter Wichtigkeit und Bedeutung war.
Parker konnte, wenn es darauf ankam, ohne weiteres die Geduld eines Orientalen aufbringen. Er hockte in seinem Gitterverschlag und sah den beiden spielenden Chinesen zu.
Dann aber – Parker schreckte aus seiner Ruhe hoch, war es soweit. Es geschah ganz ohne jeden Übergang. Er selbst hatte noch nicht mal etwas gehört.
Die beiden Chinesen sprangen plötzlich von ihrer zerrissenen Strohmatte hoch und gingen zur Tür. Entweder erwarteten sie die eigentlich längst fällige Ablösung, oder der Mann mit dem aufgestickten Gelben Drachen wollte sich wieder mit dem Butler unterhalten.
Nun mußte alles sehr schnell gehen.
Parker strammte seine improvisierte Schleuder. Er war vollkommen sicher, daß die im Eigenbau angefertigte Waffe ihm keinen Streich spielte. Parker visierte einen der beiden Chinesen an, korrigierte den Schußwinkel und … ließ die rostige Schraube durch die Luft zischen.
Der Erfolg war begeisternd …
Die Schraube war von Meisterhand in Bewegung gesetzt worden. Sie sirrte durch die Luft und senkte sich genau auf den Hinterkopf des Chinesen.
Parkers Opfer vollführte einen kleinen Luftsprung. Allerdings nicht aus reiner Begeisterung. Der Chinese verlor sein Gleichgewicht, spürte gerade noch, daß es ihm die Beine unter dem massiven Leib wegriß und verlor im gleichen Moment auch schon das Bewußtsein. Dröhnend landete er auf dem Boden.
Der zweite Chinese hatte gerade die Tür entriegelt und trat erwartungsvoll einen halben Schritt zurück.
In dieser Bewegung wurde er von der zweiten Schraube erwischt. Selbstverständlich ebenfalls am Hinterkopf. Parker pflegte nämlich stets genau zu zielen und auch zu treffen.
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